CRIPPLED BLACK PHOENIX – Ellengæst
~ 2020 (Season of Mist) – Stil: Dark/Post Rock ~
Stillstand ist der Tod, künstlerisch ohnehin. CRIPPLED BLACK PHOENIX bleiben niemals stehen. Das britische Künstlerkollektiv bewahrt sich zudem seine Tradition, zwischen abendfüllenden Werken eine EP einzuflechten. Auf ´Great Escape´ folgt in diesen Tagen ´Ellengæst´, eine alt-englisch/skandinavische Bezeichnung für “starker Geist” und eine 54 Minuten lange Scheibe, die dem Begriff “Extended Play” eine neue Bedeutung verleiht.
Gleichsam hat abermals der Zahn der Zeit an der Besetzung des PHOENIX gerüttelt. Justin Greaves (Gitarre, Schlagzeug, Bass), Belinda Kordic (Gesang), Helen Stanley (Grand Piano, Synthesizer, Trompete) und Andy Taylor (Gitarre) stellten eines Tages mit Erschrecken fest, dass sie in der Gruppe keine männliche Stimme mehr haben. Daher musste Mastermind Greaves kurzerhand andere Kollegen für diese Scheibe engagieren.
Selbst wenn die ständigen Besetzungswechsel ärgerlich sind, muss uns Helen Stanley nicht gleich mit dem Abgesang der Trompete begrüßen. Der Opener ´House Of Fools´ legt dabei mit der dem gesamten Werk inne wohnenden Schwere und Dunkelheit los. Die Gitarren jammern wie die Möwen am Meer, ehe die Komposition nach einem Break in der zweiten Hälfte den Aufwind des Post Rock nutzt und das Ungetüm ins Brodeln und Wanken bringt, mit dem Gesang von ANATHEMAs Vincent Cavanagh.
Den starken Geist des Post Punk/New Wave von ´Ellengæst´ zerrt indes ´Lost´ erstmals vollständig ans Tageslicht, diesmal in umgekehrter Besetzung am Mikrofon. Belinda Kordic singt den Lead-Gesang, Vincent Cavanagh im Hintergrund. Mit diesem Spirit und dem des Gothic Rock reitet auch ´Cry Of Love´ völlig im Sinne der Achtzigerjahre drauflos und entpuppt sich mit dem Gesang des ehemaligen CBP-Tour-Bassisten Ryan Patterson (COLISEUM, FOTOCRIME) als einzige flottere Komposition sowie als Single-Aspirant.
Düster spricht Kristian “Gaahl” Espedal (GAAHL’S WYRD) den Text von ´The Night´, allein Belinda trägt noch helle Schönheit in das Lied hinein. Den großen Auftritt hat Belinda hernach mit ´Everything I Say´, eine sich dem Himmel hoffnungsvoll entgegenreckende Düster-Nummer. Dennoch ist die Band längst nicht am Ende angekommen. Der Longtrack ´The Invisible Past´ bietet TRIBULATIONs Jonathan Hultén in eher vertrauten Sphären des PHOENIX Raum zum Atmen und Singen. Den Schlusspunkt setzt das BAUHAUS-Cover ´She’s In Parties´ in der selben Leichtigkeit wie ´Cry Of Love´ im Sinne des Rock am Tag und bei Nacht.
´Ellengæst´ ist ein funkelndes Kleinod, das in diesem Gefüge und Geflecht eine nicht zu wiederholende Erscheinung in der Dunkelheit bleiben wird.
(8,5 Punkte)