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GEOMETRY OF CHAOS – Soldiers Of The New World Order

~ 2020 (Independent) – Stil: Alternative Progressive Metal ~


Wieso hat das nur so lange bei mir gedauert, bis diese Scheibe vollends gezündet hat? Potenzial hatte ich gleich erkannt, aber vielleicht (oder gottseidank?!) gibt es immer noch Musik, die etliche Anläufe braucht, oder die die ungeteilte Aufmerksamkeit und Konzentration erfordert, um die gesamte Strahlkraft im Hirn des Hörers zu entfalten.

Ich bin manchmal stur und somit war es eines Tages soweit, dass mir die GEOMETRY OF CHAOS ihre wohlgeordnete Struktur endlich offenbarte und mich endgültig zum willigen Soldaten ihrer neuen Weltordnung reifen ließ. Oder undramatischer ausgedrückt: Willkommen zu einer metallbasierten Reise durch Sphären und Emotionen, bei der man psychotisch Walzer tanzen und grooven kann oder sich zurücklehnt und genießt. Noch Fragen? Tja, warum sollte ich die Fähigkeit besitzen, euch in ein paar Sätzlein zu erklären, wofür ich Wochen gebraucht habe? Dabei liegt es in erster Linie eigentlich nicht am schwierigen Zugang zum Werk, sondern vielmehr daran, dies in Worte zu fassen, da mir partout nicht wirklich passende Vergleiche einfallen wollen – ein weiterer Pluspunkt für das Wirken von Fabio La Manna (Gitarre, Bass, Songwriting) und seinem Mitstreiter Davide Cardella, die sich in der letzten Inkarnation von ALCHEMY ROOM aufeinander eingespielt haben.

 

 

Zunächst fällt neben dem herrlich verschachtelten Drumming von Davide der kraftvolle Gesang des portugiesischen Gastsängers Marcelo Vieira positiv auf, der bei zwei Stücken vom Engländer Ethan Cronin vertreten wird, der ebenso zu überzeugen weiß. Für die Kombination aus modernen Elementen und dem, was man allgemein als „Progressive Metal“ kennt und liebt, brauchte ich – wie schon erwähnt – ein bisschen mehr Zeit. Schon die von jeweils einem Gast gesungenen Opener ´Idolatry´ und ´Joker’s Dance´ zeigen, was GEOMETRY OF CHAOS auf dem Kasten haben.

´Spiral Staircase´ zeigt Elemente aus dem klassischen Progrock bis beispielsweise hin zu KANSAS und öffnet die Pandorabüchse der großen Emotionen. Spätestens nun sollten alle Zweifel aus dem Weg geräumt sein und man wird bereit für die Aufgabe, die gesamte Klasse dieses Albums in sich aufzusaugen. Auf 60 Minuten wird eure Hörbereitschaft von acht Songs zwischen 7 und 8 Minuten gefordert. Es prasseln beim Instrumental ´Garage Evil´ Riffs, Läufe und Rhythmik auf euch hernieder, die zeigen, wie gut die beiden auch zu zweit songtechnisch funktionieren und die Technikfraktion zum Jubilieren bringen, doch daneben sollten durchgehend herrliche Soli, Gesang und Melodie aufgrund ihrer Qualität dennoch die Macht haben, auch den Instrumentalmuffel zu versöhnen.

Der perkussive ´Observer´ versprüht wahre PSYCHOTIC WALTZ-Mystik, die man auch im weiteren Verlauf finden kann und überrascht mit der zauberhaften, warmen Stimme von Gastsängerin Nummer drei Elena Lippe (FERONIA). Dazu wird ein überraschendes Orgelintermezzo, hypnotische Bassläufe und letztlich die beruhigende Cleangitarre des Meisters geboten. Ebenso übernimmt die Gitarre bei ´Saturated´ ein elegisches Motiv, das den dramatischen Gesang perfekt unterstützt, bis zum Ende hin die Adrian Belew-KING CRIMSON auf SIEGES EVEN treffen. Deren Anhänger dürfen auch weiterhin ´Premonition´ lauschen, bei dem mir endlich auffällt, dass mich Marcelo gerade in den höheren stimmlichen Bereichen an den unvergessenen Andrew McDermott (R.I.P.) und damit an THRESHOLD oder YARGOS erinnert.

 

 

Der finale Titelsong entfesselt zunächst die Elektronik der experimentellen Ursprungsphase hypnotischer Musik, um nicht das Wort „Kraut“ zu verwenden und schwebt auf wunderschönen Gitarrenläufen durch die Weiten des psychedelic Prog-Kosmos für Melodiker. Es zieht sich zwar musikalisch ein roter Faden durch das gesamte Album, doch die Songs haben jeder für sich eine einzigartige Ausrichtung, Emotion und Atmosphäre, was mir ehrlich gesagt in dieser Form im Progressive Metal nicht mehr so oft unterkommt. Besonders die gefühlvollen und abwechslungsreichen Instrumentalparts sind vollwertige, lebendige Bestandteile des Songs, anstatt reine Mittel zum Zweck wie bei einigen Mitbewerbern.

Wieder einmal lohnt – wie so oft in den letzten Jahren – der Blick nach Italien, wenn es etwas Besonderes sein soll. Nach unzähligen Durchgängen kann mich dieses Album immer wieder überraschen, mitreißen und begeistern. Somit habe ich zwar versagt, GEOMETRY OF CHAOS im 2020er Jahresrückblick unterzubringen, aber wer braucht schon Listen, um außergewöhnlich gute Musik für sich zu entdecken?

 

www.facebook.com/geometryofchaosband

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