GREYDON FIELDS – Warbird
~ 2020 (Roll The Bones Records) – Stil: Heavy / Power Metal ~
Herr, lass Hirn regnen. Ich ballere mir nun schon wochenlang parallel zu all diesen brutal geilen Top-Comeback-Alben der letzten Zeit diese bombenstarke Scheibe rein und schaffe es tatsächlich, auf der verzweifelten Suche nach passenden Worten, den Veröffentlichungstermin von letztem Freitag zu verschlafen. Egal, das Konto ist momentan mehr oder weniger gut aufgefrischt, also Kohle klarmachen und ran an die Buletten…oder diese Metal-„Bullets“, wie ich die granatenstarken Stücke hier gerne nennen möchte.
Wer mit einer Hommage an den ´Exciter´ von KISS beginnt, kann eigentlich nichts mehr falsch machen. Wenn dazu das grandiose Cover (wie bei den Vorgängerscheiben von Björn Gooßes / Killustrations) einer Scheibe mich noch an eine Industrial-/ Steampunk-Version meines geliebten Insekts „Uncle Albert“ vom allerersten SAGA-Album erinnert (auch wenn es als JUDAS PRIEST-Hommage gedacht war), dann erst recht nicht. Ich kann euch auch im Folgenden versichern: Es geht beim neuen Output der Essener definitiv überhaupt nichts schief, ganz im Gegenteil. Abermals treffen intelligente Texte auf eigenständigen Metal, der auf breiter Flur ohne irgendwelche direkten Vergleichsmöglichkeiten für sich selbst spricht und tatsächlich noch eine Schippe auf den ohnehin geilen Vorgänger ´Tunguska´ draufsetzt.
Und das will heutzutage was heißen bei einer unglaublichen Veröffentlichungsflut an Top-Outputs, die sich jedoch meist anhand Verweisen auf bekannt-bewährtes beschreiben lassen. Nicht so bei GREYDON FIELDS. Am ehesten würde ich die RISK-Karte zücken, falls die noch jemand kennt. Denn auch die ganz in der geografischen Nähe aus der Asche der kultigen FAITHFUL BREATH um Heinz ”Heimi” Mikus entstiegenen Wittener waren mit erstklassigem, thrashlastigem, melodischem Speed Metal sehr individuell und machten sich über Gott und die Welt um uns herum ihre Gedanken.
Also entleihe ich mir von RISK den wunderbar aktuellen Albentitel ´The Daily Horror News´, der perfekt zu den Gedankengängen von Sänger Volker Mostert passt, der die volle Kraft und ein wenig Klangfarbe von Blacky Lawless (W.A.S.P.), Peavy (RAGE) oder Hansi Kürsch (BLIND GUARDIAN) in der Stimme trägt. Neben realen bzw. möglichen vorstellbaren Horrorszenarien wie wissenschaftlich programmiertem Genozid, Narren als Staatsführer, der Gefahr automatisierter Dronenkriegsführung oder den Verbrechen der organisierten Mafia-Kirche durch die Jahrhunderte stehen auch Film und Literatur Pate bei den Überlegungen um Infiltration und Übernahme durch andere Spezies, der Vernichtung der Welt trotz oder mangels umfassenden Wissens und der Tragödie des Kampfes mit dem eigenen disfunktionalen Gedächtnis in einem Crimeszenario.
Besonders interessant wird es, wenn sich Realität und Fiktion vermischen und einem durch eine Leihmutter ins Leben gebrachte Waisenkind künstliche Erinnerungen eingepflanzt werden…die Replikanten lassen grüßen, die Bladerunner stehen bereit. Doch auch der Party-und Spassfaktor wird zumindest einmal in der Tradition von Hymnen wie RA’S DAWNs ´(We Play) The Music Of The Devil´ gewürdigt, wenn mit ´Rise Of The Underground´ eine Liebeserklärung an die Metalszene geboten wird. Stellvertretend für all diejenigen, unzähligen Bands, die trotz aller Qualitäten einfach ständig übersehen werden und sich den Arsch für eine Handvoll treuer oder interessierter Fans abspielen. An dieser Stelle auch ein Verweis auf das Label von Gitarrist Gregor, der neben seiner Combo auch andere Perlen zu bieten hat.
Tja Kinners, damit den Männern nicht das gleiche Schicksal droht, nun der zweite Versuch, euch die Musik selbst von GREYDON FIELDS näherzubringen. Eigene Hinweise auf ICED EARTH, RAGE oder JAG PANZER treffen zumindest auf die Power, das Können und das Händchen für grandiose Melodien vor knalligem Heavy-Sound zu.
Das Cover stellt eigentlich alles recht gut bildlich dar: Die bombentighte Rhythmussektion Patrick Sondermann (Bass) und Marco Vanga (Drums) befeuern präzise Riffsalven und rotorblattscharfe Soli von Gregor Vogt und servieren euch eine ausgewogene Mischung von flotten Uptemponummern wie ´Death From Within´, ´Keyboard Warrior´ oder ´Warbird´, fette Doublebass-Midtempohymnen (´Empire Of The Fools´, ´Usurpation´, ´Breakdown´) oder riffstarken, metallischen Epen à la ´Breakdown´ oder ´Memento´ – durchgehend aufgelockert mit originellen, abwechslungsreichen Slowdown-Parts.
Um euch davon zu überzeugen, dass der Backkatalog auch was taugt – es handelt sich bereits um den vierten Longplayer – wurde der Klassiker ´Cathedrals´ noch mal neu eingespielt. Das gesamte Waffenarsenal wird dazu von bereits erwähntem Sänger Volker kurssicher auf ein überlegenes Level geflogen.
Lasst einfach das nächste Mal den mittelprächtigen, zehnten Output eurer Mainstreamfaves stehen und macht mal was ganz Verrücktes: Seid mutig und schlagt hier zu. Ihr greift euch möglicherweise eines der originellsten, intelligentesten Metalalben des Jahres. Musik, die süchtig macht.
(9 Kriegsvögel)