PlattenkritikenPressfrisch

THE ANCHORESS – The Art Of Losing

~ 2021 (Kscope) – Stil: Alternative-Art-Pop ~


Die walisische Singer-Songwriterin Catherine Anne Davies entzündet ein Fünkchen Licht für den Augenblick. Ihr Debüt ´Confessions Of A Romance Novelist´ war im Jahr 2016 bereits ein Trüffel in den Klangwelten zwischen Grand Piano und Cello. Fünf Jahre später musiziert sie immer noch in diesen Sphären, wächst jedoch zu neuer Größe heran.

Wenn Catherine Anne Davies ihre Stimme einstweilen nicht den MANIC STREET PREACHERS ausleiht oder mit den SIMPLE MINDS auf Tournee geht, widmet sich die Sängerin und Komponistin ganz ihrem eigenen Schaffen. Ein weiterer Sonderfall war im vergangenen Jahr ihre famose Zusammenarbeit mit Bernard Butler (´In Memory Of My Feelings´), doch auch ihre zweite Scheibe als THE ANCHORESS wurde bereits 2019 fertiggestellt, erblickt dennoch erst jetzt das Licht der Öffentlichkeit.

 

 

Auf der Songsammlung für die eisige Trauer sowie jede sich ergebende und passende Gelegenheit spielt Catherine Anne Davies nicht nur am Grand Piano und allen Synthesizern, sondern singt natürlich und übernimmt die perfekte Produktion höchstpersönlich. Das Schlagzeugspiel teilen sich Jon Barnett und Sterling Campbell (u. a. DURAN DURAN, SOUL ASYLUM, Cyndi Lauper, SPANDAU BALLET).

Musik für die Jetztzeit. Vintage Pop für die trostlose Gegenwart.

´The Art Of Losing´ handelt von Trauer und Verlust, von Wut und Schmerz. “Autsch”, singt Catherine Anne Davies direkt zu Beginn. Aus der Finsternis heraus verarbeitet sie die echte Trauer über das Ableben ihres Vater. Sie trägt zudem den Schmerz über wiederkehrende Fehlgeburten und die Diagnose Gebärmutterhalskrebs mit sich. Es wird dramatisch und intensiv. Gleichwohl ist die Hoffnung jederzeit spürbar, die Kraft, die Schönheit und das Licht kommen zurück. Catherine Anne Davies windet den Kopf aus der Tristesse, lässt die Augen wieder strahlen. Der Blick klärt sich auf.

 

 

 

Natürlich werden zu Beginn in ´Moon Rise (Prelude)´ und am Ende in ´Moon (An End)´ sowie in den Zwischenstücken ´All Shall Be Well´ und ´Paris´ die Kompositionen von Cellos und dem Grand Piano getragen. Doch bei den Melodien im Echtformat und epischen Auswuchs warten alle auf Catherine Anne Davies’ zerbrechlichen Gesang. Kopfhörer auf und Augen verschließen!

´Let It Hurt´ sorgt umgehend für eine dementsprechende Befriedigung. Das sich anschließende Duett ´The Exchange´ mit James Dean Bradfield, Sänger und Gitarrist der MANIC STREET PREACHERS, ist gleichermaßen von brodelnder Natur, ´Show Your Face´ anscheinend aus einem 80s-Mix-Tape entsprungen und ´The Art Of Losing´ ein verloren geglaubter Synth-„do do do-do-do“-Pop-Klassiker, trotz der erschütternden Worte: “How much more can she take? One more child. One more rape.

Spätestens der subtile Artrock von ´All Farewells Should Be Sudden´ lässt alle Genussmenschen von KATE BUSH bis LANA LANE aufhorchen, bei Tag und bei Nacht. Doch am frühen Morgen ´5am´, tropft rotes, rotes Blut: “Red red blood is dripping and I can’t sleep.” Der Geruch von Gewalt, sexuellen Übergriffen sowie Fehlgeburten liegt in der Luft.

´The Heart Is A Lonesome Hunter´ begibt sich im Marschrhythmus mit Melodica auf einen einsamen Streifzug durch die Nacht. Die Liebe ist ein gefährliches Spiel, ´My Confessor´. Dazu gehört auch das Tanzen ´With The Boys´, auch in der Vergangenheitsbewältigungsform: “I was dancing with the boy.

Ergreifendes Funkensprühen.

(8,5 Punkte)

https://www.facebook.com/theanchoress

Ähnliche Artikel

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"