DEAD KOSMONAUT – Gravitas
~ 2020(High Roller Records / Soulfood) – Stil: Mystisch-Epischer Hard Rock ~
Was sich schon auf der letztjährigen EP abzeichnete, bestätigt der zweite Longplayer der Schweden DEAD KOSMONAUT: Ein Monster von Album kommt auf euch zu! Irgendwo zwischen Hard Rock und Metal, den unser großer DIO bestimmt gemocht hätte, spielen diese acht Kompositionen zwischen eineinhalb und elfeinhalb Minuten. Etwas rauer und natürlich ganz eigen, doch manchmal schon an Andy Kuntz von VANDEN PLAS erinnert Pelle Gustafsson (NIFELHEIM), der es schafft, den Hörer wie ein staunendes Kind mitzureißen.
Schon der Opener ´Black Tongue Tar´ hebt das schillernde Plakat hoch in die Lüfte, auf dem in großen Lettern prangt: „KLASSISCHER MYSTIC-HARDROCK MIT SCHWEINEGEILEM SÄNGER!“. Doch untenrum donnert die Doublebass und tritt dem RAINBOW-würdigen Epikrocker zusätzlich kräftig in den Arsch.
Depression – pushing me downwards – It’s getting hard to breathe
Alone – I carry the secret – legions all around
…
Tears – I cry on the inside – tears I never show
Dreams – are burdens and nightmares – I must stay awake
Eine volle Breitseite klassischen, druckvoll-galoppierenden Retrorocks feuert ´Iscariots Dream´ auf die versammelte Gemeinde ab – inklusive starken Gitarrenfummelsolos und gesanglicher Höchstleistungen von Pelle, bis die ASTRAL DOORS aus den Scharnieren klappen. Zur Entspannung der Nackenmuskulatur und als Köder für die URIAH HEEP und BLACK SABBATH (Tony Martin-Ära) Uptempofreaks dient das mächtige ´Vanitatis Profeta´ und hält auch hier einen höllisch dunkel-emotionalen Part bereit, die Botschaft dazu birgt allwissend die düstere Gewissheit:
No grand almighty deity gives a shit about you and me
No master mind behind its will – just a trick of the mind, a naive thrill
The forces you possess to hold it’s a fairytale that you´ve been told
No matter what you swear to believe – a self deception, nothing to receive
Flott geht’s auch weiter mit ´The Spirit Divide´, welches alle zu Unrecht eingeschlossenen, eisernen Jungfrauen befreit und einen Refrain auffährt, der einen Hoffnungsschimmer hinter den Rainbow im Himmel malt und Hitpotential birgt. Ein wunderbarer `Rime Of The Ancient Mariner`-Basspart von Bandgründer und Mastermind Mattias Reinholdsson eröffnet für die Virtuositätenschau des Gitarrenduos Fredrik Folkare und Pär Fransson. Wer da nicht schon bereits aus voller Überzeugung das Vinyl bestellt hat, dem empfehle ich Nummer eins der beiden 11 ½ – minütigen Kernstücke, die auch die Progrockfraktion ins helle Tageslicht locken sollten.
Nicht ´Heaven Or Hell´ sondern ´Hell / Heaven´ heißt dieses emotionale Wunderwerk an zeitgenössischer Liedkunst, was für sich betrachtet nicht weniger ist, als ein Jahrhundertsong, ein Klassiker. Hier werden die Ärmel hochgekrempelt und nach sentimentalem, aber famosen Kuscheln gewaltig die Muskeln gezeigt mit einem sich ständig steigernden Longtrack-Knaller voll wunderschöner Gitarrenakrobatik; um nicht zu sagen, einem der geilsten “singenden” Gitarrensongs der letzten Jahre. Die Auflösung dieses Übertracks übernimmt abermals Pelle, der Glücksgriff am Mikro.
The politician so corrupt
The businessman feeding on the poor
The warlord forcing kids to kill
The faceless ones spitting hate
Hell is right there
…
Why, why…was this life promised just a lie
Try, try…was the end not what we saw
Run, hide…cold and black inside her walls
Here, now…fear and death they greet us all
Geht euch jetzt schnell ein Bier holen, oder was ihr sonst so raucht zur kompletten musikalischen Bewusstseinsöffnung, denn eine weitere Gelegenheit lassen euch die Schweden nicht: Nach zwei kurzen, Stimmung und Spannung aufbauenden Stücklein folgte der nächste große Coup. Abermals 11 1/2 Minuten lang fordern DEAD KOSMONAUT eure Aufmerksamkeit, wenn sie euch in den unendlichsten Weiten des epischen Hardrocks schweben lassen. Der eine, wahre, mystische (dunkel-) Hard Rock Gott scheint wiedergekehrt auf Erden, um die am Schwarzen Sabbat gesäten Früchte abzuernten und euch gleich mit. Keine Angst, ihr wolltet es doch und es geht nicht nach unten zum Täuscher, nein, der Blick wandert erhaben und furchtlos zum Regenbogen am Himmel und ihr spürt nur noch inneren Frieden und die Macht der musikalischen Sphäre, welcher Henrik Johansson an den Drums Of Doom den unaufhaltsam beschwörenden Takt vorgibt.
Like a dead kosmonaut
I float through space and time
Cut off from the world
Take me down and cover me in earth
Nothing’s holy – nothing’s sacred
Thy kingdom will never come
All will be lost
World fall to ruin
Nicht ganz so verrückt und metallisch wie einst BEYOND TWILIGHT mit Jorn Lande (der übrigens höchstwahrscheinlich seine Seele dem Teufel für Lau hinterherwerfen würde, wenn ihm jemand solche Songs auf den Leib schreiben würde), dafür aber ebenso intensiv und umso sphärischer, fast wie die PINK FLOYD des düster-harten Kosmos – das sind DEAD KOSMONAUT. Die absolute Kaufempfehlung für alle bis weit hinter den Regenbogen hinaus rockenden Astronauten und ein Album, welches es in dieser Kategorie auf lange Zeit nicht mehr intensiver geben wird. Den Wert der EP ´Rekviem´ habe ich im Nachhinein nicht richtig zu schätzen gewusst, das passiert mir nicht mehr:
(9,5 Punkte)