KAT DE VILLE – Four Plus
~ 2020 (ideedeluxe records) – Stil: Dark Ambient/Electronic ~
Kat de Ville ist als Performance-Künstlerin und Musikerin bekannt. Die Wahlberlinerin aus der Ukraine spielt selbst Klavier, Keyboards sowie Bass und ist allzeit auf der Suche, neue Grenzen der Musik und Technologie zu erforschen und dabei zu überschreiten.
Elektronische Klänge in aller Dunkelheit sind Kat de Villes musikalischer Anker. In einer lang anhaltenden Finsternis, erzeugt von der Laune der Natur, sprich zerstörte Beziehungen und Physis, schrieb sie ´Four Plus´ im tiefsten Winter 2019/2020. Musik schien der erlösende Zauber zu sein, sich von diesen Fesseln und Qualen zu befreien.
Hell und Dunkel, Schwarz und Weiß, Glück und Pech, Leid und Wohlbefinden liegen zumeist direkt vereint nebeneinander. Die menschliche Seele ist schließlich auf alles vorbereitet.
´Ice Cold´ durchbricht die Eiseskälte, die Trockenheit des Winters. Auf zarten Schritten, in Klavierschritten, begeben wir uns aus der Dunkelheit des Waldes hinaus auf die Lichtung. Hohe und klare Tasten auf dem Klavier werden sieben Minuten lang von dunkler Elektronik bedroht. Immerzu der feste Anschlag auf einem Hochton, der in ´Between The Shadow And The Soul´ von einer leichten Melodie im Nachgang begleitet wird, lässt uns das Tropfen des Eiswassers auf dem zugefrorenen See, so wie die erkaltete Seele im Winter, vernehmen.
Die Bedrohung durch einen herüberziehenden Schatten wird jedoch übermächtiger. Aus den Tiefen der ´Underworld´ zieht neun Minuten lang pure Finsternis auf. Eine federleichte Tastenfolge aus dem Schatz des Prog Rock tanzt dennoch wie ein Engel an dem brodelnden Wahnsinn vorbei. Ob uns elektronisch angedeutetes Fingerschnippen genügt, um eine ´Mankind Solution´ herbeizuführen, bleibt fraglich. Das Klavier verschafft sich zumindest mehr Aufmerksamkeit mit einem erkämpften Platz im Mittelpunkt des Geschehens.
Die Nachtluft zieht uns in die Höhe, weit über alle Baumgipfel, doch die tiefen Klaviernoten von ´Aurora´ halten uns weiterhin fest umklammert, derweil sich echte Dramatik im zischenden Spielablauf abzeichnet. Die Uhr tickt, sofern sie noch Energie hierfür hat. Alles fällt in sich zusammen, fällt in den Winterschlaf, allein das Klavier spielt sich siebenminütig während ´Sleepless´ in das Scheinwerferlicht, ebenso schießt es während ´Rethinking´ nochmals aus der Tiefe der Nacht auf die glanzvoll erhellte Waldeslichtung. Ganz hell, Tasten klappernd lichtdurchflutet.
(8,5 Punkte)