CALL OF THE SIRENS
Neben den großen Helden der Rock- und Metalgeschichte, die weltweit anerkannt sind, angefangen von den BEATLES bis hin zu METALLICA, von KISS bis zu DEATH, finden sich auch immer wieder regionale Legenden. Hier, in der Region Rhein-Neckar-Pfalz, zwischen Odenwald und Weinstrasse, zwischen Kaiserslautern und Heidelberg kann man da weit zurückgehen. Legendär war schon JOY FLEMING mit ihrem ´Neckarbrückenblues´. Prog Bands der 70er wie KIN PING MEH oder EPIDERMIS werden heute noch, oder wieder, gehört. Dann kamen die Metaller, etwa TRANCE, Anfang der 90er die Familie Kuntz und VANDEN PLAS. Die einen beweisen ungebändigte Lust am Fabulieren, siehe LORD VIGO . HAMMER KING beweisen, auch im Metal ist Humor daheim. Bei FEIN R.I.P. hört man den Pfälzer Dialekt. Und wo sonst findet man ANONYME GIDDARISCHDE?
CALL OF THE SIRENS verbinden einige Facetten davon. Ihr derber Death Metal ist ein Mittel, wilde Horrorgeschichten zu erzählen, verpackt in reichlich Witz. Und neuerdings auch auf Pfälzisch. Dies tun sie in der kürzlich veröffentlichten Single ´Die Rückkehr der Todespfälzer´. Ich wurde aufmerksam auf die Truppe, als mehrere Leute sich an einer Crowdfunding-Aktion beteiligten. Mit dieser sammeln COTS Geld, um nicht nur ein Video zu drehen. Nein, es soll gleich ein richtiger Film werden. Das ist das Trash-Film-Projekt, in Begleitung zu ihrer kommenden EP.
Neugierig wie ich bin, nehme ich Kontakt auf. Ein paar Mails später steht sie, eine Einladung zur Jagd mit Vandalikon, dem Sprachrohr (und Sänger?? – so ganz klar ist das bis heute nicht) der Band. Meine Frage, ob sie das öfter machen, beantwortet er so: „Natürlich haben wir keinen Bock auf Proben, sind wir draußen in Feld und Flur. Das macht den Kopf frei. Schnell kommt man auf neue Ideen. Und falls Du Dir Sorgen machst, wegen einem fehlenden Jagdschein. Als Pfälzer haben wir die Genehmigung für diese Jagd quasi per Geburt. Da Du mich begleitest, geht sie auf Dich über.“
So verabreden wir uns an einem mondscheinhellen Vorfrühlingsabend an einem Parkplatz nahe einer Waldlichtung mit Weiher nahe Bad Dürkheim. Während ich noch auf Vandalikon warte, genieße ich die verwunschene Stimmung. In so einem Wald könnte auch Ronja Räubertochter leben. Wenn jetzt noch Rumpelwichte und Wildruden aus dem Gebüsch kommen… Da nähern sich stürmische Schritte. Bald ist eine schimpfende Stimme zu vernehmen. “Die spinnen, die Pfälzer. Das ist so dermaßen unwissenschaftlich! Das kann nur vom Dubbe trinken kommen!“ Im Mondlicht ist zu erkennen, es handelt sich um einen TV-Menschen, der immer wieder für Dokumentationen über Natur und Tiere vor der Kamera steht. Schimpfend schwingt er sich in sein Fahrzeug und rast davon.
Kurz darauf fährt der Erwartete vor. Leise steigen wir einen Hang hinauf, bis er eine etwas offenere und gut vom Mond beleuchtete Stelle findet. Hier zeigt er mir, wie ich aus einem Kartoffelsack, einem Ast und einer Öllampe ein Falle baue. Der auf beiden Seiten offene Sack wird mittel des Asts im Gehölz aufgestellt, auf der Mond abgewandten Seite steht die brennende Lampe als Köder. Immer noch ist mir nicht klar, was wir fangen wollen. Vandalikon deutet mir, ihm leise zu folgen. Hinter einem Wacholderbusch gehen wir in Deckung. Leise sagt V., ich solle mich überraschen lassen.
Die Wartezeit nutzen wir zur Beantwortung einiger Fragen. Die erste Frage ist, haben COTS Langeweile oder nur einen Anfall von Kreativität?
Klarer Fall: Beides! Not macht kreativ. Im Moment geht halt nix und wir hatten schon länger die Idee, einfach mal einen komplett bescheuerten Film zu drehen. Jetzt haben wir die Zeit dazu und jeder hat Bock auf diese bekloppte Reise mitzukommen und den ganzen Scheiß aktuell zu vergessen. Achtung, do vorne wackelt was im Busch!
So sehr ich meine Augen anstrenge, zu sehen ist nichts.
Soll das Projekt einen richtigen Film geben, so mit Sprechtext und Schauspielern oder eher einen Videoclip, über mehrere Songs sich erstreckend?
So ein bissl im Stil von ´Pick Of Destiny´ von TENACIOUS D. Wenn man’s genau wissen will, wird’s ein Metalmusical. Davon kenn ich jetzt auch nicht so viele. Wir machen drei Musikvideos, die in der Welt des Todespfälzeruniversums spielen und drehen noch zusätzliche Storyszenen mit ein paar durchgeknallten Gästen, packen das in den Trashfilmstil und voila, do isses.
Aber ein Drehbuch oder etwas in der Art ist vorhanden?
Nein.
Kannst Du kurz die Handlung zusammenfassen? Gibt es überhaupt eine? In Trashfilmen ist diese ja oft eher zweitrangig.
Ja, so grob steht was, aber das wird alles noch zusammen mit unseren Fans, den Todestrashern entwickelt. Der Planet Palatinum wird vom finsteren Schorlinator bedroht, denn er hat seine Energiereserven bereits ausgezehrt. Er fällt nun auf Palantinum ein. Nur die Todespfälzer vermögen ihm die Stirn zu bieten. Wir hatten noch ein paar Ideen mit Lasersaurieren, Elwetritschenmilch und dem Tempel des Schorlegottes. Mal schauen was passiert.
Hand auf Herz, darf Death Metal Spaß machen?
Ja, das macht er doch schon immer, oder? Nur bei uns auf eine andere Art wie bereits gekannt.
Während Vandalikon spricht, verdunkelt eine Wolke den Mond. Aus der Ferne hört man den Ruf eines Tieres. Das klingt faszinierend und beängstigend zugleich. Mich erfasst ein Schaudern. V. legt mir beruhigend eine Hand auf die Schulter. Er flüstert mir zu: “Do war er! Der Schrei der Elwetritsche!” Es kehrt wieder Ruhe ein. Mein Puls normalisiert sich. Zeit für mehr Fragen.
Wer steht hinter CALL OF THE SIRENS? Stell’ Euch mal vor!
Wir sind Vandalikon: Herrscher über das Chaos und Beschwörer der Elwetritschenpower, Flogrim Axtschwinger und Vikinger-Pfälzer mit legendärem Trinkhorn, Admiral Alpha – der als Kind in den Dunnerdubben gefallen ist, Hyper – der Hübsche Hexer, der alle seine Gegner in verliebte Schoßhündchen verwandelt und Ypsilon – der auf seinem Hoverboard durch die Galaxis brettert.
Wer von Euch bringt die schrägsten Ideen mit?
Wir sind alle ziemlich dumm, deswegen alle.
Nach der Devise “Sei Schlau, stell Dich dumm.” Nächste Frage, Wie würdet Ihr reagieren, würde mal jemand einen echten Love-Song anbringen?
Wir würden sofort die Mistgabeln und die Fackeln rausholen!
Naja, es gäbe die Möglichkeit, dem Lärm eine Liebeserklärung zu machen. Zurück zur Crowdfunding-Aktion, wie gut läuft die?
Ziemlich gut. Inoffiziell hat sie ihr Ziel mit 6.000€ erreicht. Unser ganzes Vorhaben ist natürlich aber ganz schön teuer. Deswegen werden wir es auch weiter bewerben, so lange es läuft, damit wir am Ende einen maximal geilen Film an die Leute da draußen raushauen können.
www.startnext.de/todespfaelzer
Wer Bock hat, macht hier mit: Von der Nebenrolle bis zu Todespfälzeractionfiguren ist ein Haufen Zeug für Euch als Dankeschöns bereit.
Wie weit sind schon Filmaufnahmen getätigt?
Ein Musikvideo steht schon, der Rest muss noch gemacht werden. Die Songs sind aber fast fertig, das dürfte zügig gehen.
Habt Ihr auch Unterstützung außerhalb der Band? Technik bedient sich ja nicht von ganz alleine.
Ja klar, da machen einige mit. Manu (Manuel Renner von den Überlärm Studios, APACHE 207 oder die Mannheimer Indie-Rocker HAUSNUMMER SIEBEN) macht unsere Musik- und Filmproduktionen, Murphy Lange (ich verlinke ihn einfach hier, das zu erklären sprengt eher den Rahmen https://murphylange.de/) von The Band Show unser Coaching und Kim Acker (Veranstaltungstechniker etwa im Chawwerusch Theater Herxheim) Licht und Ton. Dazu haben wir noch Designer in Estland, Indonesien usw.
Da ist ein Rascheln im Gehölz. Unsere Augen bewegen sich suchend nach rechts und links, machen bei jedem Gebüsch Halt. Nicht ist zu entdecken.
Wo sind Eure musikalischen Vorbilder?
Für die Band liegen die bei KATAKLYSM, AMON AMARTH, THE BLACK DAHLIA MURDER, WARBRINGER oder BLEED FROM WITHIN, etwa diese Ecke.
Und filmisch?
Das wären Filme wie Sharknado, Kung Fury, Zombiber, Deep Blue Sea, Toxic Avenger, Troll 2, Armee der Finsternis oder Fist of Jesus.
Wie gut seid Ihr mit anderen Bands vernetzt, auf regionaler Ebene etwa? Kennt Ihr zum Beispiel LORD VIGO, die auch das Kino lieben?
LORD VIGO sind ja, so viel ich weiß, auch Pfälzer aus Kaiserslautern? Wir sind in der Ecke Landau eigentlich mit allen lokalen Acts vernetzt, auch zu GODSLAVE aus dem Saarland, THE BUTCHER SISTERS oder THE PROPHECY 23 haben wir einen guten Draht.
Was macht Ihr, wenn Ihr gesagt bekommt, morgen dürft Ihr wieder live auftreten?
So viele geile Shows spielen, wie möglich.
Welches ist Euer Lieblingsclub?
Der Schlachthof Wiesbaden im Kesselhaus.
Wo würdet Ihr gern mal spielen? Oder auch mit wem?
Das Summerbreeze Festival wäre ein Traum, genauso wie mal THE BLACK DAHLIA MURDER zu supporten, oder GLORYHAMMER.
Da ist es wieder. Das raschelnde Geräusch hat sich genähert. Vandalikon legt seinen Finger an die Lippen. Jetzt heißt es, aufmerksam sein. Ein leises Schnüffeln ist zu vernehmen. Irgendetwas schnuppert am aufgestellten Sack. Zu erkennen ist nur ein Schemen. Ein kleines Wesen, kaum größer als eine Ente, angelockt vom Licht der Lampe, kriecht es in die Falle. Wir stürzen uns darauf. Doch so leise, wie es sich genähert hat, so wieselflink flieht es aus dem offenen Ende des Sackes.
Nun ist auch klar, was wir fangen wollten. Das Ziel war ein legendäres Fabelwesen, ein Elwedritsch. Niemand weiß, woher Elwedritsche kommen. Sie gelten als Nachkommen, die Gnome mit Hühnern hatten. So selten sie sind, immer wieder werden sie in den Weinbergen und Wälder der Pfalz angetroffen. Pfälzer Auswanderer nahmen wohl auch ein paar Exemplare mit, als sie nach Pennsylvania auswanderten. Dennoch, die Domestizierung gelang nur selten. Einzig die Zoos in Landau und Kaiserslautern können ihren Besuchern Elwedritsche zeigen.
Nun hatte ich die Möglichkeit, darauf auf Jagd zu gehen. Teilnehmer des Crowdfunding bekommen diese Möglichkeit auch eingeräumt, neben Auftritten im Film etwa. Wie gesagt, wenn die Pfälzer Deather nicht gerade ihrem Hauptgeschäft nachgehen, also musizieren oder Filme machen, dann sind sie auch oft auf der Jagd anzutreffen.
Dafür wünsche ich ihnen Erfolg. Mehr jedoch für den Film, schließlich sind Elwedritsche so selten, dass sie unter das Artenschutzgesetz fallen sollten. Und natürlich danke ich für dies Interview, selten habe ich so viel Vergnügen gehabt.