SÓLSTAFIR – Endless Twilight Of Codependent Love
~ 2020 (Season Of Mist/Soulfood Music) – Stil: Atmospheric Icelandic Rock’n’Roll ~
Die Zeiten, als die Isländer SÓLSTAFIR den eisblauen Himmel erklommen, schienen zuletzt dahin. Selbst die einstige Magie hatte nach dem Abgang von Songwriter/Schlagzeuger Guðmundur Óli Pálmason echte Probleme, weiterhin hervorzuschimmern. Die dunkle Aura der Black Metal-Psychedelic-Post Rock-Symbiose wirkte gar verflogen.
2020 versuchen Sänger/Gitarrist Aðalbjörn Tryggvason und seine Mannen, diesen Makel in die tiefsten Abgründe zu verbannen. ´Endless Twilight Of Codependent Love´ dient der Verarbeitung von Tryggvasons Depressionen und soll SÓLSTAFIR wieder glanzvoll ans getrübte Tageslicht führen.
In Post Rock-Manier zieht sich der zehnminütige Opener ´Akkeri´ mit traurigem Gesang selbst am Schopf aus der Tiefe und kennt urplötzlich keine Zurückhaltung mehr. Black Metal-Elemente kommen zur Anwendung, doch die Härte und die rohe Darbietung der Komposition entspricht vielmehr dem Punk, ehe der Song im mehrstimmig hallenden Gesang strandet. Das sich anschließende, neunminütige ´Drýsill´ hat ebenso wie ´Akkeri´ immer wieder kleine Momente, in denen die Gitarren zum Mitsingen animieren. Auf der Schlichtheit der Töne herumzureiten, und dazu in eine schwerelose Stimmung zu verfallen, ist diesmal das Geheimnis der SÓLSTAFIR´schen Magie.
Streicher und Orgelklänge bringen ´Rökkur´ in Position, wabernde, nordische Dunkelheit zu zelebrieren. Ausnahmsweise und nicht völlig unpassend wird in ´Her Fall From Grace´ Englisch gesungen. Während ´Dionysus´ endlich wieder Geschwindigkeit und Härte addiert, im Galopp sogar sekundenweise LED ZEP herausschimmern lässt, verweilt ´Til Moldar´ schwerelos in den Wolken. Aus der Reihe tanzen der wildere Desert Psychdelic-Song ´Alda Syndanna´ und der Wüsten-Blues von ´Or´, bis auch hier die Stimmung über dem Sand postrockig ausflirrt. Die Schwere und die depressive Stimmung des Ur-Metal ergießt sich schließlich aus dem finalen ´Úlfur´ nochmals über die Dauer von neun Minuten.
Wahrhaftig: Im Zwielicht finden SÓLSTAFIR wieder den Weg zur Liebe an der Musik und zu neuen Ufern.
(7,5 Punkte)
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Pic: Iris-Dogg Einarsdottir