DEERHOOF – Future Teenage Cave Artists
~ 2020 (Joyful Noise) – Stil: Avantgarde/Experimental/Noise ~
Seit ihrer Gründung 1994 sind San Franciscos DEERHOOF eine Bastion der Rockmusik in einer vollends verfremdeten und unorthodoxen Form. Die Indie-Rock-Bausteine sind zwar als Grundgerüst nach wie vor vorhanden, aber wenn man über die Oberfläche hinausblickt, sieht man noch deutlich mehr von ihren packenden und umwerfenden Schrägheiten – ob nun Noise, Punk Rock oder gar Avantgarde. Nur wenige Bands waren jedenfalls derart konsequent experimentell, und es ist kaum zu glauben, dass ´Future Teenage Cave Artists` bereits das 16. Album innerhalb von zweieinhalb Jahrzehnten ihrer Karriere geworden ist, wobei ihre Standards der ungefilterten Verrücktheit nach wie vor konsequent beibehalten werden, wie in einem euphorischen Ansturm des Experimentierens.
Obwohl die Band sich geschworen hatte, ihren Sound mit jeder Veröffentlichung in eine neue Richtung zu lenken, so klingt auch das neueste Werk immer noch unverkennbar nach DEERHOOF – abgedreht-verzerrte Gitarren, ausgeflippte Vokalmelodien, bizarre Texte und dynamische Drum-Patterns bilden nach wie vor ihr Markenzeichen. Wie gewohnt beschäftigen sie sich mit einer Reihe verschiedener Genres, vom bluesigen Psycho-Rock auf `Sympathy For The Baby Boo` bis hin zum Dream Pop des Titelsongs, der jedoch mit ruckeligen Riffs, unvorhersehbaren Beats und sich verändernder Elektronik einen besonders spektakulären Anfang nimmt.
Wo die teilweise nicht unähnlichen LIGHTNING BOLT sich fast ausschließlich in durchgeknallter Dreistigkeit üben, erschaffen DEERHOOF in ihren Songs jedoch oftmals auch eine geradezu traumhafte Aura. Ungeachtet einseitiger Rhythmusbrüche und langwieriger Gitarrenmotive findet beispielsweise `The Loved One` genügend Raum worin Satomi Matsuzakis Hooks immer noch ihre Magie entfalten.
Das frenetische `Farewell Symphony` hingegen ist einfach nur schriller Noise Rock, während das kaleidoskopische Riffing von `Damaged Eyes Squinting In The Beautiful Overhot Sun` einen Wirbelwind an Einfachheit und Tiefe liefert. In beiden Fällen nähert sich die Band rohen Lo-Fi-Klängen wie ein kleines Kammerorchester, und die beiden Gitarristen John Dieterich und Ed Rodriguez überlagern ihre rostigen Töne in schönen, aber dunklen Progressionen.
Die vier Nordkalifornier weben über die gesamte Albumlänge hinweg traditionelle Rock-Ideen wie eine betrunkene Schlange in Rhythmusänderungen hinein und wieder aus ihnen heraus, und das Eintauchen in noch tiefere Schnitte zeigt ihre wahre Missachtung jeglicher Konvention. In DEERHOOFs dystopischer Zukunft beweist dieses Album einmal mehr, dass es immer noch eine gehörige Portion an Erhabenheit in euphorischem Lärm zu entdecken gibt – und sie repräsentieren somit die Avantgarde für das kommende Jahrzehnt.
(8 Punkte)