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JOHN FAIRHURST – The Devided Kingdom

~ 2019 (Independent) – Stil: Boogie/Sleaze/Southern/Blues Rock ~


Bluesrock ist längst zu einer langweiligen Allerweltsberieselungsmusik verkommen. Im Retrorock gibt es einen Überfluss an nach späten 60ern und 70ern klingenden Bands. Stonerrockkapellen vergessen zumeist die wirklich packenden Melodien. Und charismatische Sänger hat der ganze Standardkram eh nicht. Was macht ein John Fairhurst denn anders? Der Brite zieht sein Ding halt durch, ohne Rücksicht auf Trends, auf Traditionen, auf Genredogmen. Er kommt vom Blues, er rockt hart und seine Songs klingen schmissig. Britischer Folk ist ihm nicht fremd und gibt einen wundervollen Farbtupfer zu seinen Kompositionen. Seine Stimme ist tief, extrem tief, dabei aber sehr freundlich, wenn er will. Er kann aber auch grantig fauchen.

Schon der groovige Opener und Titelsong hat alles, was es heuer für einen geilen Heavyrocker braucht. Coole Strophe, lässiger, eingängiger Refrain, natürlich mit dem Charme der Vertrautheit, dann einen jammigen Mittelteil, wo die brodelnde, kochende Leadgitarre auf einem aufgewühlten Rhythmus tobt. Weiter geht es mit dem treibenden Rocker ´Blood & Fire´, der rein kompositorisch und von den Arrangements her auch schon Ende der 70er die Fans von gutem Hardrock hätte begeistern können, aber wieder diese packende, emotional überwältigende Ausstrahlung besitzt, die in der heutigen Musik selten geworden ist. Die Melodien sind erdig, einfach und dabei ultimativ leidenschaftlich, der Sound ist knarzig, schmutzig und lebendig. John singt mit einer schier dämonischen Stimme dazu. Und das macht es aus. Das alles bringt dem Stück seine Intensität und lässt es gefährlich klingen.

Im stampfenden ´Hungry Blues´ packt ihn dann im Mittelteil seine Liebe zum britischen Folk, auch wenn man das nur hört, wenn man unter die Haut geht, tiefer in die mystische Hymne vordringt und die heißen Lavasoli übersteht. Der Rhythmus ist ein stampfender Tanz indigener Völker Nordamerikas, während er zum eruptiven Ende hin dann an eine übersteigerte Garagerockvariante von Bo Diddley oder den KINGSMEN und TROGGS in den 60ern denken lässt, einfach urwüchsig wuchtig, direkt, tosend wie ein vom Sturm aufgepeitschter Ozean.

´Lies And A 45´, eine sphärische, schwerfällige, düstere Ballade schließt sich an. Es scheint manchmal, als bahne sich eine Eruption an, aber das täuscht. John sieht im Video aus wie ein alter, verwahrloster Einsiedler, der sich seinen Schmerz von der Seele singt. Die Gitarre gibt uns schöne Slides, Leads und einen dezenten Twang. Die Stimme von John ist hier besonders grollig und grummelnd, voller Leid, schierem Leid. Um Minute 3 herum stößt er einen bestialischen Schrei aus, gleichsam wird darüber soliert, reichlich krank soliert sogar. Das Stück ist quasi eine Erfrischung der alten Mörderballaden von Tom Waits, wenn man es so will. Wie ein klanggewordener, verstörender Alptraum, hervorragend gespielt übrigens und wieder so packend und einprägsam, dass man ihn nicht mehr aus dem Ohr bekommt.

´Fear´ trampelt nach der unkuscheligen Ballade dann sexy und verdorben, heavy und hymnisch aus den Boxen, ein Stonerbluesrockepos vor dem Herrn. Die Fäuste recken sich beim Refrain automatisch in die Höhe. Schöne Orgel im Hintergrund, schöne fetzige Gitarrensoli, straighte Songstrukturen, mehr braucht es nicht. Dazu dann diese Ehrfurcht erweckende Stimme und der klassische Heavyrock ist gemacht. Prächtiges Stück. ´Boss Man´ könnte auch 1989 von einer der damaligen Sleazerockbands oder 1974 von AEROSMITH stammen, wenn da der fiese Gesang nicht wäre. Aber diese mittelschnell groovende Nummer ist wiederum bei aller Traditionalität ein Garant für Spaß und strahlt eine überschäumende Lebensfreude aus. Die Musik von John Fairhurst und seiner Band weiß zu berühren und mitzureißen. ´Boss Man´ ist noch eine sehr konventionelle Geschichte, kein megagroßer Song und doch einfach schön zu hören.

´Going To See My Baby´ ist dann ein Boogie wie er im Buche steht. Auch wieder bis zum Anschlag unprogressiv und urtraditionell. Alles, aber auch wirklich alles klingt hier vertraut und dennoch dampft das gute Stück vom Anfang bis zum Ende und Du als Zuhörer sitzt nicht lange auf Deinen vier Buchstaben, sondern jagst wie besessen durch Dein Wohnzimmer. Zerleg bloß Deine Anlage nicht. Erinnert mich ein wenig an die RAM JAM Version von ´Black Betty´, hat im Mittelteil geniale Slide Guitar Leads und tolle Soli, die sämtlichen Southernrockern das Wasser abgraben.

Und natürlich muss am Ende nochmal ein ganz episches Stück kommen. ´And We Dance The Merry Dance´ ist gar nicht fröhlich, überhaupt nicht. Verzweifelt? Traurig? Resigniert? Als hätte man einen Punkt im Leben erreicht, an dem man eine Situation, die nur schwerlich zu ertragen ist, die man vielleicht gar nicht ertragen will, einfach akzeptieren muss. So klingt dieses Stück Musik, erst balladesk, dann immer wilder und kräftiger werdend, dann wieder in sich zusammensinkend. Das tiefe Grummeln von John wirkt sich besonders intensiv auf Deine Gefühle aus. Ein schöner Heavyrockmittelteil kommt zum Tragen und das Stück nimmt an Intensität zu. Wahrlich episch, groß, ein kommender Alltime-Klassiker des harten Rock. Dann rudert die Band zurück, ein schönes melodisches Solo liegt auf dem balladesken Strophenteil. Hier variiert eigentlich immer nur die Wucht des Stückes, denn die grundlegende Melodiefolge bleibt zumindest ähnlich, aber umso eindringlicher wird dieser Song. Nach fast sieben Minuten entlässt einen die JOHN FAIRHURST BAND in die abgründigen Tiefen des Lebens und man will unbedingt dieses Album ein zweites Mal durchleben und durchleiden. Groß!!!

(9 Punkte)

https://johnfairhurst.bandcamp.com/

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