DEFTONES – Ohms
~ 2020 (Reprise) – Stil: Post Metal/Alternative Rock/Experimental ~
Es war 1995, als die DEFTONES mit `Adrenaline` zum ersten Mal die Bühne der großen, weiten Rock-Welt betraten, und in den vergangenen 25 Jahren haben sich bei ihnen zwar einige Dinge geändert, andere sind jedoch gleich geblieben. Vor allem im Bereich des Post Metal und Alternative Rock gibt es wohl kaum eine andere Band, die die Atmosphäre ihres Sounds fortdauernd aufs Neue erforscht hat, aber während es auf ihrem neuesten Album nach wie vor etliche abrasive und tief durchdringende Passagen gibt, so finden sich – wie auch beim ausgezeichneten Vorgängerwerk `Gore` zuvor – zudem zahlreiche verträumte und hypnotische Momente.
`Ohms` ist zweifellos eines der herausfordernsten Alben im musikalischen Kanon der Kalifornier geworden, teilweise mit vertrackten rhythmischen Gefühlsmustern, die die Verzerrungspegel sowohl instrumental als auch gesanglich verstärken und einen allgemein dunkleren Ton für einen guten Teil des Albums liefern. Kein Zweifel daran, dass die Band die Heavy-/Soft-Dynamik noch viel stärker verinnerlicht und gemeistert hat, und sie den Hörer erneut auf eine Ebbe-Flut-Reise mitnehmen, als ob man auf den Wellen der Schwere reiten würde.
Es gibt zwar immer noch eine deutlich spürbare Spannung zwischen den beiden Haupt-Songwritern Chino Moreno und Stephen Carpenter, aber wo frühere Werke dazu neigten, ihre widersprüchlichen Wünsche in separaten Songs zu isolieren, erschaffen sie nun wiederum eine nahezu perfekte Melange. `Ohms` ist somit erneut ein Album geworden, das seine Einflüsse aus den verschiedensten Genres entlockt und das Fragilität und Brutalität nahtlos zu einem zusammenhängenden Organismus verschmilzt.
Den DEFTONES gelingt damit ein verblüffendes Nebeneinander, das so reibungslos gehandhabt wird, dass man es auf Anhieb gar nicht merkt – ein Trick, den die Band im Laufe ihrer Karriere geradezu perfektioniert hat. Ihre Gratwanderung zwischen harten Metal-Beats, schimmerndem Dream-Pop, hymnischem Alternative Rock und introspektivem Shoegaze wirkt jedenfalls wiederum wie aus einem Guss und weiß über die gesamte Albumlänge zu begeistern. Das „weiße Fohlen“ der Anfangstage ist mittlerweile ein prächtiger Hengst.
(8,5 Punkte)
(VÖ: 25.09.2020)