JAYE JAYLE – Prisyn
~ 2020 (Sargent House) – Stil: Electronica/Blues/Rock ~
Evan Patterson war schon immer ein ausgewiesener Wanderer und Entdecker. Das zeigte sich in der ständigen Weiterentwicklung seiner Musik seit seinen frühen Tagen als Gitarrist in Punk Rock Bands, aber es manifestiert sich insbesondere anhand der kreativen Veränderungen des Fieber-Traum-Blues seines aktuellsten Projekts JAYE JAYLE. Auf dem neuesten Album ´Prisyn´ wagt er nun einen weiteren kühnen Sprung in unbekannte Gebiete und anstelle seiner üblichen Begleitband hat er sich mit Ben Chisholm (WHITE HORSE, CHELSEA WOLFE) als Kollaborateur und Produzent zusammengetan, um ein elektronisches Album zu kreieren, erneut um einen ehrgeizigen Schritt voraus.
´Prisyn´ konzentriert sich noch viel stärker auf elektronischen Minimalismus, ist surreal und faszinierend zugleich. Das Album lebt vor allem von seinen beeindruckenden musikalischen Wendungen und einer ausgeprägten Vision für das Cineastische. Wie bei einem Soundtrack zeigen sich dabei unzählige Ebenen auf, die erst ausgepackt, untersucht und dann wieder zusammengesetzt werden.
Alleine die erste Single-Auskopplung ´Guntime´ unterstreicht den hierauf eingeschlagenen Weg und bietet düstere E-Piano-Lounge-Vibes mit Texten, die eine persönliche und eindringliche Erfahrung einfangen. Das begleitende Musikvideo des Songs unter der Eigen-Regie des Maestros ist streng und bedrohlich, mit einem Hauch von Film Noir meets Cabaret.
Der Albumtitel hingegen ist ein Stück über die Idee eines synthetischen Gefängnisses und spielt auf Pattersons Wunsch nach künstlerischer Freiheit und den widersprüchlichen Einsatz von Suchttechnologien an. In der Zeit der Pandemie sieht er es auch als Beispiel für die Überwindung von Widrigkeiten in verzweifelten Zeiten.
Die Bandbreite der Klänge ist elegant und unheimlich zugleich, eher selten abrasiv, und stattdessen eine Art gedämpfte Polsterung für den Alltag, völlig bezaubernd aufgrund des abgespeckten und hypnotisierenden Sounds.
Es ist schon erstaunlich, dass ´Prisyn´ aufgrund einer Anfrage der Couture-Designerin Ashley Rose entstand, als sie Evan Patterson vorschlug, sich mit den „Sargent House“-Labelkollegen CHELSEA WOLFE und Ben Chisholm zusammenzutun, um einen Soundtrack für eine ihrer kommenden Modenschauen zu erstellen. Patterson befand sich noch in einem frühen Stadium einer Tournee und nutzte seine Ausfallzeit im Van, um die Ideen dafür auf seinem Handy zu konkretisieren. “Ich hatte einen Track an Ben gesendet und er hat ihn gleich am nächsten Tag mit zusätzlichen Instrumenten, Sounds und Effekten versehen, wieder zurückgeschickt”, erinnert sich Patterson. “Es war wild. Er schlug vor, dass wir auf diese Weise eine ganze Platte machen.” Ein Album, auf der Straße geschrieben, und voll von seltsam schimmernden Schichten und den verdrehtesten Momenten zeitgenössischer Rock-Musik.
(7,5 Punkte)
(VÖ: 07.08.2020)
