LEE ABRAHAM – Comatose
~ 2019 (F2 Music/Just For Kicks Music) – Stil: Artrock ~
Der aus Southampton im Vereinigten Königreich stammende Lee Abraham frönt seit 18 Jahren auf Solo-Pfaden seiner Leidenschaft zur Musik. Zwischenzeitlich heuerte der Gitarrist bei der Prog Rock-Legende GALAHAD an und gehört seit 2017 erneut zum inneren Kreis der Formation. Nachdem er sich als Solo-Künstler zuletzt dem AOR widmete (´Colours´, 2017), hat ihn aktuell der Artrock wieder.
Lee Abraham erzählt eindringlich eine Geschichte über das Opfer eines Verkehrsunfalls, das sein Leben im Rückspiegel aufrollt, derweil die Ärzte versuchen, das enteilende Leben zu retten. Auch wenn einzelne Abschnitte das Gesamtwerk unterteilen, sieht Lee Abraham ´Comatose´ als ein 47 Minuten langes Musikstück an – ein klassisches Konzeptwerk, ein Werk im Sinne des klassischen Prog Rock.
Somit ist eine gewisse Nähe zu ´The Seasons Turn´ (2016) gegeben, bei dem sich Abraham in langen Kompositionen auslebte. Vor drei Jahren war ebenfalls Marc Atkinson (RIVERSEA, NINE STONES CLOSE) als Sänger involviert. Unterstützung erhielt er diesmal außerdem von seinem langjährigen Partner Gerald Mulligan (Schlagzeug, CREDO), Rob Arnold (Klavier) sowie von seiner Ehefrau Diane und Mark Spencer (GALAHAD) für den Background-Gesang. Er selbst übernahm erwartungsgemäß Gitarre, Bass und Keyboards.
Denn noch sendet das Elektrokardiogramm einen regelmäßigen Piepston. Umgehend braut sich das gesamte Instrumentarium zu großen grauen und weißen Wolken am Firmament zusammen. Früh öffnen sich die Horizonte der Musik Lee Abrahams. Kraftvolles Instrumentarium wechselt sich mit sanften, leichten Klängen ab. Auf den ersten Refrain kommt die Musik in der Mitte des Werkes nochmals zurück, doch vorher dürfen schon elegische Gitarren-Soli, Akustikgitarren-Einsätze, wuchtige heavy Gitarren-Passage, etwas Elektronik sowie ein Chor bewundert werden. Sukzessiv reiht sich Höhepunkt an Höhepunkt – ohne Qualitätsverlust, ohne abruptes Erwachen des Hörers aus dem epischen Soundkosmos.
Lee Abraham musiziert im Zeitraffer von ´Comatose´ selten so melancholisch wie Steven Wilson, obwohl jede Schwermut allein aus der Storyline heraus berechtigt ist, kennt aber ebenfalls den Gitarrenklang und seine solistische Ausprägung eines David Gilmour. Er schließt sich ebenso wenig dem kitschigen Neo Prog an wie er versucht, die Last des klassischen Prog Rock auf seine Schultern zu wuchten.
Das klassischste Rockkonzeptwerk dieser Tage stammt schlichtweg von Lee Abraham.
(8,5 Punkte)