BONNIE „PRINCE“ BILLIE – I Made A Place
~ 2019 (Drag City) – Stil: Rock/Country/Pop ~
Waldschrat. Nerd. Eigenbrötler. Bonnie „Prince“ Billie, alias Will Oldham, eilt sein Ruf voraus. Der Mann hat nahezu unzählige Songs und sehr viele Alben veröffentlicht; insbesondere, wenn man bedenkt, dass er noch keine 50 Jahre alt ist – und diese lockere Art von Musik womöglich noch rund 20 Jahre lang machen kann. Zuletzt arbeitete er aber eher für sich als für den Markt. Musikalische Motto- und Konzeptalben statt Indie-Pop-Scheibchen. Das ändert sich nun, zumindest im Ansatz, mit den 13 Songs auf ´I Made A Place´.
Das neue Album geht mit Blick auf den Wohlfühlfaktor zurück in der 2000er-Jahre, als Billie ein heimlicher Star der Indie-Gazetten war. Ein Mann mit Bart und Trucker-Cap, kein Poster-Boy – dafür mit viel Gefühl, vor allem in der Stimme. Mit mehr Ausdrucksform als beispielsweise ein James Blunt, der allerdings dank massenkompatibel komponierter Sahne-Säusel-Stückchen damals extrem abkassieren durfte. Gleichwohl: Die Songwriter-Szene liebte und liebt Billie. Johnny Cash coverte mal einen seiner Songs für die berühmt-berüchtigten ´American Recordings´: ´I See A Darkness´. Johnny im Lead, Billie mit den Backing Vocals. Ob der Mann aus Louisville, Kentucky, den Status des Musikers für Musiker 2019 endlich ablegen kann?
Kaum. Dafür ist ´I Made A Place´ – trotz toller und sprachwitziger Balladen wie ´Dream Awhile´, die unter die Haut gehen – doch auf der Gesamtstrecke wieder zu sehr mit musikalischen Experimenten, lyrischem Zynismus und genereller Verschrobenheit gespickt. Stichwort: Zielgruppe. Der Soziologie-Student, der mal Pause von der neuen TOOL braucht, greift zu, denn Country, Americana und Indie-Pop helfen auch intellektuell beim Entspannen; die breite Masse um Lieschen Müller wird wohl abermals kein Ohr für unseren Herrn Billie haben. Schade.
Anspieltipps: ´New Memory Box´, ´The Devil’s Throat´, ´Building A Fire´.
(7,5 Punkte)
(VÖ: 15.11.19)