MeilensteineVergessene Juwelen

GARY MOORE – Corridors Of Power

~ 1982 (Virgin) – Stil: Hardrock ~


Das war die Platte, die mich nach einer der unschlagbaren THIN LIZZY-Scheiben (´Black Rose´) und der von mir verzweifelt gesuchten ´Back On The Streets´ (sehr gut, aber viel zu diffus) endgültig zum glühenden Moore-Anhänger werden ließ, bevor die Wandlung zum ´Blues-Gary´ (ich mag Blues eigentlich sehr gerne!) mein Interesse deutlich sinken ließ. Aber Gary Moore wurde irgendwann unglücklich mit Hard und Heavy Rock und fand im Blues seine Bestimmung. Leider hat es ihn dann doch relativ früh mit 58 Jahren erwischt und die Rockwelt hat einen ihrer interessantesten und begabtesten Gitarrenkünstler verloren.

Gary war schon früh vom Blues besessen, insbesondere FLEETWOOD MACs Peter Green hatte es ihm (und damals vielen) angetan. Mit 16 kam er aufgrund von Familienproblemen und der Suche nach einer geeigneten Band von Belfast nach Dublin und landete 1969 bei SKID ROW (unter dem strengen Regiment von Bandleader Brush Shiels), der damals hoffnungsvollsten Irland-Truppe. Insbesondere der junge Sänger Philip Lynott hatte Gary mit seinem Charisma beeindruckt. Philip musste als Sänger dann aber schnell gehen (Mandelprobleme, ausufernde Instrumentalstücke statt Gesang) und gründete THIN LIZZY. Gary ging dann nach zwei Alben auch sehr schnell, er mochte zwar CREAM und Jimi Hendrix, aber fand keinen Sinn darin, bei SKID ROW sämtliche Break- und Gitarrenschnellspielweisenrekorde zu brechen (trotzdem alle SKID ROW-Platten sind empfehlenswert, Gary spielte schon damals unglaublich).

Über eine Soloband, THIN LIZZY-Feuerwehreinsätze und COLOSSEUM II mit Jazz-Rock fand er dann mit Unterstützung von Philip seinen Weg zum Hard und Heavy Rock. Inzwischen von Narben im Gesicht gekennzeichnet (nach einer Kneipenschlägerei mit zwei üblen Typen, die seine damalige Freundin verbal bedrängten), aber auch von der Musikindustrie desillusioniert. Jeder dachte, jetzt hat er mit dem Hard Rock endlich seine Bestimmung gefunden.

 

 

Ja, und ´Corridors Of Power´ ist auch heute noch meine Lieblings-Solo-Veröffentlichung von ihm. Die Gitarre brennt hier wirklich noch, die Songs sind hart, die Balladen sehr stark und gut erträglich. ´Don’t Take Me for A Loser´ ist schon ein starker Opener. Tolle Riffs, starke Soli, eine klare Produktion, tolle Duelle zwischen Gesang und Gitarre. Mit Ian Paice (Superklasse!) und Neil Murray eine wuchtige Rhythmsection. ´Always Gonna Love You´ und ´Falling In Love With You´ sind starke, recht klischeefreie Balladen auf der ersten Seite, ´Wishing Well´ eine sehr gelungene Coverversion des FREE-Klassikers. ´Gonna Break My Heart Again´ typischer 80er Heavy Stuff. Wer meint, die erste Seite wäre schon umwerfend stark gewesen, wird auf Seite 2 durch eine klare Steigerung überrascht. Der Kalte Krieg-Song ´End Of The World´ zeigt Gary schon auf der Höhe damaligen Gitarrenshreddings, ´Rockin’ Every Night´ ist sein Speed Metal-Beitrag (kleiner Scherz), aber mit der fünfminütigen ekstatischen Gitarrenorgie ´Cold Hearted´ ist für mich der Gipfel erreicht. Hier trat Gary spätestens den Beweis an, dass er auch im Hard- und Heavy-Sektor zu den ganz Großen gehörte. Der Song hat ein absolut schweres Riff (plus Ian Paice!) und die Gitarre? Brennt – genau!

Nicht viel schlechter die abschließende achtminütige Power-Ballade ´I Can’t Wait Until Tomorrow´, die auch der auf der nächsten Platte (die auch hervorragende, aber nicht ganz so starke ´Victims Of The Future´) ewigen Vorzeigeballade ´Empty Rooms´ das Wasser reichen kann.

Nachdem er mit ´Run For Cover´ etwas kommerzieller wurde und (durch Philips traurigen Abgang?) mit ´Wild Frontier´ und ´After The War´ die keltische Heavy-Ecke entdeckte, wurde er einmal mehr zum suchenden und schließlich zum ´Blues Gary´ (meine ich wieder nicht despektierlich)…..

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