FARO – Luminance
~ 2020 (Andromeda Relix) – Stil: Alternative Progressive Rock / Metal ~
Wie schreibt man über Musik? Wie wählt man aus dem Meer der Neuveröffentlichungen die dicksten Fische, wenn man neue Musik entdecken will, statt über altbekannte Lieblinge zu berichten? Meist bedient Kommissar Zufall die Tombola, umso erfreulicher ist es, wenn die Wahl auf Künstler fällt, die keiner großen Worte bedürfen und bei deren Musik man alles stehen und liegen lässt, um ein Album in Dauerrotation zu genießen.
So geschehen mit FARO und deren zweitem Album ´Luminance´, welches gerade meinen Herbst erleuchtet. Die ersten Takte wecken bereits große Erwartungen, die beim Einsatz des glasklaren Gesanges von Rocco De Simone bestätigt, wenn nicht sogar übertroffen werden. Anspruchsvolles Songwriting ohne nervende Hektik, wunderbare Gesangslinien, vertrackte Rhythmen und filigrane Gitarrenarbeit, der es zuweilen an der nötigen Heavyness nicht mangelt – Progherz, was willst du mehr?
Gar nichts, denn hier steht das Gefühl über der Technik und dazu kommt eine für mich kaum zu vergleichende Eigenständigkeit, die mich schlichtweg sprachlos macht. Und wieder einmal mehr Italien. Respekt. Dazu noch mit Angelo Troiano und Fabrizio Basco – die beide Gitarre und Bass bedienen – ein Trio, die Keyboards teilen sich alle drei. Leider hat letzterer nach den Aufnahmen – bei denen er noch an drei Songs beteiligt war – die Band verlassen, doch zusammen haben FARO eine Atmosphäre zwischen sentimental, heavy, eingängig und zugleich höchst anspruchsvoll kreiert… Musik für Körper und Seele. Fantastisch.
FARO sind nichts, was ich schon kenne und zugleich alles, was ich liebe. Musik, die weder MUSE noch PLACEBO ist, aber diese gefühlvolle Atmosphäre besitzt. Musik, die weder RUSH, QUEENSRYCHE noch FATES WARNING ist, jedoch deren intimste Momente teilt. Musik, die weder SUBSIGNAL, MAYFAIR noch SECOND RELATION ist, jedoch genauso individuell, ausgefeilt und aussergewöhnlich klingt. Musik, die weder ANATHEMA noch KATATONIA ist, aber mit ihnen die wunderschöne Trauer und Verzweiflung teilt.
FARO verbinden Alternative, Progrock und Metal mit modernen Sounds und Darkwave, den sie durch ihre Art erleuchten. Innovativ. Progressiv. Individuell. Essenziell. Ein Lichtblick. Bis zu dem Moment, wenn der Titeltrack ausfaded, das Album zu Ende ist und sich zunächst eine tiefe Traurigkeit einstellt – weil man sich einfach mehr davon wünscht, die danach in Euphorie umschlägt, von vorne zu beginnen. Das Album zur richtigen Zeit, nicht nur weil ´Autumn´ und ´December´ darauf enthalten sind, sondern weil diese Musik trotz oder gerade wegen ihrer Sentimentalität die Stimmung aufhellt in der momentan täglich düsterer werdenden Jahreszeit.
Dann müssen diese Acht Juwelen eben bis zum Nachfolger halten… wieder und immer wieder… ein Perpetuum Mobile, welches sich in der Jahresbestenliste bewegt. Unaufhörlich. Mille grazie, FARO!
