ANNIHILATOR – Ballistic, Sadistic
~ 2020 (Silver Lining Music/Warner ADA) – Stil: Thrash Metal ~
Jeff Waters kann shreddern, er ist ein echtes Vieh an der Klampfe. Auf der jährlichen Musikmesse in Frankfurt konnte man ein paar Mal sehen, wie er seine Klampfe abfackelt. Diesbezüglich ist der Kanadier unschlagbar. Aber ganz ohne scheint er auch nicht zu sein, sieht man sich die unfassbare Liste an Muckern an, die er bei ANNIHILATOR verheizt hat. Interessanterweise hat sich in den letzten vier bis fünf Jahren nun ein Line-up herausgebildet, das längerfristig funzt.
Ich gestehe, irgendwann in den letzten zehn Jahren habe ich in Sachen ANNIHILATOR aufgegeben und mich nicht mehr sehr intensiv mit der Band auseinandergesetzt. Keine Ahnung warum. Rückblickend mag das wohl an dem wenig Überraschenden gelegen haben, das von der Band kam. Alle Alben zwar mal gehört, aber man hat ja ehrlichweise immer die Klassiker im Ohr, um Vergleiche zu ziehen. Nun ja…
Jetzt liegt mit `Ballistic, Sadistic` das 17. Album, richtig gelesen, das 17. Album vor. Und hoppla, schon beim ersten Durchgang haben die Arschbacken gezuckt. Weniger technisch, mehr galoppierende Riffs wie in alten Tagen, mehr Biss, mehr Aggressivität, schlicht mehr Punch in die Fresse.
Schon der Opener `Armed To The Teeth` bläst einen um. Hat irgendwie einen TESTAMENT-Touch. Aber schon mit dem zweiten Track, `The Attitude`, liefert man eines der Album-Highlights. Was zäh beginnt, schlägt nach 50 Sekunden in ein echtes Massaker um. Das rifft, das fräst sich in den Brustkorb und dazu dieses monströse Wortspiel, das sich wie eine Zecke ins Gehör beißt: „Fuck you and your attitude, Fuck your shitty attitude, fuck your attitude“- Argh, big Love!
Waters Gesang ist wie Gift, seine Riffs haben die Energie einer Kettensäge. Knochen splittern. Das Album hat über weite Teile das Flair der frühen Werke, mit einer deutlich aktuelleren Produktion und dazu Songs, die geradezu explodieren.
`Out With The Garbage` ist auch so eine Hetznummer, die mit furiosen Riffs und einem Schweinsgalopp den Rahmen sprengt. `Riot` ist ein weiteres superschnelles Massaker mit fiesem Riffing und einem Stakkato-ähnlichen Takt. Uah, `One Wrong Move` geht weit zurück in die Vergangenheit. Sehr geil. Die Shredder-Performamce von Waters und Zweitgitarrist Aaron Homma ist gewaltig. Da bluten förmlich die Ohren. Man merkt förmlich das Feuer, das in den beiden brennt.
Das ungewöhnlichste Stück des Albums nennt sich `Lip Service`. Etwas groovig, etwas ruhiger, aber vom Gitarrenaufbau her sehr interessant. Der eingängigste Track für ANNIHILATOR-Verhältnisse nennt sich das albumschließende `That`s Life`, das allerdings im Mittelteil für Schnappatmung sorgt.
Alter Schwede, mit so einem Biest von Album konnte man nicht rechnen. ANNIHILATOR klingen frisch, bissig wie eine Dogge, fies wie eine Schlange und spalten die Gehörgänge brutalst. Da hat der Herr Waters mal wieder eine feine Schlachtplatte geliefert, die erfrischend und keinesfalls abgestanden mundet.
(8,5 Punkte)
(VÖ: 24.1.2020)