DOPETHRONE, HIGH FIGHTER
~ 11.08.2019, 7er Club, Mannheim ~
Tourstart! Die Hamburger Doomies von HIGH FIGHTER beginnen heute ihre Tour mit DOPETHRONE in unserem kuscheligen Lieblingsclub im Mannheimer Hafengebiet, und auch wenn es euch mittlerweile zu den Ohren herauskommen mag – auch an einem Ferien- und Festivalsonntag mitten im Sommer sind um die 50 bezahlende Nasen für solch ein tolles Package einfach viel zu wenig. Die Bands sind Profis und machen das Beste daraus, schade ist es trotzdem und wer weiterhin ein funktionierendes Clubkonzertsystem nutzen möchte, muss sich dafür auch manchmal aus seiner Komfortzone herausbewegen!
So, genug gemeckert, es geht los mit HIGH FIGHTER! Und da diese unterwegs sind, ihre neue Platte ´Champain´ (Review siehe hier) bekanntzumachen, steigen sie auch gleich mit deren erstem Track ein. ´Before I Disappear´ macht sofort klar, wohin die Reise mit dem neuen Material geht – eher zurück zu den Anfängen, sprich der noch deutlich roheren EP ´The Goat Ritual´, mit der sie 2014 eine Duftmarke hinterließen, die in der Doom-Szene extrem viele begeistern konnte. Sehr passend stammen die beiden folgenden Songs auch von diesem Debüt.
Ihr eigenwilliges, doch immer groovendes Metalgebräu, das sowohl Stoner- als auch punkige Sludgeanteile sowie Ausflüge in Psychedelic und Blues vereint, wird gekrönt von Monas Stimme, die zwischen rauchig-gefühlvollem Klargesang über keifendes Schreien bis hin zu fiesestem Growling alles abdecken kann, und die neuen Songs fordern sie da noch mehr als das bekannte Material. Darunter breiten ihre Mitstreiter einen Riffteppich aus, der ob seiner extremen Heavyness droht, in den Erdboden einzusinken, um irgendwann in Australien wieder herauszukommem. Scherz beiseite, die Band versteht es einfach, mit Hochgeschwindigkeit, stonerscher Trägheit, einer gut geschmierten Rhythmusmaschinerie und dem Druck zweier ihre eigenen Geschichten erzählenden Gitarren so zu spielen, dass ihre Lieder den Hörer in einen Strudel ziehen, aus dem er gar nicht mehr auftauchen will.
Mona kündigt ein paar neue Lieder an, und ein Viererblock von ´Shine Equal Dark´ bis ´Another Cure´ gibt einen perfekten Blick ins Herz dieser Platte. Auch wenn ich die Lyrics (noch) nicht kenne, es sind wieder sehr dunkle Themen, die die Hamburger da bearbeiten, und innere Zerrissenheit bis hin zur Verzweiflung lässt sich ebenfalls erspüren und auch hören – da laufen Melodielinien gegeneinander, sind Rhythmen sperrig und Songs nehmen ganz andere Ausgänge als zuvor angedeutet – trotzdem ist das jedoch alles extrem rund und stimmig, die Band ist gut eingegroovt und nimmt das Publikum auch entsprechend mit.
Der Sound ist gut, die dreckigeren neuen Songs mit deutlich mehr Sludgekante kommen noch packender und druckvoller als auf Konserve (´Another Cure´!!!), jedes Solo und jede Wendung sitzt, und die Spielzeit geht viel zu schnell um, mit ´Darkest Days´ kommt schließlich noch ein Song von der LP ´Scars & Crosses´ zu Live-Ehren, bevor der Titeltrack ´Champain´ leider schon den Schluss markiert. Fazit: wer an einer ganz einzigartigen, modernen Hochenergie-Version von Doom interessiert ist und sich diese Tour entgehen lässt, kann auch gleich seine Plattensammlung verkaufen. Allen anderen kann ich nur empfehlen: Hingehen! Und hinterher müde, aber glücklich und mit neuem Vinyl versorgt wieder nach Hause…
Was zuerst nicht unbedingt einleuchtete, macht nun jedoch Sinn: DOPETHRONE sind, ganz ihrem Namen entsprechend, im Vergleich zu den Hamburgern oft richtig gemütlich unterwegs, auch wenn ihr Tempo schon mal in schnelleren Galopp ausbrechen kann. Beiden gemeinsam ist jedoch die Dreckbatzenschwere und Räudigkeit des Sludge. Sie haben sich für ihre Europatour mit Julie Unfortunate verstärkt, die auf der letzten Platte der Kanadier Vocals zu einem Track beisteuerte, live nun jedoch Vince bei fast jedem Song screamend unterstützt, und nachdem sie ihr anfängliches Fremdeln überwunden hat, auch mal von vorne zu sehen ist.
Die Kanadier haben 2018 ihr fünftes Album mit dem wunderbaren Namen ´Transcanadian Anger´ herausgebracht, und präsentieren auch sofort ein paar Songs daraus, bevor sie mit älterem Stoff, ähem, weitermachen. Ihre Fanbase ist zwar klein, aber deutlich engagierter dabei als zuvor. Sludge bietet sich ja auch zum ausdauernden Headbangen an, und das wird in den ersten beiden Reihen nun wahrlich zelebriert.
Sänger und Gitarrist Vince ist das Aushängeschild und der Hauptakteur der Vier, seine Grimassen und seine witzige Grundkonstitution machen ihn zu einem perfekten Photomotiv, doch dann passiert es, wie so oft zum Tourstart: seine E-Saite reißt, und während er zuerst noch damit scherzt, muss sie gewechselt werden, und wir genießen solange ein Drumsolo von Shawn.
Der Vorfall tut dem Auftritt jedoch keinen Abbruch, DOPETHRONE drehen sogar nochmal richtig auf, und am Ende wird minutenlang eine Zugabe gefordert, die es jedoch leider nicht gibt. Trotzdem gehen sicher alle glücklich nach Hause und starten am nächsten Tag sicherlich tiefenentspannt in die neue Woche…
PS in eigener Sache: ich habe vor lauter Knipsen und Mitgehen leider mein Lieblingshemd beim Konzert verloren, rotschwarz-kariert. Falls jemand es gefunden hat, gebt es doch bitte an der Bar ab…
Pics: U.Violet