BONFIRE – Fistful Of Fire
~ 2020 (AFM) – Stil: Hardrock ~
Das ist schon ungerecht. Nach dem spannend fesselnden Intro ´The Joker´, nein, kein Zusammenhang mit dem Film, startet das aktuelle Album der Ingolstädter Traditions-Rocker BONFIRE mit ´Gotta Get Away´ und landet auf GOTTHARDschem Terrain. Gut, beide beackern das gleiche Gelände, doch BONFIRE existierten früher. Es tut auch keinen Abbruch an der Qualität des Songs. Der hat alles, was er braucht, ein fettes Riff, ein starker Chorus. Nur der Pre-Chorus scheint für Sänger Alexx Stahl fast zu hoch zu sein. Dennoch ist ungerecht, das einzige Stück des Albums, das ein wenig an eine andere Band erinnert, steht halt ganz am Anfang.
Der Verfasser hat im letzten Jahr mehrere Begegnungen mit Hans Ziller und Co. gehabt und sich immer mehr zum Fan entwickelt. Wieder. Und da schlägt ´Fistful Of Fire´ in die richtige Kerbe. Es sieht so aus, dass ein Liebhaber dieser Truppe möglicherweise mit feuchten Höschen Probleme haben könnte.
Weiter geht es mit dem flotten ´The Devil Made Me Do It´. Schon der Schrei zu Beginn zeigt, mit Alexx steht der richtige Mann am Mikrophon und schon beim zweiten Song kann festgehalten werden, BONFIRE sind (wieder) da angekommen, wo jeder gern ist. Ganz bei sich selber. Das ist an vielen Dingen festzumachen. Wir finden Songwriting ohne Firlefanz, ohne Anbiedern an den Zeitgeist, ohne Trends hinterher zu hecheln. Im Mittelpunkt steht der pure Rocksong, dazu braucht es keine Elektro-Beats und kein Hip Hop-Gedöns. Ein rappender Alexx Stahl ist eh kaum vorstellbar. Gefühlt wollen sich die Ingolstädter von ihrem immer noch vorhandenen Balladen-Image lösen. Mit der jetzigen Besetzung, der besten, die man sich vorstellen kann, könnte da einiges gelingen.
´Ride The Blade´kommt überraschend hart daher. Starkes Teil! Es folgt, sehr früh an dieser Stelle, mit ´When An Old Man Cries´ die Powerballade des Albums. Auch ein feines Stück, aber BONFIRE wollen rocken. Und lassen die ´Rock ‘n’ Roll Survivors´ von der Leine. ´Fire And Ice´ legt dann noch eine Schüppe drauf, und wirkt schon fast metallisch. Nach ´Warrior´folgt mit ´Fire Etude´ eine kleine MALMSTEEN-Hommage. ´Breaking Out´ prescht in hoher Geschwindigkeit dahin. Der Titelsong ist eine fette und dramatische Midtemponummer. ´The Surge´ ist ein kleines, kinotaugliches Intro und eröffnet den offiziellen Abschluss `Gloryland´. Ja, da wird die Speedkeule noch einmal geschwungen.
Über den Sinn oder Unsinn von Akustikversionen als Bonustracks kann gestritten werden, hier ´When An Old Man Cries´. ´Fistful Of Fire´ ist eigentlich lang genug und hätte solches nicht benötigt. Auch ohne diese Zugabe ist es ein gutes und rundes Album, ohne Stinker, ohne Füllmaterial. Wenn die Besetzung jetzt einigermaßen stabil bleibt, kann es für BONFIRE noch einmal richtig bergauf gehen. Es ist zu hoffen, dass die Jungs sich wieder in der Spitzengruppe des deutschen Hard Rock etablieren könnten. ´Fistful Of Fire´ ist sicher die beste Scheiblette seit ´Point Blank´und ´Fire Works´ und macht den kreativen Ausfall von ´Legends´ ganz sicher wett. Und dafür gibt es flammende 8 Punkte.
Mario Wolski
Die Zeiten ändern sich, doch BONFIRE bleiben. Ihnen blieb aber auch bislang ein ständiges, sich drehendes Besetzungskarussell erhalten. Wer sich nach den Erfolgsalben ´Fireworks´ (1987) und ´Point Blank´ (1989) den ´Knock Out´ (1991) selbst gegeben hat, denkt bis heute an das Gespann Lessmann/Ziller zurück, doch Sänger Claus Lessmann steht nach den ewigen Rein- und Raus-Spielchen bereits eine halbe Dekade lang im Abseits und sogar Urgestein/Gitarrist Hans Ziller nahm sich Anfang der Neunzigerjahre eine Auszeit.
Überraschender Weise ist die Mannschaftsaufstellung seit dem 2017er Scheibchen fast stabil und liefert sein drittes, gemeinsames Studioalbum ab. Natürlich mit Hans Ziller an der Gitarre, seinem kongenialen Sidekick Frank Pané sowie Alexx Stahl am Gesang. Dabei geht die Mannschaft tatsächlich härter und zielstrebiger als zuvor vor: „Angedeutet hat sich diese Entwicklung bereits beim letzten Mal“, erzählt Hans Ziller. „Diesmal sind wir jedoch noch entschlossener und konsequenter vorgegangen. Ich war immer schon der harte Bursche bei BONFIRE, konnte früher meine Vorstellungen aber mitunter nicht wie gewünscht umsetzen. Letztlich wissen wir bereits seit unserer Tour mit JUDAS PRIEST, dass Härte in Verbindung mit großen Melodien perfekt zu BONFIRE passen.“ Für den erhofften Krach hinter der Schießbude sorgt jedenfalls Neuzugang André Hilgers, der von AXXIS, RAGE, SINNER oder SILENT FORCE bekannt sein sollte, und den Rhythmus mit Bassist Ronnie Parkes vorgibt.
Ganz so hart wie bei JUDAS PRIEST wird es selbstverständlich nicht. Wer allerdings so manche Entwicklung im Hause AXXIS beobachtet hat, kann diese ebenso auf BONFIRE übertragen. Gerade der gern in die Höhe schießende Gesang von Alexx Stahl lässt vielfach Verwandtschaften zu AXXIS und Sänger Bernhard Weiß aufkommen.
Mit dem einstigen Opener ´Ready 4 Reaction´ von ´Fireworks´ wandelten BONFIRE damals fast auf den zeitgemäßen Pfaden von DEF LEPPARD, holten sich dereinst für ein paar Songs sogar US-Songwriter mit ins Boot. Aktuell hält sich ´Gotta Get Away´ eher auf gediegenen, traditionellen Pfaden, die auch GOTTHARD beackern. Harter Heavy Rock und Hardrock ist folglich 2020 das Fachgebiet von BONFIRE. Ein ´Rock’n’Roll Survivors´ gießt diesen Sound obendrein als Selbstbildnis in Musik.
Bisweilen scheinen gleichwohl die besonders eingängigen Melodien, von etwa einem der Highlights namens ´Warrior´, bereits bekannt zu sein, sei es aus dem eigenen Repertoire oder dem fremden. Dagegen versucht sich ´The Devil Made Me Do´ an einer, mit Synthesizern unterlegten Hymne wie sie früher gerne geschrieben wurde. Das drückende ´Ride The Blade´ aktualisiert den Rock-/Metal-Sound von BONFIRE. Die klassische Ballade hört auf den Namen ´When An Old Man Cries´. Richtig flott wird es mit ´Breaking Out´ sowie dem finalen ´Gloryland´, wobei die Vinyl-Version dagegen von ´Fistful Of Fire´ abgeschlossen wird, einem Song über die Unvernunft der Menschheit und ihren Umgang mit Mutter Natur.
Zu einer nostalgischen Spaßgesellschaft sind BONFIRE also keinesfalls mutiert. Das Freudenfeuer brennt auch künftig. Gewiss nicht als sei 1987.
(7,5 Punkte)
Michael Haifl
(VÖ: 3.4.2020)
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