PYRAMAZE – Epitaph
~ 2020 (AFM Records) – Stil: Melodic Metal ~
Musikalische Dänen mögen mitunter massiv-melodischen Metal. Ich auch. Doch wieviel hitsichere Ohrwürmer verträgt der wahre Metal? Antwort (in Memoriam Monty Python auf englisch): A LOT!
Wie kitte ich nun die Fronten zwischen neuer Eingängigkeit und progressiver Vergangenheit? Somit wird es interessant für altgediente Fans als auch aufmerksame Rocker, die sich nicht zwischen Hardrock oder Metal entscheiden können, es sei denn man war so risikofreudig und hat letzten November bereits zugeschlagen. PYRAMAZE heizten gegen Ende eines ertragreichen Jahres eine satte Stunde lang ein und meldeten sich eindrucksvoll, aber anders zurück in der Königsklasse der Melodien für Millionen, auch wenn diesmal viele Refrains absolut Hardrock-hitkompatibel geworden sind und fast schon am High-End AOR streicheln. Zum dritten Male am Mikro muss sich Terje Harøy und die seit seinem Einstieg konstant gebliebene Band eigentlich um niemanden mehr ernsthaft Gedanken machen, der immer noch einem Lance King oder Matt Barlow nachtrauert (den man wohl damals mit dem waschechten ICED EARTH-Stück ´Year Of The Phoenix´ auf ´Immortal´ gelockt hatte), doch auch für diese Klientel ist gesorgt, stay tuned.
PYRAMAZE präsentieren sich mit dem Gitarrenduo Toke Skjønnemand & Jacob Hansen (auch Bass), Jonah Weingarten (Keyboards) und Morten Gade Sørensen (Urgestein am Schlagzeug) als bombensolide Einheit, die sich nicht in instrumentale Spielereien verlieren, sondern intelligent arrangierte, anspruchsvolle Ohrwürmer raushauen, die ihre Jünger zwischen Anhängern von EVERGREY, straighten SYMPHONY X aber auch melodischem Hardrock für die ECLIPSE- oder HARDLINE-Fraktion rekrutieren können. Was war damals das Genörgel groß, als Letztere und auch CRAZY LIXX auf dem Billing des heiligen (true) Metal Assault standen. Na und? Keiner dadurch gestorben, oder? Nun gehen eben PYRAMAZE eine umgekehrte Symbiose ein, bevor sie wie EVERGREY auf höchstem Niveau stillstehen… was natürlich abhängig von der Erwartungshaltung mancher Fans auch nicht verwerflich ist.
Los geht’s nach dem gewohnten cineastisch-epischen Intro mit einem typischen PYRAMAZE Kracher namens ´Stroke Of Magic´, der ebenso wie ´Steal My Crown´ (da geht’s schon los mit einem edlen Hitrefrain, der die Lager vereinen sollte), ´Knights In Shining Armour´ (bei dem die internationalen Ritter aus KAMELOT verdutzt dreinschauen) und ´Your Last Call´ die beliebten Stakkatoriff- und Doublebassgewitter auf höchstem technischen Niveau bei kleinstmöglicher Progressivität beinhalten.
„Now to something completely different“, wie die Monty Pythons nun sagen würden. Der ´Bird Of Prey´ überfliegt fein riffend kommerzielle Gefilde – jedoch dies mit erhabener Klasse, man muss nur den Pacewechsel verkraften. Perfekt gemacht, doch ich höre die Die-Hard-Fraktion schon “Radioalarm” rufen. Wieviel Schönklang Metal haben darf, muss jeder selbst entscheiden. Mit der letzten Scheibe ihrer dänischen Landsleute DEFECTO konnte man ja schon ein wenig üben, unsere Nachbarn scheinen ein Faible für Eingängigkeit zu haben, die Hardrocker und manch‘ ein Mädel freut‘s.
Mit ´Particle´ zieht man das nächste moderne, fast poppig-verspielte Melodic Rock-Ass aus dem Ärmel, ´Indestructible´ baut sich dagegen geheimnisvoll-dramatisch auf, um einen Refrain zu präsentieren, bei dem die AOR-Fangemeinde einen „Klassikeralarm“ läuten wird. Wow, was für Knaller! Da steht man nun mit einem Puls jenseits der Gesundheitsgrenze und dann kommt direkt ein weiterer Höhepunkt: die Gesangsleistung der Duettpartnerin Brittney S. (nein, nicht Spears, sondern Slayes – UNLEASH THE ARCHERS), um die ich mich ab sofort genauer kümmern muss, fegt auf ´Transcendence´ den Freund von starken Frauenstimmen einfach nur weg. Abgegrätscht, fertig.
Anfangs fast SAGA-swingend schlägt uns die fetzige ´Final Hour´ mit frechen, aber einem coolem ´Bohemian´-Häppchen QUEEN-Solo-Diebstahl (auch EUROPEs ´Final Countdown´ wurde ansatzweise in der Vergangenheit schon zitiert, scheint so eine Art Running Gag von Easter Eggs zu sein), bevor das Powerballädchen ´World Foregone´ auf das grande Finale vorbereitet: Für Fans der ersten drei Alben erweisen sich Lance King und Matt Barlow als ´The Time Traveller´(s) und kehren als Duett von leichter Bösartigkeit und emotionaler Epik als „Beauty and the Beast“ die einstigen progressiven Spuren in einem Monster von Lied auf grandiose Weise heraus. Ich müsste lügen, wenn ich nicht trotz allem, was bisher passiert ist, gerade nun meinen absoluten zwölfminütigen Ohrgasmus erlebe, was für Fans dieser Band letztendlich die Kaufentscheidung klar macht. Eingelocht.
Also, war alles nicht so schlimm wie erwartet, oder? Deshalb erfreuet euch daran und lasst damit die Vergangenheit ruhen. Nennt mich Verräter am Progmetal und erschlagt mich mit Disharmonien wenn ihr wollt, aber wenn man in der Stimmung für eine Stunde Hits am laufenden Band ist, dann ist ´Epitaph´ alles andere als ein Trauerspiel, sondern die Bewerbung für ein zukünftiges H.E.A.T.-Festival oder sämtliche gemischten Open-Airs. Analog zu dem Slogan eines Radiosenders spielen PYRAMAZE das Beste aus drei Epochen und die Hits der 20er. ALVOR!