PALLBEARER – Forgotten Days
~ 2020 (Nuclear Blast) – Stil: Doom/Progressive Rock ~
Wenn heutzutage über modernen Doom Metal gesprochen wird, dauert es wahrscheinlich nicht allzu lange, bis der Name PALLBEARER fällt. Für den größten Teil eines gesamten Jahrzehnts hat das Arkansas-Quartett Veröffentlichungen geschaffen, die von der Kritik mit Lob geradezu überhäuft wurden – und das auch völlig zu Recht!
Während der Vorgänger `Heartless` von 2017 ein mutiger Ausflug in das weitläufige Gebiet des Progressive und Alternative Rock war, kehren sie nun wieder auf heiligen Boden zurück – kompakter, konzentrierter und prägnanter als je zuvor. An zahlreichen Stellen kommen PALLBEARER dabei der Perfektionierung von Doom-Hits immer näher, mit einer ganzen Ansammlung von Single-tauglichen Songs im BLACK SABBATH-Format, die bequem unter der Fünf-Minuten-Marke liegen.
`Forgotten Days` ist jedenfalls das mit Sicherheit heavieste Album der Band seit ihrem Debüt von 2012, `Sorrow And Extinction` – höchst expansiv und in seiner Grundstimmung ungemein melancholisch.
Wie bei den früheren Veröffentlichungen auch, bewegen sich tief gestimmte Gitarren und Bässe in eisigem Tempo. Dabei wickeln die Gitarristen Brett Campbell und Devin Holt fortwährend schwerfällige, rauchige Riffs um das bebende Ende des Bassisten und Haupt-Songwriters Joseph D. Rowland herum – wie bei einer dunklen Elegie, die von Flaum und Verzerrung angetrieben wird.
PALLBEARER waren schon immer in der Lage, Momente der Schönheit und Melodie zu schaffen, und vor allem die zahlreichen traurigen Gitarrensoli sind ein herausragendes Merkmal in ihrem Sound und erinnern oftmals an die nachdenklichen Arbeiten eines Alex Lifeson von RUSH.
Beim Song `Stasis` scheint hingegen ihre Affinität zu Rock-Acts der 70er Jahre, wie etwa BLUE ÖYSTER CULT oder BOSTON, deutlich hervor, was sich in hochfliegenden Gitarren-Hooks und den gekonnt eingesetzten Synthesizern manifestiert.
Ein unumstrittener Höhepunkt des Albums ist jedoch zweifellos das 12-minütige Epos `Silver Wings`. Der Song beginnt mit ungeraden Taktarten, die sich hin zu einem atemberaubend schönen Crescendo entwickeln. Riesige, heruntergestimmte Riffs treffen schließlich auf erhabene Melodien in einem eiszeitlichen, schwerfälligen Marsch, was sich für einen Großteil der Laufzeit fortsetzt, bevor das Stück mit einem wunderbaren, melancholischen Gitarrensolo abgeschlossen wird.
`Forgotten Days` ist einmal mehr ein beeindruckender Beweis für das kollektive musikalische Talent und das endlose kreative Wachstum der Band. Ein Werk, das ganzheitlich seinen Stempel der Authentizität festhält, ohne dabei an Dringlichkeit und Vitalität zu verlieren. Meisterlich.
(9 Punkte)