MeilensteineVergessene Juwelen

ZOETROPE – Amnesty

~ 1985 (Combat Rec.) – Stil: Thrash-/Speed-/Power Metal ~


Chicagos ZOETROPE waren schon seit ihrer Gründung musikalische Exoten. Und das war lange bevor „US Metal“  überhaupt einen Namen hatte. Zudem haben sie schon „Crossover“ gespielt als es diesen Begriff eigentlich nicht gab. Schon 1980 veröffentlichte das Quartett eine 7inch mit dem Titel `The Right Way`, wurden aber erst 1983 von „Metal Blade Records“ entdeckt und auf `Metal Massacre IV` platziert. `Vol. IV` ist rückblickend in der Historie der `Metal Massacre`-Compilations der qualitativ hochwertigste. Namen wie SCARED BLADE, TROUBLE, ABATTOIR, THRUST, WITCHSLAYER, LIZZY BORDEN oder eben ZOETROPE sind da selbstredend. Diese Zusammenstellung ist heute noch gut für Gänsehaut. Die geballte Macht des aufstrebenden US Metal auf einer LP zusammengefasst. Danke, Brain Slagel!

ZOETROPE ragen selbst unter diesen exzellenten Bands mit ihrem hektischen `Speed Zone` heraus. Die enorme Schnelligkeit des Speed Metal mit der Energie des Thrash Metal und des Hardcore gepaart, ergibt einen unfassbaren Track. Dennoch sollte ein Deal mit „Metal Blade Records“ nicht zustande kommen. Dabei waren die bis dahin veröffentlichten beiden Demos echt heißer Scheiß. „Combat Records“ krallten sich letztendlich die Band und veröffentlichten deren Debüt 1985.

`Amnesty` gehört zweifelsohne bis heute zu den unterbewertesten Debüts aller Zeiten. Ihr selbsternannter „Street Metal“ ist pures Adrenalin und passt nicht wirklich in eine Genre-Schublade. Die Vermischung aus Thrash- sowie Speed Metal mit anteiligen, leichten Hardcore Tendenzen und schnellen Power Metal-Einflüssen strotz vor Eigenwilligkeit. Man nehme die Schnelligkeiten des ersten ABATTOIR Albums, das kratzbürstige von METALLICAs `Kill`Em All`, das hektische eines S.O.D. Albums und die wahnsinnige Energie von SLAYER und heraus kommen ZOETROPE.

Wenn nach einem kurzen Kriegsintro `Indecent Obsessions` 08/15-mäßig beginnt, bleiben die Zuckungen noch aus. Wenn allerdings bei 1:19 Min. die sägende Gitarre startet, das Tempo schlagartig sich verzehnfacht und wilde Raserei die Oberhand gewinnt, weiß man, jetzt brechen die Dämme. Das folgende `Kill The Enemy` drischt in die gleiche Kerbe und wird einer der „Hits“ bzw. Erkennungssongs der Chicago Truppe. Melodisch beginnt `Mercenary`, bleibt im weiteren Verlauf weniger hektisch und ist eher als knackgeile Power Metal-Nummer zu sehen. Schon diese drei Tracks zeigen die hohe Originalität der Band, die ebenfalls mit einem unverkennbaren Gitarrensound und einem energischen Gesang sich weit vom Gros der Szene damals abhoben. Gesanglich zwischen räudig-rockig bis thrashig brutal und teils hohen High-Pitched Parts, hat es Barry Stern voll drauf.  Interessanterweise ist er neben EXCITERs Dan Beehler ebenfalls Drummer. Während Beehler als singender Drummer zur Kultfigur aufsteigt, wird Sterns Leistung auf  `Amnesty` bislang nicht gewürdigt. In Anbetracht seiner Leistung als singender Drummer auf diesem Album steht er Beehler in NICHTS nach.

Auf dem Album geht es derweil mit dem Titeltrack des Albums weiter. Die Geschwindigkeit ist enorm. Hier machen sich ganz klar die Hardcore-Einflüsse bemerkbar. Was für ein gigantischer Track, dem man ohne mit der Wimper zu zucken die Brachialität eines CARNIVORE Songs zuweisen kann. `Amnesty` gehört zu den ganzen großen Momenten dieses Albums! Mit `Member In A Gang` schielt man etwas auf MOTÖHEAD und koppelt diesen Einfluss mit dem schon erwähnten Hardcore. Was für ein Abriss!

Dreht man das Scheibchen, bläst einen das rasende `Break Your Back` völlig um. Unfassbar diese Geschwindigkeit. Barry Stern – wie hast du das gemacht???  `Another Chance` sowie `Creatures` kann man als wütet-rasende Statements einer jungen Band durchgehen lassen. Gerade letztgenannter Track mit diesen wuchtigen Double-Bass-Drums ist eine Offenbarung. Das kurze Album endet mit `Trip Wire`, das noch einmal klarstellt, Kompromisse sind für ZOETROPE auf diesem Album keine Option. Alles oder Nichts. Da macht der Slogan auf der Rückseite des Albums “For Speed And Death Metal Addicts, this is HARDCORE STREET METAL!!!” komplett Sinn!

`Amnesty` ist ein Meisterwerk, dem man in der heutigen Zeit keinerlei Bedeutung zukommen lässt. Obwohl alle Attribute wie Originalität, Brachialität und spielerischer Wahnsinn hier zusammenkommen. Aus den Tausenden von Bands aus den Achtzigern, erkennt man diese Truppe umgehend. Verwechselung ausgeschlossen.  Von der Originalität her, stelle ich das Album auf die gleiche Stufe wie CARNIVORE.

`Amnesty` wurde 1999 von „Century Media“ als CD veröffentlicht. Das ist die einzige offizielle Variante dieses Albums auf CD. Die Songs wurden remastered und das Album um acht Bonussongs aufgewertet. Bei den Bonus-Songs handelt es sich um die Stücke der beiden Demos, die mit `Metal Log Vol. 1` und `2` betitelt sind. Der Sound der Demos ist exzellent! Da diese CD selten auftaucht und wenn zu einem nicht wirklichen günstigen Preis, ist die einzige Möglichkeit die 2018er Version des Albums incl. Bonus Material auf Vinyl von “Floga Records”.

ZOETROPE schafften es noch zwei weitere Alben zu veröffentlichen: `A Life Of Crime` sowie `Mind Over Splatter`. Während das letzte absolut verzichtbar ist, kann man mit `A Life Of Crime` (von Randy Burns produziert) gut leben, obwohl es deutlich gezähmter, kontrollierter als das Debüt klingt.

Besagter Power-Drummer Barry Stern verließ ZOETROPE nach zwei Alben und tauchte bei TROUBLE auf, mit denen er `Trouble` und `Manic Frustration` aufnahm. Stern verstarb 2005 nach Komplikationen bei seiner Hüftoperation.

Kurz und knapp: `Amnesty` ist ein verdammter Klassiker.

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