MELANIE MAU & MARTIN SCHNELLA
~ Interview mit Melanie Mau und Martin Schnella ~
Sie haben es wieder getan. Sie haben schon wieder ein Album mit akustisch geprägten Coverversionen fertiggestellt. Die Rede ist von dem wunderbaren Duo Melanie Mau und Martin Schnella, die aktuell ´Through The Decades´ unter die Hörerschaft tragen. Da sie gerade in diesen Tagen vielleicht etwas Zeit für ein kleines Schwätzchen haben, sollten weitere Hintergründe leicht herauszufinden sein.
Hallo Melanie, hallo Martin, nach ´Gray Matters´ (2015) und ´Pieces To Remember´ (2018) kommt Ihr in diesen Tagen bereits mit ´Through The Deacdes´ um die Ecke. Diesmal keine drei Jahre nach dem Vorgänger. Wo kommt der Eifer her, oder haben wir es gar dieser schrecklichen Pandemie zu verdanken?
Hey Michael. Ja, ein wenig haben wir das Corona zu verdanken, um es etwas sarkastisch auszudrücken. Bis dato war kein weiteres Cover-Album geplant und wir steckten eigentlich schon fest in den Planungen für ein anderes Release. Dies konnten wir dann aufgrund der Maßnahmen vorerst nicht durchführen. Da auch für uns ca. 90% der Auftritte ausgefallen sind, kam uns die Idee, ein paar neue Cover zu arrangieren. Nach nur einer Stunde hatten Melli und ich schon wieder viel zu viele Ideen und Wünsche was wir alles machen wollen. Ich war dann auf einmal auch sehr kreativ mit den Gitarrenarrangements und die Basis für viele der Songs auf ´Through The Decades´ war da. Es fühlte sich dann also gut an und wir hatten einen Workflow, der uns, vor allem mich, dann auch etwas ablenkte. Natürlich war die Angst erstmal sehr groß, als der Terminkalender plötzlich leer war und man sich auch finanziell seine Gedanken gemacht hat.
Die Besetzung scheint mir ziemlich identisch zum letzten Cover-Werk. Dennoch sind wohl weniger Gast-Stars vertreten?
Das ist richtig. Dennoch hat sich eine Menge getan. Simon Schröder ist mittlerweile unser fester Percussionist. Mathias Ruck ist als zusätzlicher Sänger dazu gekommen und vervollständigt maßgeblich die Satzgesänge. Lars Lehmann ist am Bass auch stärker involviert. Alle drei sind auch tiefer in die Arrangements eingebunden. Jeder entwickelt seine Parts an den Instrumenten selbst. Melli und ich geben eine Basis mit Gitarre und Gesang vor. Dann kam Simon zu mir ins Studio und wir haben an zwei Tagen gemeinsam die Percussion aufgenommen. Er ist ein super guter Musiker und hatte sofort viele Ideen zu den Arrangements. Lars hat seine Bässe bei sich zu Hause eingespielt und vollkommen frei arrangiert. Ähnlich war es bei Mathias, der es ebenso liebt wie wir, aufwendigere Satzgesänge zu arrangieren. Bei einigen Songs hat er seine Stimmen selbst kreiert und bei sich zu Hause aufgenommen. Bei anderen haben Melli und ich ihm Vorlagen geschickt.
Das alles hat so super funktioniert und so viel Spaß gemacht, dass wir das Album so authentisch wie möglich als Quintett darstellen wollten. Verfeinern wollten wir dann natürlich mit einigen Besonderheiten. Wie Du ja bereits weißt, lieben wir den keltischen Touch und auch besonders diese Instrumente. Keiner von uns kann jedoch Uilleann Pipes, Cello oder Whistle spielen. Daher darf Jens Kommnick auf keinem unserer Alben fehlen. Er ist ein lieber Freund und kann gefühlt jedes Instrument spielen. Für unsere Alben rundet er partiell das keltische Soundgewand ab. Marek Arnold hat bei zwei Songs Saxofon gespielt. Auch ein besonderes Instrument. Marek ist ein langjähriger guter Freund und sein Sound ist absolut unique. Auf dem PAIN OF SALVATION-Cover ´Reasons´ haben wir am Anfang einen 4-stimmigen Gesangs-Kontrapunkt geschrieben. Für eine der vier Stimmen haben wir Jelena Dobric gebeten, die Sängerin der Band PERSONA, in der Simon auch spielt, den zusätzlichen Part zu singen. Es sollten auch vier unterschiedliche Stimmen sein.
Also jeder Gast sollte das on top draufsetzen, was wir nicht noch erfüllen konnten. Und dann fühlte es sich so gut und fertig an. 🙂
Kannst Du Dich an ein Album ohne Marek Arnold erinnern?
Oh, nur an ganz wenige. 🙂 Marek dabei zu haben ist immer großartig und ein Gewinn für die Musik. Das wird auch hoffentlich noch ganz lange so bleiben.
Was soll uns diesmal das Cover-Artwork vermitteln? Zuletzt eher “selbst gebacken”, diesmal “echte Dino-Werke aus dem Steinbruch”, die vor Millionen von Jahren auf Vinyl erschienen sind und nun neu interpretiert werden..
Hehe. Ja, irgendwie soll sich durch unsere Cover Alben ein roter Faden ziehen. Jedes Cover soll man mit einem Augenzwinkern betrachten. Wir nehmen uns selbst immer ein bisschen auf die Schippe. Die Idee für das Cover von ´Through The Decades´ haben wir ein Tag vorm Fotoshooting über den Haufen geworfen. Beim Gedanken an Dekaden kamen uns die wichtigsten Tonträger, Vinyl, CD und MC in den Sinn. Da hatte Simon die Idee, dass wir doch jeder eine Dekade optisch darstellen können. Wir haben dann noch schnell ein paar Klamotten besorgt und uns etwas verkleidet. 🙂
Mit GENESIS, Peter Gabriel und natürlich KANSAS sind die für Euch üblichen Vertreter des Prog Rock abermals berücksichtigt. Ein Album ohne einen KANSAS-Song wäre wohl unvorstellbar?
Unvorstellbar möchte ich nicht sagen. Allein von den Ideen her könnten wir sofort wieder ein Cover-Album aufnehmen. Aber KANSAS gehören schon dazu. ´Miracles Out Of Nowhere´ bedeutet uns wirklich sehr viel. Das erste Cover Album ´Gray Matters´ ist bereits zweimal vergriffen und wir planen derzeitig keine Nachpressung davon. Da sich ´Miracles´ in den letzten Jahren live anders entwickelt hat, haben wir beschlossen ihn in gereifter Live-Version neu aufzunehmen. Mal schauen was die Zukunft bringt. Da wird sicher mal wieder ein KANSAS-Song dazukommen.
Wie muss man sich bei Euch überhaupt die Auswahl einer neuen Version vorstellen? Wer kommt mit der Idee an und wer wählt am Ende aus, ob das Lied umgesetzt werden kann?
Die Ideen stammen hauptsächlich von Melli und mir. Auf ´Dark Water´ von AGENT FRESCO hat uns Simon gebracht. Wir treffen die Entscheidungen immer gemeinsam. Wir haben sehr viel Respekt vor den Originalen und den Originalinterpreten. Oft schwingt auch etwas Angst mit, wenn wir die Songs stärker bearbeiten, ob das den Leuten gefällt. Uns ist wichtig, die Songs nicht einfach nur zu covern. Alle Originale sind einzigartig und wir lieben diese Songs. Wir möchten aber, dass sie in unseren Versionen auch nach uns klingen. Gelegentlich passen wir die Tonarten an, tauschen Parts oder verlängern Parts, die uns besonders gut gefallen. Zu ´I Am Above´ von IN FLAMES habe ich größtenteils komplett neue Riffs komponiert. Der Zwischenteil und das Hauptriff sind ernstgenommen Eigenkompositionen. 🙂 Auch der Instrumentalteil von ´Don’t Stop Me Now´ taucht im Original nicht auf. Er war beim Arrangieren einfach da. Einige der Liedvorschläge kommen also von Melli, andere von mir. Wir hören uns dann die Originale an und sind uns eigentlich immer einig. Während ich dann auf der Gitarre experimentiere, überlegt sich Melli schon die Vocals dazu und es wird recht schnell klar, in welche Richtung sich der Song entwickelt. ´Creeping Death´ von METALLICA hatte durch Mellis Vocal-Lines dann gleich einen orientalischen Touch bekommen. Das ganze Soundgewand haben wir dann auch so weiter entwickelt.
Für die Metal-Liebhaber ist diesmal mit METALLICA, IN FLAMES und BLIND GUARDIAN eine schöne Auswahl vertreten. Wie kam es zu diesen und sind diese Euch noch besser als zuletzt die von JUDAS PRIEST und IRON MAIDEN gelungen?
Ob sie uns besser gelungen sind, kann ich so genau nicht sagen. Wir sind mutiger geworden und trauen uns mehr, sie noch stärker zu verändern, wobei das bei ´A Touch Of Evil´ und ´Wasted Years´ auch schon der Fall war. ´Creeping Death´ war einer der ersten Songs, die wir arrangiert haben für ´Through The Decades´. Neben ´I Am Above´ ist das sicherlich eine der stärksten Veränderungen zum Original. Ich wollte schon immer mal einen METALLICA-Song bearbeiten. ´Creeping Death´ gehört zu meinen Faves und die Riffs boten sich dazu auch an. Glücklicherweise kommen diese Version bei den meisten Leuten auch sehr gut an. Natürlich fühlen sich ein paar Die-Hard Fans immer etwas auf den Schlips getreten, wenn man sowas macht, aber das ist auch vollkommen okay. Wir erwarten nicht, dass jedem gefällt was wir tun, aber wir tun es, weil wir die Songs lieben und es uns wahnsinnig viel Spaß macht, unser eigenes Ding draus zu machen.
Ein paar Schmankerl habt Ihr aber diesmal wirklich dabei. Könnt Ihr uns etwas zu der Version von ÁRSTÍÐIR erzählen?
ÁRSTÍÐIR habe ich das erste Mal live als Support für PAIN OF SALVATION im Jahr 2013 gesehen. Die haben mich total begeistert. Besonders die isländische Sprache. Melli war auch gleich ganz verliebt und mit ´Ljod I Sand´ hatten wir einen gemeinsamen Lieblinsgsong. Der stand schon länger auf unserer Wunschliste. Nur können wir kein isländisch. Also haben wir uns überlegt, den Song ins Deutsche zu übersetzen. Auch das war nicht so leicht. Einer unserer Fans, der Christian aus Hannover, erzählte uns dann zufällig bei einem Event, dass er isländische Freunde habe und das selber auch ein wenig könne. Das war natürlich fantastisch, denn er konnte uns dabei ein wenig helfen. Daher haben wir dann auch den letzten Chorus in isländisch singen können. Christian gab uns ein paar Lessons in der Aussprache. 🙂 Für mich war es die größte Herausforderung das ganze Streichensemble in eine Gitarre zu transportieren.
Und das Lied von AGENT FRESCO ist auch gerade einmal fünf Jahr alt. In das habt Ihr Euch schnell verliebt?
Auf AGENT FRESCO sind wir wie gesagt durch Simon aufmerksam geworden. Der sagte, dass wir uns die unbedingt mal anhören müssen. ´Dark Water´ ist der Hit ihres Albums und ging nicht mehr wirklich aus dem Kopf. Der Song ist insbesondere rhythmisch sehr komplex. Das war eine echte Herausforderung beim Arrangieren. Wir haben uns nachher vom Original sehr weit entfernt, da wir feststellten, dass einiges akustisch so nicht funktionierte. Unsere Version startet also relativ entspannt und soft. Erst zum Schluss adaptieren wir den Drive des Originals.
Als Abschluss habt Ihr Euch zudem noch etwas ganz besonderes einfallen lassen. Den Klassiker der DDR-Band KARUSSELL ´Als ich fortging´. Was wolltet Ihr hier besser machen als die unzähligen Cover-Versionen, die von PUHDYS, TOKIO HOTEL, Heinz Rudolf Kunze oder Sarah Connor existieren?
Besser wollen wir gar nichts machen. Das können wir auch nicht, denn was besser oder schlechter ist, entscheidet immer der Geschmack. Das Original ist wunderschön und der Song bedeutet vielen Menschen sehr viel. Ich hab vor ca. 13 Jahren die Band KARUSSELL live gesehen und sie spielten dieses Lied. Ich kannte es vorher nicht und es blieb mir immer im Kopf. So kam es, dass Melli und ich eines Tages zufällig eine Dokumentation über die Musik der DDR gesehen haben. Das war sehr spannend und natürlich war auch ´Als ich fortging´ darunter. So war die Idee geboren, das Lied ganz reduziert nur mit Gitarre und zwei Gesängen aufzunehmen. Zu dieser Zeit habe ich auch gerade in meinem Tonstudio den Mix/Master für das neue STERN MEISSEN-Album ´Freiheit ist´ gemacht. Für mich eine große Ehre, diesen Job für eine echte Legende zu machen.
Was habt Ihr in vergangenen Monaten noch gemacht, außer zu singen und Gitarre zu spielen?
Wir haben Familie und natürlich die gewonnene Zeit genutzt, um auch hier mehr Aktivitäten mit den Kindern zu machen. Melli hat mir zum Geburtstag ein Fahrrad geschenkt. 🙂 Darüber habe ich mich sehr gefreut. Wir sind absolute Naturfans, gehen gern im Harz wandern und sind auch ein paar kleine Touren gefahren. Das Leben stand also nicht komplett still. Am Haus gibt es ja auch immer wieder was zu tun.
Gibt es schon Informationen zu anderen Projekten, etwa FLAMING ROW?
Tatsächlich ja. Wir haben die Zeit genutzt und auch einige FLAMING ROW-Songs in unser Akustik-Set mit eingebaut. Darunter auch knapp 30 Minuten von ´The Pure Shine´. Was genau wir also während Corona noch so produziert haben, werdet ihr in wenigen Wochen erfahren. 🙂
Dürfen wir eigentlich eine Fortsetzung zu Eurem Werk mit Eigenkompositionen, zu ´The Oblivion Tales´, erwarten?
Aber natürlich. Wir haben schon erste Ideen gesammelt. In 2020 stehen noch ein paar kleinere Vorhaben auf der Liste. In 2021 wollen wir verstärkt an neuen eigenen Songs arbeiten.
Was habt Ihr in diesem Jahr sonst noch geplant, wenn selbst die Weihnachtsmärkte ausfallen?
Am 20.09. spielen wir auf dem Artrock Festival in Reichenbach. Das darf tatsächlich unter Corona-Bedingungen in reduzierter Form stattfinden. Es ist das 3. in Folge, an dem wir den Sonntag eröffnen. Es ist eines der Highlights im Jahr und wir freuen uns sehr, dass es stattfinden kann. Da treten wir als volle Band auf und haben ein paar Überraschungen dabei. 🙂
Im Oktober spielen wir dann einen ganz kleinen Auftritt in München. Im November zwei weitere in Bad Langensalza und Achim (bei Bremen). Am 26.12. wollen wir ein größeres Streaming Konzert als Jahresabschluss spielen. Seit April haben wir regelmäßig live gestreamt und das hat viel Spaß gemacht. Unsere Fans haben das super angenommen und uns großzügig unterstützt. Das hat sehr gut getan und wir haben das Equipment aufgerüstet, um eine gute Qualität bieten zu können. Die Leute können uns dann in unserem Wohnzimmer spielen sehen. Wir spielen ca. zwei Stunden auf YouTube. Die Leute können das kostenlos zuschauen und dürfen freiwillig in unseren virtuellen Hut spenden.
Und habt Ihr schon, bei einem Erfolg von ´Through The Deacdes´, das vierte Album Euer ´Akustik-Cover´-Werkreihe ins Auge gefasst?
Hehehe, nee. Jetzt wollen wir erstmal jede Menge neue Songs davon live spielen können. Das ist die nächste Herausforderung. Aber wir sind schon kräftig dabei. 🙂