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THE SOFT PINK TRUTH – Shall We Go On Sinning So That Grace May Increase?

~ 2020 (Thrill Jockey) – Stil: Electronica/Experimental/Krautrock ~


Drew Daniel mangelt es nie an Konzepten, Erfindungen oder gar wirren Ideen. Als die eine Hälfte von MATMOS hat er bereits 10 offizielle, sowie zusätzlich zahlreiche weitere kollaborative Alben veröffentlicht – alle erweiterten sie die Grenzen der elektronischen Soundverarbeitung um äußerst komplexe Themen, die sich unter anderem mit der US-amerikanischen Geschichte, plastischer Chirurgie, Philosophie oder Queer-Identität befasst haben. Gelegentlich hat er als THE SOFT PINK TRUTH auch offenere Tanzalben gemacht, aber selbst diese sind stark von seinem verdrehten Intellekt durchsponnen, weitere Werke enthielten sogar Anarcho-Punk-Cover-Versionen oder elektronisch umfunktionierten Black Metal.

´Shall We Go On Sinning So That Grace May Increase?’ hingegen besticht nun wieder eindeutig durch Hymnen, Gesänge und Momente, die einen in einen kontemplativen, fast meditativen Zustand wiegen. Hier gibt es keine auffälligen Pannen, keine musikalischen Betongeräusche oder gar kniffligen unregelmäßigen Rhythmen. Alles dreht sich um beständige Impulse, reiche Harmonien, sanfte Synthesizer und nachdenkliche Wellen-Akkorde. Es ist im Wesentlichen ein einzelnes, überlanges Stück mit betörenden House-Rhythmen, die sich stets erheben, in das Ambiente fallen und ein meditativer Raum, der sich allmählich zu einer postklassischen Intensität entwickelt.

Während der ersten Hälfte flirtet das Album noch mit unterschiedlichen Ambient-Sounds, wobei die zuverlässig wiederkehrenden, sich wiederholenden Klavierfiguren eine spirituelle Verbindung zur House-Musik stets aufrechterhalten. In etwa nach der Hälfte zerschmettert Daniel jedoch diese Träumerei mit einer Reihe von Glocken, Jazz-Hörnern und Walloping-Kicks. Der Track ´Sinning´ läutet schließlich ganz sicher den Beginn der chaotischeren, wilderen Hälfte des Albums ein und fungiert gleichzeitig als eine Art Weckruf. Sogar eine Orgel taucht später auf und das später folgende ´Grace´ täuscht erst ein Nachglühen vor, bevor es von einer wilden Vokalschleife weit aufgerissen wird.

´Shall We Go On Sinning So That Grace May Increase?´ weist zahlreiche Einflüsse, von NYC-Komponisten über japanische Deep-House-Produzenten bis hin zu Krautrock auf – aber viel wichtiger ist, dass dieses Album zu seinen eigenen Bedingungen einfach nur bestens funktioniert.

(7,5 Punkte)

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