STEPHEN MALKMUS – Traditional Techniques
~ 2020 (Domino) – Stil: Neo-Folk/Psychedelic ~
Nach dem Ende von PAVEMENT und fast zwei Jahrzehnte nach Beginn seiner Solokarriere, die bereits vor längerer Zeit an Dynamik verloren zu haben schien, hat STEPHEN MALKMUS nun endlich wieder zurück in die Spur gefunden. Nach dem fantastischen Back-to-Form-Album ´Sparkle Hard´ von 2018 (gemeinsam mit der Begleitband THE JICKS) und dem abenteuerlichen Electronica-Solo-Ausflug auf ´Groove Denied´, markiert ´Traditional Techniques´ nun einen weiteren stilistischen Aufbruch und hat sich ganz der Psycho-Folk-Szene der frühen 70er Jahre verschrieben.
Interessanterweise wurde das Album in etwa zur gleichen Zeit wie seine beiden Vorgänger aufgenommen und Gerüchte um ein „geheimes Folk-Album“ hatten in den vergangenen Jahren immer wieder die Runde gemacht. Mit von der Partie sind diesmal unter anderem Multiinstrumentalist Chris Funk von THE DECEMBERISTS, Gitarrist Matt Sweeney, der bereits mit WILL OLDHAM sehr eindrucksvoll kooperierte, sowie der afghanische Rubab-Spieler Qais Essar.
Bereits in den ersten Momenten gibt es einiges zu bestaunen, von den gewundenen und oft kaum vorhandenen Songstrukturen bis hin zu den esoterischen Instrumenten, die in den Mix immer wieder hinein- und herausfließen. Das Ergebnis ist eine Reihe von sanft wandernden, vorwiegend akustischen Songs, die mit vielen cleveren Wendungen aufblitzen, und auch Malkmus’ Texte sind so diskursiv wie eh und je, ob er damit nun der „Flower Power“ huldigt (´Flowin’ Robes´) oder auf ebenfalls eher sarkastische Weise zeitgenössischere Bezugspunkte berührt. Die direkteren Songs funktionieren dabei klar am besten, allem voran das schwelende ´Shadowbanned´ oder der kontrastierend sorglose Bonustrack ´Juliefuckingette´, denn es gibt auch im Hinterland des Albums einiges zu genießen.
Malkmus taucht auf ´Traditional Techniques´ größtenteils zurück in die volkstümlicheren, zugleich aber auch proggigeren Neigungen von ´Pig Lib´ aus dem Jahr 2003 und das VELVET UNDERGROUND-Getuckere mit den schroffen Harmonien des Mitverschwörers Matt Sweeney verhelfen ´Xian Man´ zu einem unbestrittenen Höhepunkt im bisherigen Schaffen des Meisters. Das sind zweifellos Gefühle, die er mit seiner langjährigen Stammband (aka PAVEMENT) kaum zu vermitteln vermochte.
Es ist jedenfalls eine Freude zu sehen, dass Malkmus so bereitwillig jedem Gefühl der Erwartung trotzt, das die Welt an ihn gestellt hatte. ´Sparkle Hard´ war eine aufregende Rückkehr zu dem, was er im Verbund mit THE JICKS am besten zu leisten vermag und ´Groove Denied´ diente als überzeugendes Experiment im Verbiegen von Schaltkreisen. ´Traditional Techniques´ hingegen ist ein Album, das völlig aus der Zeit geraten ist – eine Folk-Platte über die Gegenwart, die eine der zukunftssichersten seiner Karriere sein könnte.
(7,5 Punkte)