WREKMEISTER HARMONIES – We Love To Look At The Carnage
~ 2020 (Thrill Jockey) – Stil: Post-Rock / Experimental / Drone ~
Seit ihrer Gründung 2007 haben sich WREKMEISTER HARMONIES von einem mehrköpfigen Avantgarde-Metal-Kollektiv, das monströse Drone-Symphonien produzierte, zu einer zurückhaltenden, verstärkt auf Lyrik ausgerichteten Doom-Folk-Einheit entwickelt, die inzwischen hauptsächlich aus dem Gründer JR Robinson und der Musikerin/Sängerin Esther Shaw besteht. ´The Alone Rush´ von 2018 war die bislang direkteste Aussage dieses neu gestalteten Projekts und enthielt krasse, erschütternde Texte über Blindheit und Isolation, da sowohl Shaw als auch Robinson nach persönlichen Tragödien in tiefer Trauer verharrten. Das nun vorliegende Nachfolgealbum ist ähnlich grimmig und voll von Bedrücktheit, gleichzeitig jedoch auch hoffnungsvoll, vor allem aber reich an Leidenschaft.
Was WREKMEISTER HARMONIES nun bereits seit mehr als zehn Jahren tun, ist ebenso die Weiterentwicklung eines seltsamen Charmes von Indie-Rock wie eine durchdachte Verschmelzung von Post Metal, Drone und Doom. Das neue Album bietet insofern wiederum eine packende emotionale Anziehungskraft, geschickt gereimte Texte und eine vielseitige Auswahl an eingesetzten Instrumenten. Als Gastmusiker wirken unter anderem Thor Harris (SWANS) und Jamie Stewart (XIU XIU) mit, die jeweils ihre eigenen Elemente zum Soundmix beisteuern.
Klangästhetisch bedeutet das zwar immer noch „so viele Metal-Elemente wie nur möglich“, diese werden jedoch auf eine kunstvolle, geradezu exzentrische Weise eingebracht, und auch deutlich weichere Texturen wie Violine, helles Glockenspiel, Synthie-Orchester und sanft gezupfte Gitarre finden ihren Zugang. Die Arrangements sind gleichzeitig minimal und resonant, gespickt mit glänzenden Keyboards sowie Shaws wunderschönem Geigenspiel, das in der sanften, gleichmäßigen Percussion von Thor Harris seine Begleitung findet. Robinsons verzerrte Bassgitarre fügt zudem in einigen Schlüsselmomenten einen packenden Spannungsbogen hinzu, wird jedoch immer noch auf eine Weise angewendet, die eher beruhigend denn erstickend wirkt. Jamie Stewarts teils surrende, teils klirrende Elektronik überlagert diesen Mix zudem zwar lediglich subtil, jedoch auf beeindruckende Weise.
All die unterschiedlichen Elemente werden zu komplexen Arrangements zusammengeführt, die zwar als einzelne Songs für sich alleine bereits erfolgreich sind, aber erst gemeinsam eine emotionale Reise aus einer Vielzahl von Gefühlen herausarbeiten: Unwillige Klarheit, mürrische Selbstreflexion und Sehnsucht werden zu Melodie und Spiel als Teil dieser klanglichen Odyssee.
´We Love To Look At The Carnage´ ist lebendig und provokativ, zugleich jedoch auch emotional verheerend, und spricht in erster Linie für die Kraft der Beharrlichkeit. Ein wunderschönes Wrack, das selbst in seiner dunkelsten Form eine wahre Freude ist.
(7,5 Punkte)