FALCO – Einzelhaft
~ 1982 (GIG Records) ~
Aus Johann Hölzel musste FALCO werden: “Also, ich glaube, wenn du Hans Hölzel heißt und 1981 im Musik-Geschäft antreten willst, dann kannst du damit keinen Preis gewinnen.”
Als Johann kam er aber am 19. Februar 1957 in Wien zur Welt, als einzig überlebendes Kind einer Drillingsschwangerschaft. Der Vater verließ die Mutter früh. Johann besuchte das Gymnasium, sollte Bürokaufmann lernen, gründete die Band UMSPANNWERK, spielte erst Gitarre und dann Bass. Das Studium am Wiener Musikkonservatorium schmiss er jedoch nach einem Semester hin. Zwischendurch lebte er mit seiner Mutter einige Monate in West-Berlin, nutzte alsbald für sich – nach dem DDR-Skispringer Falko Weißpflog – den Künstlernamen FALCO, trat dem Ersten Wiener Musiktheater und hernach der Anarcho-Kapelle DRAHDIWABERL sowie SPINNING WHEEL bei.
Sein selbst komponiertes Lied ´Ganz Wien´ wurde zum Hit im Undergroud und aufgrund des kontroversen Textes vom österreichischen Rundfunk boykottiert. Alsbald schwatzte er dem Wiener Plattenlabel-Besitzer Markus Spiegel aufgrund dieses kleinen Erfolgs ein Plattenvertrag über drei Alben ab, auch mit einer Beteiligung an den Einnahmen aus Auslandsumsätzen. Gerade dieser Passus sollte ihm in den nächsten Jahrzehnten ein regelmäßiges Einkommen sichern. ´Ganz Wien´ erschien 1981 auf dem Debüt von DRAHDIWABERL, aber auch nochmals 1982 auf FALCOs Solo-Debüt ´Einzelhaft´.
Markus Spiegel suchte für FALCOs Debüt den Musikproduzenten und Soundmixer Robert Ponger aus, der ihm auch die Songs schrieb. Mit den Texten von Falco erzielten sie vorab gleich den ersten Hit.
Die Single ´Der Kommissar´ erschien im November 1981 und erklomm Platz 1 der Charts in Österreich. Die selben Erfolge erzielte das Lied auch in Deutschland, Frankreich und weiteren europäischen Staaten. In den USA kam es auf Platz 72 und in den Disco-Charts auf Platz 1. Nach ´Autobahn´ von Kraftwerk erst der zweite Song mit deutschem Text in den US-Charts. Falco ging sogar für ein halbes Jahr auf Promo-Tour durch die Vereinigten Staaten.
´Einzelhaft´ setzte sich im Nachgang zu diesem Single-Erfolg auch gleich an die Chart-Spitze und verkaufte sich weltweit eine dreiviertel Million Mal.
Obwohl Falco zur Musik seines Debüts nicht viel beigetragen hatte, sah er sie in der Nachfolge der großen Siebzigerjahre Avantgardisten Brian Eno, Robert Fripp, David Bowie oder SOFT MACHINE. “Ich habe so viel Samen gesammelt”, war seine Umschreibung für das musikalische Füllhorn, aus dem er schöpfen konnte, das sich in dieser Form aber erst auf dem Nachfolger ausbreiten sollte.
Immerhin hatte Falco einiges zu sagen. Über Rock’n’Roll, Drogen und Wien, vereint die Stadt nicht ohnehin alle Merkmale. ´Zuviel Hitze´ nimmt sich diesen an. Musikalisch kann alles im New Wave verortet werden, inklusive Synthesizer, aber auch Gitarren mit Schmackes im Soundbild. Das bekannte ´Ganz Wien´ (“Er geht auf der Straßn, sagt net wohin, des Hirn voll Heavy Metal, und seine Leber ist hin”) beschreibt die aufkommende Wiener Drogenszene Anfang der Achtzigerjahre – und Wien reimt sich so schön auf Heroin, Mozambin und Kokain. Selbst der Welthit ´Der Kommissar´ muss in diesem Drogen-Kontext erwähnt werden. Er wird als erster Welterfolg eines Weißen mit einem Rap-Song gewertet. Dass die zeitgleich stattfindende Neue Deutsche Welle große Erfolge feierte, darf dennoch nicht dazu führen, Falco in diese mit einzubeziehen. Obgleich der Titelsong eine gewisse Verwandtschaft zeigt, tanzt bereits ´Hinter uns die Sintflut´ mit Bontempi Orgel anderweitig auf. Um Sex ging es im scheinbar romantischen ´Siebzehn Jahr´. Die Studentenbewegungen 1967 in Westberlin sowie die Jugendunruhen 1982 in Zürich sind das Thema von ´Auf der Flucht´ sowie die Pennäler-Zeiten im Ohrwurm ´Nie mehr Schule´.
Mithilfe von ´Einzelhaft´ besaß Falco von einer Sekunde auf die andere “shit loads of money”.