CROWHURST – Crowhurst And Gavin Bryars Present Incoherent American Narrative
~ 2020 (Prophecy Productions) – Stil: Experimental/Ambient/Drone ~
Der in Los Angeles beheimatete Multinstrumentalist Jay Gambit alias „Crowhurst“ ist ausgesprochen ehrgeizig, eine Eigenschaft, die in seiner sorgfältig ausgearbeiteten und umfangreichen Diskografie besonders deutlich zum Ausdruck kommt. Rund 75 (!) Releases in nur neun Jahren, darunter zahlreiche überwiegend in Eigenregie veröffentlichte Alben, EPs, Splits oder andere Kollaborationen gehen dabei auf sein Konto. Als ausschließliches Solo-Noise-Unternehmen gestartet, wuchs sein Projekt inzwischen zu einem Quartett heran und startete die wirkliche Bandphase erst 2015 mit dem selbstbetitelten Debüt. Black und Post Metal, Industrial, Sludge sowie enervierender Noise stehen seither mit einem fetten Ausrufezeichen auf den Fahnen der vier Kalifornier. Vor allem das im vergangenen Jahr erschienene Drittwerk ´III´ erlangte viel Beachtung und war zudem der Einstand beim deutsch-amerikanischen Label „Prophecy Productions“.
CROWHURSTs neuestes Werk ist nun die erste Zusammenarbeit mit dem britischen Komponisten und Kontrabassisten Gavin Bryars, einer Musiklegende, die bereits mit vielen klangvollen Namen zusammenwirkte, unter anderem mit BRIAN ENO, TOM WAITS und APHEX TWIN. Der inzwischen 77-jährige Musikwissenschaftler Bryars fand seine Heimat anfangs im Modern Jazz, komponierte jedoch später einige umfangreiche Werke in klassischer Musik und vertiefte seine Kenntnisse und Erfahrungen durch weitere, eher der Avantgarde zuzuordnenden Kollaborationen.
Das vorliegende Album ´Incoherent American Narrative´ wurde in einem Hotel aus dem 18. Jahrhundert in den französischen Pyrenäen aufgenommen und stellt bisher unveröffentlichte Werke und Ideen von Bryars in neuer, frischer Form zusammen. Die drei Stücke lassen sich am ehesten mit dem sinfonischen Drone von SUNN O))) auf ´Monoliths´ oder mit Gavin Bryars ´The Sinking Of The Titanic´ vergleichen. Ein glänzend orchestrales wie karges Werk, das vor musikalischer Fantasie nun so strotzt, und zudem phasenweise auch an die besten Ambient-Arbeiten TRENT REZNORs erinnert.
Gambits Versiertheit als Klangbildhauer passt dabei nahezu perfekt zu Bryars Schaffenskunst, was der rund 25-minütige Abschluss-Track ´Dead Swans Of Dreams´ besonders verdeutlicht. Es ist eine Studie über subtile Dynamik und der Beweis für Gambits Fähigkeit, die Arbeit seines Mentors in etwas positiv Neues und aufregend Seltsames zu verwandeln. SUNN O))) auf dem Höhepunkt ihres Ambient Swings der 90er, verschmolzen mit der Kopflastigkeit eines Robert Wyatt.
Verhallende Streicher prallen auf Metall, Kirchenglocken läuten und gellen laut. ´Incoherent American Narrative´ wirkt so elegant wie trostlos, und knüpft sowohl an die Vergangenheit als auch an die Zukunft seiner Schöpfer an. Der Soundtrack zur Apokalypse – nur eben in Zeitlupe.
(8 Punkte)
(VÖ: 24.1.2020)