BLACK TO COMM – Oocyte Oil & Stolen Androgens
~ 2020 (Thrill Jockey) – Stil: Dark Ambient/Electronica/Experimental ~
Die Musik, die Marc Richter als BLACK TO COMM produziert, klingt oftmals so, als käme sie von einem bedrohlichen, erschütternden oder gar übernatürlichen Ort. Auf Alben wie etwa dem letztjährigen `Seven Horses For Seven Kings` erschuf er finstere Ambient-Sounds wie aus verrostetem Metall und führte dabei musikalische Exorzismen durch, die eine unheimliche Art von Schönheit unter ihrem bedrohlichen, postindustriellen Schleier enthüllten. Obwohl immer noch ein Mensch für diese Kompositionen verantwortlich war, so erschienen sie wie aus einer weit entfernten Dimension.
Wie auf den beiden Vorgängeralben auch, nutzt Richter nun erneut die verzerrten Klänge von THROBBING GRISTLE sowie die dichten Songstrukturen von NURSE WITH WOUND und erkundet damit eindringliche, sonische Gebiete an brodelnder Unruhe und Traumata mit einer immensen visuellen Kraft in auditorischer Form.
`Ooctye Oil & Stolen Androgens` besteht aus Tracks, die ursprünglich für verschiedene Kunstinstallationen geschrieben sind und sie erinnern an die Atonalität des Lebens und die Melancholie des Krieges. Was das Album jedoch von Richters früheren Werken wesentlich unterscheidet, ist der erstmalige Einsatz von menschlichen Stimmen – ob nun als reines, gesprochenes Wort, als Anwandlungen von Poesie oder durch verschiedene Schichten an Chormusik.
Dieses zusätzliche strukturelle Element verdeutlicht schließlich einmal mehr seine Fähigkeit, aus nahezu jedem möglichen Klang eine schiere Bedrohung herauszuholen, und es ist zweifellos auch eines seiner größten Talente, obwohl es auch manchmal geradezu meditative oder zumindest weniger offene feindliche Momente gibt.
Der Abschluss-Track `Rataplan, Rataplan, Rataplan (Arms And Legs Flying In The Air)` beispielsweise ist eine kakophone Klanglandschaft, die sich aus klappernden Drum-Patterns und Synth-Sounds zusammensetzt und dabei in alle möglichen Richtungen ausbreitet. Blechblasinstrumente treten sogar schließlich in den Kampf mit ein, wie eine verdrehte Samba-Band, die kein Timing- oder Tonkonzept besitzt.
Obwohl sich der Sound zu den beiden Vorgängern deutlich unterscheidet, so hat `Oocyte Oil & Stolen Androgens` dennoch eine wichtige Gemeinsamkeit – nämlich die Bereitschaft, eine Vielzahl von Klängen und Ansätzen zu erkunden, ganz egal wie weit sie sich dabei vom Zentrum entfernen. Eine Oddball-Flugbahn an hochkomplizierten und höchst komplexen Sounds.
(7,5 Punkte)