MeilensteineVergessene Juwelen

JUGGERNAUT –  Baptism Under Fire

~ 1986 (Restless Records/Metal Blade) – Stil: Thrash Metal ~


Das ist – zumindest für mich – ein absolutes Juwel. Gnadenloser Metal mit extrem vielen Breaks, einem kompromisslosen Sänger namens Harlan Glenn und – meist kurzen –  großartigen Songs. Diese Texaner sind leider nur eine Fußnote in der Geschichte des Heavy Metal. Leider einmal mehr zu unrecht. Zumindest dieses Album hätte mehr Aufmerksamkeit verdient. Vor ein paar Jahren sind sie irgendwie auch einmal auf dem “Keep It True” aufgetreten (wo Harlan die Asche seines deutschstämmigen Vaters aus dem Bierseidel auf die Bühne gekippt hat) und es gab dazu die inzwischen gewohnten exklusiven Wiederveröffentlichungen in Vinyl, durchsichtig, rot oder in irgendwelchen anderen Farben mit einer Auflage von 100, wo gefühlt mindestens jeweils 90 irgendwo im Internet noch angeboten werden. Zumindest kam die Neuauflage von der Haus-Plattenfirma. Und bisher hat die Band – gottseidank – davon abgesehen, die überschaubare alte Gefolgschaft mit neuem Material zu verschrecken und zu vertreiben. Vorbildlich. Leider oftmals anders gehandhabt.

´Baptism Under Fire´ ist sicher für den Metal-Mainstream und Gelegenheitsthrasher nur schwer goutierbar, weil originell und fies – wie das Coverartwork. Der Gitarrist erreichte die Band erst ein paar Tagen vor den Aufnahmen (hat auch nicht viel mehr in seinem Leben eingespielt) – egal, da hat die Band pragmatisch einfach den talentierten Bassisten Scott Womack in den Vordergrund mischen lassen, der auch deutlich wichtiger für die (kleinen) Melodiesprengsel ist als der Gitarrist. Sehr pragmatisch. Bobby Jarzombek, der später u. a. bei RIOT auftauchte, trommelt gewohnt gut und kraftvoll mitten ins Hirn und in den Magen. Es gibt die genannten ständigen Breaks, das ist richtig schön! Ein weiterer Pluspunkt ist der oben schon erwähnte talentierte Schreihals Harlan Glenn, der sich erfolgreich alle Mühe gibt, keine Kuschelstimmung aufkommen zu lassen.

Anspieltipps (viele!): Der gnadenlose Opener ´Impaler´, der in den ersten Sekunden wie ein GENESIS-Song der frühen 70er-Jahre beginnt und dann schon gleich deutlich macht, wohin die Reise geht (mit fiesem Lachen wie einst der OVERKILL-Bobby bei ´Raise The Dead´) und damit die (sensible Zuhörer-) Spreu vom harten Metal-Winterweizen trennt. Der Ohrwurm ´All Hallow’s Eve´ (laut Harlan Glenn irgendwann nicht mehr live gespielt, da viel zu kommerziell), das holprige, stolprige ´Rains Of Death´, das heftige und fiese ´Burn Tonight´ (mit rasantem Bass- und Gitarrenlauf), die (tatsächlich) Halbballade ´Purgatory’s Child´ und schließlich die makabre Selbstjustiz-Hymne ´Hang ‘Em High´. Die kurze Country-Verarsche ´Honey Bun´ katapultiert den Metal-Hörer dann aus der Platte raus ins triste Diesseits. Das ist vom Songwriting, Originalitätsfaktor und auch produktionstechnisch (Texas-Produzent Kerry Crafton, der auch ANGKOR WAT und andere, ganz unterschiedliche Bands produziert hat) außergewöhnlich, schon gar nicht für jeden Geschmack und klingt – genau – einfach wie JUGGERNAUT.

Auf der vorliegenden CD gibt es noch einmal einen Haufen voller EP-Versionen (was für eine EP?), das ist nett, kann man sich aber irgendwie auch schenken. Es gibt eine zweite Veröffentlichung von JUGGERNAUT ´Trouble Within´ – leider ohne Harlan Glenn. Die kann ich wegen des grausamen Gesangs (ich weiß der 2006 verstorbene Steve Cooper war bei S.A. SLAYER bei manchen hoch angesehen, ich kann seinen Gesang auf der ´Prepare To Die´ EP, die insgesamt kultig ist, auch gerade noch so ertragen) und dem weniger starken Songwriting nicht wirklich empfehlen. Denn dies hier ist das Original, fies und gut: JUGGERNAUT: ´Baptism Under Fire´!

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