Livehaftig

ROXXCALIBUR, JAMESON RAID

~ 29.02.2020, Mannheim, 7er Club ~


Die Nachrichten der letzten Tage können einem schon Sorgenfalten ins Gesicht falten. In Berlin wird die Internationale Tourismusbörse abgesagt, selbiges geschieht mit dem Genfer Autosalon. Fluggesellschaften fliegen bestimmte Ziele nicht mehr an. Ganze Hotels und Kreuzfahrtschiffe stehen unter Quarantäne. Desinfektionsmittel sind aktuell die teuersten Duftstoffe und Mundschutzmasken sind ausverkauft. Bands, die momentan auf Tour sind, sind teilweise in Sorge. Was, wenn sie irgendwo in Quarantäne kommen, oder ein Reiseverbot ausgesprochen wird? Auch auf Veranstalterseite ist man besorgt. Stefan Schiemer, mit Rockline Promotion örtlicher Veranstalter, fürchtet vor allem die finanziellen Folgen durch die reihenweise Absage von Veranstaltungen. Eine erste gebuchte Band hängt schon in Italien fest. Trotzdem lassen wir uns nicht von der Hysterie anstecken und die Laune vermiesen.

Der Club ist nicht ganz voll, aber vor der Bühne schon ordentlich eng. Alle warten auf die Zeitreise, zurück an den Anfang der 80er im Vereinigten Königreich. Schon im letzten Jahr waren sie einmal hier, JAMESON RAID. Eigentlich ist das nur noch Originalsänger Terry Dark, verstärkt um Luud Tilly am Bass und die hiesigen Szene-Urgesteine Kalli Coldsmith, als Gitarrist auch bekannt von MASTERS OF DISGUISE, die leider grade etwas auf Eis liegen, und Drummer Neudi. Da diese beiden über die letzten Jahre sich einen hervorragenden Ruf als Kenner der Materie erarbeitet haben (nicht nur mit ROXXCALIBUR), sind sie genau die richtigen Kandidaten, lang vergessen geglaubte Songs wieder in Erinnerung zu rufen.

Da die erste Phase von JAMESON RAID sehr früh begann, ist die stilistische Breite sehr hoch. Songs wie ´The Hypnotist´ stecken knietief im Bluesrock. Dagegen ist eine Nummer wie ´Gettin Hotter´schon fast im Speed Metal daheim. Kompetente Musiker spielen feine Musik, wie geil ist das denn. Leider gibt es kleine Probleme mit dem Bassverstärker. Sonst macht die Chose mächtig Laune. JAMESON RAID wirken auch noch eingespielter als im letzten Jahr. So bejubeln alle Anwesenden Höhepunkte wie das epische ´Catcher In The Rye´ oder den Überhit ´Seven Days Of Splendor´.

Die Umbaupause fällt verhältnismäßig kurz aus. Ist auch klar, Kalli und Neudi machen ja gleich einfach weiter, wo eben aufgehört wurde. Neben Alexx Stahl werden sie verstärkt durch Holger Ziegler an der zweiten Gitarre und Mario Lang am Bass. Letzterer ist ja einigen auch als Konzertfotograf bekannt. Auf unseren Seiten waren auch schon Bilder von ihm zu sehen. Und Holger habe ich als halb-verrückten Plattensammler kennen gelernt.

Und nun stehen sie wieder zusammen auf der Bühne, erstmals seit fünf Jahren. Von der langen Pause ist nichts zu bemerken. Alles passt zusammen, es groovt an allen Ecken und Enden. Auch hier gibt es Probleme am Bass, also wird der Sender gegen ein Kabel getauscht und gut ist. Weitere Störungen sind nicht zu finden. Gut, Alexx verrutscht auf der Setlist, im Publikum findet sich aber ein guter Souffleur, der den Sänger und den Spickzettel im Auge behält. Und diese Liste ist lang. Nicht weniger als 21 Songs sind darauf zu finden, plus… Nein, das muss noch warten.

Mit JJ’S POWERHOUSEs ´Running For The Line´ wird das Set gestartet. Und danach kommt es Schlag auf Schlag, alle drei Tribute-Alben werden berücksichtigt. Von der ´Muthas´-Scheibe folgt stante pede ´Gates Of Gehenna´, die ´Lords´ darf etwa den ´Atomic Rock´beisteuern, von den ´Gems´ gibt es einige persönliche Favoriten, leider nicht alle. Auch Songs, die so bekannt sind, dass ROXXCALIBUR sie nicht einmal auf einem Album verewigten, fehlen nicht. Was wäre ein NWoBHM-Abend ohne ´Blitzkrieg´ oder ´Helpless´? MAIDENs ´22 Acacia Avenue´ empfinde ich eher als Überraschung, da würde ich eher Songs aus der DiAnno-Phase erwarten.

Die Ansage, dass ein neues, viertes Album in Planung ist, wird unterstrichen mit weiteren Stücken, die noch nicht verewigt wurden. Das sind etwa VARDIS ´If I Were King´, ´Helpless´ oder DEMONs ´Don’t Break The Circle´. Oh, ja, wenn ich sage, ich habe Songs vermisst, Songs wie ´Panzer Division Destroyed´von BUDGIE oder den FIST-Classic ´Name, Rank & Serial Number´, dann ist das Jammern auf allerhöchstem Niveau. Dafür gibt es nämlich ´Witchfinder General´ oder MARQUIS DE SADEs ´Somewhere Up In The Mountains´.

Mit ´See You In Hell´ im Original von GRIM REAPER und SAXONs ´Princess Of The Night´ geht die Stimmung letztlich in Richtung Siedepunkt. Endgültiges Überkochen ist angesagt, als Terry Dark und Luud Tilly zum Abschluss noch einmal die Bühne entern. So intonieren alle gemeinsam noch einmal ´Seven Days Of Splendor´. Terry und Alexx im Duett, darauf hofften sicher einige Besucher, aber dass es tatsächlich in Erfüllung geht!

Da bleibt nur zu sagen: F**k Corona! Heute haben wir es dem Virus gezeigt. Das beste Mittel gegen schlechte Nachrichten ist immer noch gute Musik. Und das wird immer so bleiben.

Ein Schlusswort sei mir gestattet. Mit den eher weniger bekannten Seiten der NWoBHM beschäftige ich mich erst wegen ROXXCALIBUR. Das haben nicht METALLICA geschafft, nein, erst durch die drei CDs der (nicht nur) Hessen bin ich auf so manche Preziöse gestoßen. Und dass sie sich nicht aufgelöst haben, und uns vielleicht noch ein wenig erfreuen, das macht mich doch sehr zufrieden.

 

 

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