TAURUS TARON – Niemand sink/gt allein
~ 2020 (Independent) – Stil: Folkrock ~
TAURUS TARON heißen inzwischen TAURUS FERUS und haben sich ein wenig erfrischt aufgestellt, aber das Album ist von 2020 und entsprechend aktuell. Schnell geht es manchmal, grad in der brodelnden Spielmannsszene der Mittelaltermusik. Und Mittelaltermusik wird geboten auf ´Niemand singt allein´.
´Wild und frei´ geht es in den ersten Song, ein wirbelndes Stück von Dudelsäcken und schweren Trommeln getrieben, mit fast schon punkigem Gesang. Deswegen nennt die Band ihren Stil auch “HISTOPUNK” und das trifft es. Vom Album selbst sind übrigens nur noch Pasquale Der Saitling und Gellir der Laute übrig, einer der Trommelknecht, der andere an Cister und Akustikgitarre agierend. Der neue Dudler Atakan gab mir im August schon die CD. Man kommt ja leider zu nichts, aber nun, hier schreibe ich nun ganz ehrlich und bei vollem (*hicks*) Bewusstsein ein wenig was zur CD im schönen Digipak.
Was ist das hier nun? Akustischer Mittelalterfolk mit Rock’n’Roll Spirit? Das bedächtig nur mit Gesang und Akustikklampfe beginnende Sauflied ´Füllt Euren Krug´ entwickelt sich genau zu solch einem Stück. Der Text ist schlicht, ein Sauflied halt mit ganz einprägsamem Refrain. Schöner norddeutscher Schnack hier und da, “das Hirn is wech”! Chihihi.
Erwartet keinen Tiefsinn, erwartet auch keine große filigrane Musik, das kann ich Euch jetzt schon flüstern. Was Ihr bekommt ist Leidenschaft, pure Leidenschaft. Schöne, schlichte und genau deswegen schöne Melodien. Mal wild vom Hexenvolk getriebene Songs, mal nachdenkliche, melancholische Engtanznummern, wie das passend betitelte Stückchen ´Herbst´. Die Akustische verdichtet die von Dudelsack und Trommel erschaffenen Klänge. Und nach einem kurzen Break explodiert der Song in einen schnellen Tanz hinein. Schließt man die Augen, sieht man vor sich im Rausch der Musik die Narren und Hexenweiber umherwirbeln in immer wilderem Gemenge. Die Melodien fühlen sich vertraut an und sind sicher vom typischen Mittelaltermarktsound inspiriert, den Spielleute aus allen Ecken der Republik an den kleinen Nebenschauplätzen einem geneigten Publikum darbieten.
´Die Götter´ geben sich dann im Folgesong die Ehre. Auch hier wieder die typische Melodieführung, welche aber auf gewisse Weise berauscht und mitreißt. Schöner Schnoddergesang, textlich wieder simpel, aber genau der Partystimmung entsprechend. Die Melodien sind gar nicht so erdrückend fröhlich, sondern haben einen dunkleren Nachhall. Das wiederum bringt den Stücken ihre Magie. Wie gesagt, Augen zu und Ihr seht im Träume einen Hof, Stallungen, da liegt sogar Stroh rum und einige Menschen haben eine Maske auf, Fackeln, eine Feuerstelle, wo sich das Hofvolk vergnügt und eine Horde Spielleute außer Rand und Band. Und so ist dann ´Die Götter´ auch ein wilder Volkstanz mit schönem Instrumentalmittelpart. Und im Grunde geht es wieder nur um Alkohol. Getanzt werden darf auch bei ´Pehlgrims Reise´, ´Der Königshenker´ und ´Hexenbrand´. Wild und frei, wie schon der erste Song sagt, spielt sich die Kapelle hier in einen Rausch und der Sänger lässt wieder seiner frivolen Fantasie freiesten Lauf. Ein letztes Highlight kommt mit dem fast epischen Hymnenstampfer ´Nordmannshall´ über wilde Krieger, tosende Schlachten und den Heldentod, der einen direkt nach Walhalla führt. Natürlich wieder stinkbesoffen. MANOWAR hätten die Nummer übrigens nicht geiler hinbekommen können.
Vorher kommt etwas unspektakulär der Turtelteufel, danach ein schöner, leicht keltischer Folkrocker mit dem schönen Titel ´Untergang´. Der gibt nochmal Gas, ist wieder so naturfröhlich mit schönem Refrain und nimmt Bezug auf den CD-Titel. Schöne Cisterläufe übrigens.
Alles in allem eine echte, ehrliche CD, bodenständig produziert, live auch ohne Strom genauso reproduzierbar, einfach, aber von Herzen kommend. So geht Volksmusik tatsächlich. Makel kann ich der Band natürlich viele andichten, aber das ist hier nicht der Sinn der Sache. Das Album soll mitreißend unterhalten und das tut es. Ich bin kein Freund von dem Sackgedudele mit Getrommele, weder auf CD noch live, aber durch den Gesang und die Cister haben sie genau die richtigen Zusätze gefunden, packende Musik zu erschaffen. Nicht neu zu erschaffen, sondern einfach nur zu erschaffen, für den Moment der Freude. Und deswegen Daumen hoch!
Mittelalterfolkfreunde, denen viele der Großen inzwischen zu überkandidelt sind, müssen zuschlagen.
(8,5 Punkte)