HELEN MONEY – Atomic
~ 2020 (Thrill Jockey) – Stil: Experimental/Post-Rock ~
Alison Chesley alias HELEN MONEY gilt als eine der einzigartigsten und vielseitigsten Cellistinnen unserer Zeit. Sie hatte eine klassische Ausbildung, kooperiert sowohl in New Music- als auch in Metal-Kreisen schon von jeher höchst eindrucksvoll, arbeitete unter anderem mit Jason Roeder (SLEEP / NEUROSIS), ANTHRAX und DISTURBED zusammen und tourte ausgiebig mit SHELLAC, RUSSIAN CIRCLES, BOB MOULD und zuletzt EARTH. Eine brütende Cello-Meisterin, die ihre Palette immer wieder abstreift und somit Raum für weitere Erkundungen schafft.
Ihr nunmehr fünftes Soloalbum ´Atomic´ ist deutlich expansiver und auch wesentlich direkter als ihre vorherigen Veröffentlichungen. Wie schon auf ´Become Zero´ von 2016 verwendet die Wahl-Chicagoerin erneut mehrspurige, digitale Aufnahmen und bezieht Elektronik und ein abenteuerliches Sounddesign in ihre Arbeit ein, diesmal mit modularen Synthesizer-Texturen. Die elektronischen Verbesserungen verleihen ihrem Cello einen verträumten, überirdischen Glanz und lassen es so klingen, als würde ein Orchester von Geistern ihre Aufführung begleiten.
Ob nun gebeugt oder gezupft, ihr Instrument verwebt einen verschleierten, düsteren Pfad, der die Spannung mit subtiler Elektronik und knisternden Verzerrungen verstärkt. Die explosiven Passagen strotzen nur so vor elektrisierender Körperlichkeit, und man spürt dabei geradezu, wie sich ihre Saiten im Takt jedes markanten, verhängnisvollen Riffs immerfort drehen und wenden.
So tief und detailliert die Produktion auch ist, sie maskiert keineswegs die rohe Kraft der Kompositionen oder der akustischen Instrumentierung. Die Stücke fühlen sich wie Bestandteile eines Soundtracks an, sind durchweg spannungsgeladen und erschaffen dampfende Umgebungsatmosphären voller Intensität. Brütende Saiten rühren sich in der Nachtluft, manchmal schwingen sie unheilvoll mit und verdoppeln sich in ihren Ausbrüchen.
Mit ´Atomic´ gelingt Chesley ein weiterer, gewagter Sprung in Sachen Songwriting und es ist ihre bisher intimste, direkteste und emotional nackteste Arbeit, die die Extreme ihres Outputs weiterhin verschiebt. Minimalistisch, wolkenverhangen und unendlich ausdrucksstark ist es der Klang einer kühnen Künstlerin, die ihr bislang aussagekräftigstes Statement macht.
(7,5 Punkte)