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GATECREEPER – Deserted

~ 2019 (Relapse Records) – Stil: Death Metal ~


Es ist eine gute Weile her, dass Death Metal einen signifikanten Einfluss auf den Mainstream hatte. Damals waren meine Barthaare nicht nur nicht grau, ich hatte schlichtweg noch keine. Die Blütezeit des Genres vor rund 25 Jahren ist reich an Geschichten über monetären Erfolg und gewisse kulturelle Anerkennung (siehe CANNIBAL CORPSE, DEICIDE und MORBID ANGEL). Gleichwohl sind die jüngsten Inkarnationen von Death Metal größtenteils im Untergrund geblieben. Ich würde die Behauptung aufstellen, dass die meisten von euch das nicht für eine schlechte Sache halten.

Zugleich haben die vergangenen zwei bis vier Jahre das Genre wieder auf ein Niveau der allgemeineren Anerkennung wie lange nicht gehoben. Veröffentlichungen von TOMB MOLD, HORRENDOUS und PORTAL haben eine kräftige Dosis Hipster-Liebe erhalten, während Labels wie „20 Buck Spin“ Death Metal am Fließband herausbringen, fast so wie einst der Autobauer Ford sein T-Model.

Geht es um Anerkennung, ist Death Metal wieder gut dran – und nutzt die klassischen Trademarks des Genres, um mit neuer Kraft ein breiteres Publikum anzusprechen. Hier kommen Arizonas GATECREEPER ins Spiel. Bereits ihr Debüt ´Sonoran Depravation´ von 2016 ist – mit einem Wort: geil. Die Mischung aus modernem Hardcore-Biss und insbesondere schwedischen Death Metal-Elementen in eine Richtung, aus der auch ENTOMBED und TRAP THEM kommen, brachte ihnen viele Fans ein: Old Schooler wie Jungspunde. Und ´Deserted´ – hält es den hohen Ansprüchen des Vorgängers stand? Ja.

Kurt Ballous (CONVERGE) rasiermesserscharfer Mix ist sofort fast körperlich spürbar, da der Eröffnungs- und Titeltrack des Albums ein Bollwerk aus intensiven Riffs, raffinierten Gitarrensounds und zerstörerischen Percussions bildet – ohne jemals chaotisch oder matschig zu wirken. Die Band weiß, wie man ein solides Riff schreibt (oder: klaut), sie werfen damit beinahe inflationär um sich. Ein wichtiges Element dieser Platte ist das Tempo. Anstatt mit der manischen Geschwindigkeit vieler ihrer Zeitgenossen zu grinden, verlangsamen GATECREEPER die Dinge bewusst. Laut Band gibt es ein klares Credo: „Keine Blast-Beats!“

Dieser kontrollierte Groove wirkt. Effekt: Jedes Riff zerlegt die Zuhörer an einem grenzwertigen Punch. Erinnert an die Zeit, als Schweden wie DISMEMBER und ENTOMBED beinahe zu Stars wurden. Mit Alben wie ´Massive Killing Capacity´ und ´Wolverine Blues´ schlugen sie – top produziert und mit Hymnen versehen – eine merkliche Schneise in die mächtige Grunge-Welle in den 1990ern, machten Kellerklitschen wie „Nuclear Blast Records“ und „Earache Records“ zu kleinen Gelddruckmaschinen.

Während all das für Fans dieses Stils ohnehin nach „Kaufen!“ klingt, will ich noch zwei Beispiele geben, um die Empfehlung für ´Deserted´ zu unterfüttern. Insbesondere der Song ´Everlasting´ erweitert den Umfang der Songwriting-Palette erheblich – ein ausgefeiltes Gitarren-Bass-Thema mit Gespür für 1980er-Harmonien. Auch der letzte Track, ´Absence Of Light´ zeigt einige der bisher aufwendigsten Gitarrenarbeiten, die mit KHEMMIS in ihrer Grandezza und emotionalem Gewicht konkurrieren. Momente wie diese deuten auf eine reifere Songwriting-Ästhetik hin und verhindern, dass GATECREEPER in naher Zukunft die Puste ausgeht. Wahrscheinlich wirkt die Doppelbeschäftigung einiger GATECREEPER-Mitglieder bei den auf klassischeren Heavy Metal ausgelegten SPIRIT ADRIFT kleine kreative Wunder.

(9 Punkte)

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