LORD OF LIGHT – Morningstar
~ 2020 (No Remorse Records) – Stil: Classic Progressive Metal ~
Ich sollte anfangen mit: “Alle Jubeljahre…” – aber das hatten wir schon dreimal bei unserem beliebten Halbjahresrückblick. Also an dieser Stelle ein Dank und ein Hoch den Nerdchats, ohne die man das ein oder andere Juwel übersehen würde. One man, one vision… now it’s YOUR mission! Nicklas Kirkevall sammelte zu eurem Entzücken jahrelang Ideen, die ihn nicht mehr losließen, bis er mit Gitarre und Keyboard bewaffnet den Rundumschlag wagte und seinen Magnum Opus komponierte und letztes Jahr digital veröffentlichte, was die Glückspilze von “No Remorse Records” hellhörig werden ließ. Die Band wird komplettiert durch Alfred Andersson am Bass und Jesper Sunnhagen am Schlagzeug, was auf eine goldene Zukunft in absehbarer Zeit hoffen lässt, denn die 32 Minuten sind leider allzu schnell vorbei. Aber Thrashfreunde beschweren sich ja auch nicht über knackige Vollgasalben und Vollgas gibt der LORD OF LIGHT, wenn auch auf emotionaler Basis statt Knüppel-aus-dem-Sack.
Nun an die Geschütze, liebe Leser, oder besser ausgedrückt: Hier kommt eure neue Melodic-Progressive-Metal Lieblingsscheibe, wenn eigenständige Top-Insider-Acts wie AMARAN’S PLIGHT oder die grandiosen HEART OF CYGNUS euer Steckenpferd sind, ihr nach weiteren, neuen Juwelen sucht, die eure Sammlung nachhaltig bereichern und über die ihr lediglich mit ausgewählten Freaks sinnieren könnt, dann aber Gesprächsstoff für den ganzen Abend habt. So muss ich euch SHADOW GALLERYsten, ADRAMELCHern, SYMPHONY Xlern und MAGELLANisten dringendst den einzig wahren LORD OF LIGHT auf’s Gehör drücken, der euch bisweilen sogar zeigt, wo die schnellen PSYCHOTIC WALTZer aus frühprogressiven Metaltagen geblieben sind, bevor der Heavy Groove die Geschwindigkeit zerschlagen hat. Hier regieren Atmosphäre, Melodien, Harmonien, großes Drama, technische Skills und ein Feeling, eine Präsenz, die ich schon lange nicht mehr…aber lassen wir das.
Schon das eröffnende Instrumental ´Presage´ legt nach kurzem ´Tubular Bells´-Keyoardbeginn alle wohligen Trademarks offen, ´Ballad Of The Righteous´ startet mit QUEENSRYCHE-Harmonien und zerstört alle Ängste, ob der Gesang mit der instrumentalen Klasse mithalten kann. Herrliche Tempowechsel, superbe Soli und packende Gesangslinien lassen diese neuneinhalb Minuten schon zur Kaufentscheidung wachsen. So klingt anspruchsvoller Progmetal, ohne auch nur eine Sekunde lang zu stressen. Wer dann denkt, es geht munter und flott im Uptempo so weiter, bekommt durch das kurze, aber prägnante A Capella-Intermezzo ´History´ eine von nur vielen weiteren folgenden Gänsehautanfällen verpasst. Es folgt das feierliche Anzünden des rhythmisch-gerifften ´Candlelight´ und festlicher wird es mir nicht mal, wenn Weihnachten mit Ostern zusammenfallen würde. Was für eine Hymne.
Diese Lieder bieten alles, was die wertvollsten Schätze aus alten Demo-Zeiten zu eröffnen hatten, bei deren Genuss man damals nur von der Angst beseelt war, dass das Tape irgendwann ohne Vorwarnung von der Hardware gefressen wird. Besonders beim ´Morningstar´ (Jahrhundertsong – beschreiben läuft hier nicht, hören lautet der Befehl, ihr Unwürdigen!) entsteht die nächste dicke Pelle auf der Haut…ein Phänomen, welches sich im progressiven Metal bei mir trotz aller Begeisterungsfähigkeit schon lange nicht mehr eingestellt hat. Dazu im weiteren Verlauf Zentralscreams eines charakteristischen Übersängers ohne jeglichen Nervfaktor, den ein Werk dieser Kategorie einfach braucht und – dem LORD OF LIGHT sei Dank – in Mastermind Nicklas himself auch zu bieten hat. Normalerweise geht nach solch einem Song gar nichts mehr – früher hätte ich sofort zurückgespult. Doch ´Typhoon´ mit seinem Intro ´A Leaden Sky´ begeistert unglaublicherweise alle „Heroes, Saints & Fools“, die auf neue Großtaten von SARACEN hoffen.
Ein Werk ohne auch nur einen Ansatz von abfallender Spannung braucht keine Punktewertung, sondern nur eines: Eure Unterstützung. So klingen in meiner Welt unter dem hell erleuchteten Morgenstern (und auch zu jeder anderen Tages-und Nachtzeit) Klassiker. Meine Verbeugung, höchste Achtung und ein Platz in meiner eigentlich schon vollgestopften Jahres-Top-Ten. Verdammt nochmal! Genau. Nochmal hören!