BLACK COUNTRY, NEW ROAD – For The First Time
~ 2021 (Ninja Tune) – Stil: Post Rock/Jazz ~
Gerade weil die Jungs und Mädels von BLACK COUNTRY, NEW ROAD während der Aufnahmen ihres Debüts erst 20 Jahre alt sind, werden sie als die neuen Heilsbringer der Rockmusik gefeiert. Ihre erste Single ´Athen’s, France´ schießen sie im Januar 2019 unter das Volk, gefolgt von ´Sunglasses´. Das von Andy Savors im März 2020 innerhalb von sechs Tagen live produzierte Album liefert wiederum schon vorab ´Science Fair´ und ´Track X´ als weitere Singles. Im Februar 2021 lobpreist schließlich der gesamte Erdball das mit sechs Songs gespickte Debüt mit einem dreifachen Halleluja. Der Mythos ist geschlüpft.
BLACK COUNTRY, NEW ROAD werden bereits in ihren frühen Tagen in London gefeiert, Isaac Wood (Gesang, Gitarre), Luke Mark (Gitarre), Tyler Hyde (Bass), Lewis Evans (Saxofon), Georgia Ellery (Violine), May Kershaw (Keyboards) und Charlie Wayne (Drums) nutzen den Live-Club “Windmill” in Brixton wie viele vor ihnen als Sprungbrett und gehen zu den Elektronik-Spezialisten von “Ninja Tune”, um sich jeglicher Kategorisierung zu entziehen. Post Rock, Indie Rock, Math Rock, Jazzrock, Fusion, Avantgarde und Experimental Music fließen in das Unkategorisierbare.
Das Septett spielt seine Songs derart, auch die Neuaufnahmen der bekannten Singles, als stünde der Hörer inmitten der Live-Location. Die sechs Songs, in Längen über fünf bis knapp zehn Minuten, fassen spirituell die ersten 18 Monate der Bandgemeinschaft zusammen. ´For The First Time´ scheint daher ebenso ein Zyklus von Erinnerungen, von Gefühlen und Beziehungen abzubilden. Eine Kontemplation über Lebenskreisläufe und menschliche Beziehungen. Sänger/Gitarrist Isaac Woods Texte schwanken zwischen einem Singer-Songwriter und einem verwirrten jungen Mann der Generation Z. Zumeist klingt es nach einer Spoken Word-Performance, ein anderes Mal nach Bill Callahan, obwohl Scott Walker unverhohlen zu seinen Vorbildern zählt.
Das allererste, gemeinsam komponierte Lied ist das als instrumentales Eröffnungsstück platzierte ´Instrumental´ und tönt nach Mathrock auf Jazzrock-Trip mit Klezmer-Einflüssen. Geregelten Songstrukturen haben BLACK COUNTRY, NEW ROAD ohnehin von Beginn an abgeschworen. Im neu aufgenommenen ´Athens, France´ zeigt Isaac Wood seine gerne brüchig schwelgende Stimmlage. Dagegen steigert sich ´Science Fair´ ab und an zu richtig krassen Ausbrüchen, den Strang aus den rumpeligen Sechzigerjahren bis in die Achtzigerjahre elektronisch ziehend. Die theoretische Ekstase des Britrock zeigt ´Sunglasses´ auf. Das finale ´Opus´ tönt in wenigen Sekunden wie die sinfonische Jazz-Ausgabe von RADIOHEADs ´Creep´, bietet dann den ebenfalls der Band innewohnenden, wahnsinnig bunten Strauß an Klezmer-Melodien und Rhythmen auf. Doch diese Wildheit und Unberechenbarkeit, und diese aus der Ruhe in die schiere Höhe zu treiben, mit der Dynamik zu spielen sowie leise Töne zu beherrschen, ist das Bedeutsame an der Musik von BLACK COUNTRY, NEW ROAD. Spektakulär!
(9 Punkte)
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