WOLF – Feeding The Machine
2020 (Century Media) – Stil: Heavy Metal ~
März 2020, es ist Zeit für ein kleines Wolfsrudel.
Ein Rudel ist eine Familie, eine kleine Gemeinschaft, wie die Heavy Metal-Gemeinde. Zur Veröffentlichung des neuen Werkes der Schweden WOLF schließen wir uns wieder als Rudel zusammen und haben mehr als nur zwei Kritiken im Körbchen. Also lauscht dem Geheule von Mario, mir und Less:
Der Name WOLF fällt und das ganze Rudel ruft nach einem Rudel-Review. Das war doch eben erst. Egal, zumindest anhören kann ich mir das Teil, das das Kollegium so in Begeisterung versetzt. Und verfalle selbst in einen Zustand, der dem nahe kommt.
Liebe Freunde, ich habe einen Vorteil. Klar, ich weiß von der Existenz dieser Band. Die Unkenntniss des Backkatalogs verschafft mir allerdings ein freieres Hörvergnügen. Kein Einsortieren im bisherigen Bandschaffen, einfach purer Genuss. Komplett kontextfrei.
Was ´Feeding The Machine´ so erfreulich macht, sei kurz an ´The Raven´ erläutert. Dieser Song beinhaltet im Kleinen schon alle Ingredienzen, die der WOLF auch im Großen verwendet. Kurzweil und Abwechslung im Songwriting, geht man rhythmisch variabel zur Sache, ohne dabei proggig intellektuell rüberzukommen. Genannter Song bekommt sogar eine leicht thrashige Note. Dadurch fühle ich mich hier, und immer wieder, streckenweise an Klassiker von MERCYFUL FATE mit normalem Gesang erinnert.
Dazu kommt eine gewisse unkommerzielle Eingängigkeit, so dass METALLICAs Schwarzes Album von der Ferne winkt. Das gelingt ohne Anbiederung an irgendwelchen Zeitgeist, ohne Folgen irgendwelcher Trends. Damit rennen WOLF mindestens bei mir offene Scheunentore ein. Und jetzt, wo die Maschine Gehirn angefüttert ist, muss ich mich wohl über den Backkatalog hermachen.
(8 rabenschwarze Punkte – Mario Wolski)
Another war, another speech, another lie / Another suicide / Another prosper, while another million die / Another billion in the bank (´Guillotine´)
Obwohl WOLF, ebenso wie viele Mitstreiter der NWoTHM, oft an ihren eigenen Ansprüchen, den echten Legenden auf den Fuß zu folgen, scheitern, auf Dauer keine gleichbleibende Qualität abliefern können und somit in der Außendarstellung reichlich überbewertet sind, schaffen es die Schweden jedes Mal aufs Neue den Echtmetaller auf ihre Fährte zu locken.
Selbstredend schöpfen WOLF abermals auf ihrem achten Album, vor dem das einzige, verbliebene Urmitglied, Sänger/Gitarrist Niklas Stålvind, die Positionen an Bass (Pontus Egberg, u.a. DARK ILLUSION, KING DIAMOND, TREAT, LION’S SHARE) und Schlagzeug (Johan Koleberg, u.a. HAMMERFALL, THERION, LION’S SHARE) neu besetzen musste, die Essenz ihrer Vorbilder JUDAS PRIEST, IRON MAIDEN, ACCEPT und KING DIAMOND aus – und servieren zwölf mundgerechte Kompositionen.
Die Songs treffen zumeist ohne irgendeinen Schnörkel zielgerichtet auf den geschmackssicheren Metal-Nerv. Dennoch ist es eine Kunst, einen im Groove fast tanzbaren Song im ACCEPT-Style wie ´Midnight Hour´ abzuliefern. Aber auch in ´Guillotine´ und ´Dead Man’s Hand´ tönen die Schweden teutonischer als es ihnen recht sein kann. Getragener treffen ´The Cold Emptiness´ oder ´Black Widow´ auf die wartenden Gefühlsknospen.
Ohnehin verlieren WOLF im Laufe des Werkes diesen anfänglich unbesiegbaren Drang und lassen schlichtweg in der Konsistenz und aller Konsequenz nach. Denn am zupackendsten agiert das Quintett gerade bei ´Shoot To Kill´ oder ´Devil In The Flesh´. Das Cover-Artwork hält zumindest die Qualität und lag in den bewährten Händen von Thomas Holm.
(8 äußerst wackelige Punkte – Michael Haifl)
Let’s make it clear: I don’t believe in God / And I deny the holy ghost / Your bloodstained rituals and crucifix / Are useless (´Shoot To Kill´)
Es ist beruhigend, dass es reine Heavy Metal-Bands gibt, die einfach eine Bank sind und mit weiterhin frischem Esprit den alten Banger von der Gartenbank holen. Dazu gehören ohne Zweifel die Schweden mit ihrem bereits achten Album seit 1999 nach sechs Jahren Pause. Verstärkt werden Urgestein, Sänger und Gitarrist Niklas “Viper” Stålvind neben dem seit dem Vorgängeralbum ´Devil Seed´ aktiven zweiten Gitarristen Simon Johansson durch Pontus Egberg am Bass und Johan Koleberg an der Schießbude.
Nach dieser Runderneuerung überrascht es nicht, dass das Kaliber von Opener ´ Shoot To Kill´ – wie der Name nicht treffender nahelegen könnte – schon direkt auf die Fresse zielt. Ich sehe mich bereits vor meinem inneren Auge mit weit ausgestreckten Armen bei nächster Gelegenheit „Higher…aim higher“ skandieren. Was für ein wilder Tanz! Ebenso wird das Auslösen der folgenden ´Guillotine´ demnächst Köpfe nicht sauber abtrennen, sondern einfach abreißen, auf dass diese mit einem Lachen über den Boden rollen und sich noch an den starken Gitarrenmelodien erfreuen.
Stampfend zeigt die ´Dead Man’s Hand´ in Richtung fliegendem Holländer…ja, dieser Song würde unserer Jutta und ihrer VELVET VIPER auch gut zu Gesichte stehen. In der ´Midnight Hour´ möchte ich dagegen lieber…singen! „Nightmares!“…dürfte dieser fette Riffer bei keinem Metalhead verursachen, sondern eher süße Träume von goldenen Zeiten und ACCEPT. Die ´Mass Confusion´ rollt unerbittlich wie ein Panzer vorwärts und spätestens jetzt wird mir wieder mal bewusst, dass die Stimme von Niklas die Gemeinde spalten wird, ich selbst bin weiterhin am Frohlocken und gebe mich ihr bedingungslos hin, wie auch dem Wirbelwind ´The Cold Emptiness´ mit ihren raffinierten, instrumentalen Nuancen.
Der Titeltrack knallt galoppelnd wie Sau, überrascht gar mit leicht progressiven Instrumentalspielchen und ich denke mitfühlend an meine alten Faves METAL CHURCH, die sich warm anziehen sollten und ihrem aktuellen Songwriting bitte das nächste Mal bitte noch eine ´Ton Of Bricks´ drauflegen, nachdem sie speziell diesen Song analysiert haben. ´Devil In The Flesh´ ist zwar ein eher unspektakulärer Flottriffer, macht aber einfach Spaß, bevor Uri Geller (googeln, Youngsters!) seine Hymne ´Spoon Bender´ bekommt und dabei zum fiesen PRIESTer mutiert.
Wenn der WOLF danach ´The Raven´ besingt, dann wird’s außergewöhnlich…geil! Für alle, die den Schweden keine abgefahrenen Psycho-Überraschungen mehr zutrauen. Mit der ´Black Widow´ falle ich erst so richtig ab dem Instrumentalteil in Love, dagegen kann ´A Thief Inside´ nach zeitbombentickenden Strophen sogar mit einem Mittelpart überzeugen, den ich bei METAL CURCH heuer mit der Lupe suchen muss. Dazu noch eine Kappe Düsternis – so viel Drama hätte ich den Jungs bei aller Liebe und bereits jetzt schon erfüllten Erwartungen nicht zugetraut. Da hamm’wa doch den Übersong, der die Scheibe nochmal um 0,5 anhebt. Bravo.
Nun oute ich mich mal vor dem finalen Punktekärtchenzücken diesbezüglich, dass gerade der Vorgänger ´Devil Seed´ zu meinen absoluten Favoriten der WOLF-Discografie zählt. Die einzige Frage, die sich mir bei einem Sofortzünder der Marke ´Feeding The Machine´ stellt, ist somit die nach dem Langzeitspaßfaktor – inwiefern nutzt sich das Material bei häufigem Genuss ab? Die Antwort lieferten unzählige Durchgänge: Gar nicht – oder ihr seid nicht Metal. In der Sparte für mich fast ein Highlight wie letztes Jahr TRAVELER oder TWISTED TOWER DIRE.
(8,5 durch die Nacht heulende Wölfe – Less Leßmeister)
She’s a hunter in high heels / Your mistress and doom / She’s a modern black widow / Playing you for a fool (´Black Widow´)
https://www.facebook.com/officialwolf/
(VÖ: 13.3.2020)