PANTHER
Interview mit Steffen Klotz, Schlagzeuger bei PANTHER
~ Mehr als Händel und Hallorenkugeln ~
Unter dem Titel ´Höllenfeuer´ erschien kürzlich eine Kompilation (fast) aller Songs der Hallenser Thrasher PANTHER bei German Democratic Recordings. Unter Fans des Ostmetals schlug die CD kräftig ein, für viele wurde eine Lücke in der Diskographie gefüllt. Andere Fans entdecken hier, knapp dreißig Jahre später, einige mehr oder minder spannende Eindrücke einer eher unbekannten Szene. Vielleicht stellen sich da ein paar Fragen. Um einige davon zu klären, nutzte ich die Möglichkeit, mit Steffen Klotz, seines Zeichens Drummer der Wildkatzen, einige Nachrichten auszutauschen.
Steffen, wie oft wirst Du heute noch auf PANTHER angesprochen?
Eigentlich wenig bis gar nicht, das liegt ja auch schon 30 Jahre zurück. Es ist alles vergänglich. Wer weiß heute schon, wie das im Osten mit der Musik und dem Musikmachen abgelaufen ist. Und es juckt niemanden mehr. Vergangenes ist vergangen. Die Zukunft ist das Feld der Möglichkeiten.
Ein gewisses Interesse scheint schon vorhanden zu sein. Schließlich wird das Material ja verlegt und wohl auch gekauft. Bist Du da nicht wenigstens etwas stolz?
Naja, wenn man auf etwas stolz sein kann, dann ist es der Zusammenhalt. Es ist das gemeinsame Arbeiten, das an einem Strang ziehen. Zu wissen, das alles möglich sein kann, wenn 4 bis 10 Leute zusammenhalten und etwas schaffen, das selbst nach 30 Jahren noch gekauft und gehört wird. Ich nenne sowas in die DDR-, Ostmusik oder Ostmetalgeschichte eingehen. Wer kann das schon von sich behaupten? Ich würde sagen, dass ich den Anhängern und den Musikfans dafür dankbar bin, dass sie einen nicht vergessen haben.
Wie habt Ihr es geschafft, dass Eure Proberaum-Aufnahmen doch recht vernünftig klingen?
Mit etlichen Schwarzwurzeln (das Mikrofon DM 2421 von RFT, ein Produkt aus der DDR wurde umgangssprachlich Schwarzwurzel bezeichnet – Anm. d. Verf.) und einem kleinen Mischpult von Vermona (auch ein Ostprodukt). Der Sänger hatte ein Shure SM58SE aus dem Westen. Alles wurde zusammen eingespielt in unserem relativ großen Probenraum, über einer Kneipe, die Feldschlösschen hiess.
In ´Prüfungsstreß´ geht es doch um das ganz normale Leben eines Heranwachsenden?
Ja, genau, es geht in dem Song um Probleme, die man beim Ablegen von Prüfungen hat, z.B. bei der Fahrerlaubnis. Es geht um den Druck, der auf eínem lastet, überhaupt den Druck, den man beim Heranwachsen hat, um allen gerecht zu werden.
Für den Song ´Höllenfeuer´ wart Ihr im Studio von Jürgen Matkowitz. Da gab es wohl einigen Streß. Kannst Du da kurz was zu erzählen?
Naja, unser Sänger war nicht ganz auf der Höhe. Er hat zuvor mit einer russischen Reisegruppe im Hotel gefeiert, gesoffen und Kassatschok getanzt. Irgendjemand klaute dem Jürgen noch Gitarrensaiten. Im Osten waren die Mangelware. Da war der Stress vorprogrammiert.
Die Fans wollten bei Konzerten, nicht nur von Euch, am liebsten Coversongs hören, statt eigener Stücke. Wie nervig war das?
Das war schon nervig, wenn mann keine eigenen Songs spielen konnte. Wir mußten einproben, was die Leute hören wollten, und was musikalisch machbar war. Machte man das nicht, war man unten durch. Wer buchte einen dann noch? Und dann kam auch niemand, keiner, zu den Konzerten. Die Gier nach ausländischer Musik mußte unter allen Umständen befriedigt werden, egal wie. Und das war ganz gewiß nicht immer einfach. Fans fragten uns, ob wir diesen oder jenen Song spielen könnten. Und wir versuchten es dann im Proberaum, nachdem wir uns Originalaufnahmen besorgt hatten.
SODOM waren wohl eins Eurer Vorbilder. Da gab es laut Legende einen Vorfall mit dem Song ´Bombenhagel´. Kannst Du das kurz mal erzählen?
Ja, wir mochten SODOM, obwohl wir sie nie persönlich kennengelernt hatten, auch nach der Wende nicht. Der Song ´Bombenhagel´ enthielt die (west)deutsche Nationalhymne. Die einfach im Osten so abzuspielen, dann noch bei einem Konzert, einer Metalnacht in Halle/Saale, das ging gar nicht. Das war für die Parteinicks und die Stasi zu viel. Wir beriefen uns auf die künstlerische Freiheit, spielten den Song trotzdem. Also wurde uns der Strom abgedreht. Die vielen Fans, die zum Teil von weit her angereist waren, randalierten. Es flogen Waschbecken und Klosettschüsseln aus den Fenstern. Alles geriet im Klubhaus der Gewerkschaften außer Kontrolle. Es war pure Anarchie. Große Gruppen von Fans zogen Nationalhymne singend und grölend über den Halleschen Boulevard. Das war Chaos für die Kommunisten.
Das Spielverbot, das folgte, konntet Ihr damit umgehen und es unterlaufen?
Teilweise ja, teilweise nein. Es lag am Veranstalter, wie zäh er sich dem Spielverbot widersetzte und Rückgrat zeigte.
Hast Du ein Beispiel?
Im Tanztreff in Aue im Erzgebirge waren wir immer gerne willkommen. Der Betreiber Günther Misof zeigte Rückgrat, andere wiederum nicht. Es gab eben Steher und es gab Feiglinge. Überhaupt waren wir in der Gegend sehr oft unterwegs.
Habt Ihr sonst auch Erfahrungen mit der Stasi gemacht?
Das Übliche. Bespitzelungen und Kontrollen durch die zugehörigen Staatsorgane… Jeder, der eine Uniform trug, konnte doch mit einem machen, was er wollte. Behaupten, was er wollte. Du hattest kein Recht auf Irgendwas. Und der DDR-Rechtsanwalt, das war nur eine Farce. Einfach nur lächerlich. Besonders schlimm war es nach dem Spielen des Songs ´Bombenhagel´.
Während ´Biervenichter´ ein klassisches Sauflied ist, scheint ´Hermann´ eher kritisch mit dem Alkoholkonsum umzugehen?
Genauso war das auch gedacht, das kam alles von Sänger Mickey. Vielleicht auch, weil er selbst gerne einen trank.
Mit ´Shame For America´ habt Ihr Euch sicher politisch geäußert. Waren ein paar Eurer Songs auch eher DDR-kritisch?
Ersteres stimmt. Und ich glaube schon, das einige Texte kritisch waren. Einen hast du noch nicht gehört, er hieß der ´Ficker´. Der war durchaus DDR-kritisch. Den Text zu veröffentlichen, schreckt sicher einige ab 😉 . In diesem Song ging es um Hermann Axen, Erich Honecker, Erich Mielke und Karl Eduard von Schnitzler.
Neben englisch und deutsch gab es in ´Andalusien Terror´ auch spanische Lyrics. Wer von Euch hat denn dies Sprachtalent?
Mickey konnte ein wenig spanisch, er hatte wohl Verwandtschaft in Spanien.
Wie habt Ihr die Wendezeit erlebt? Hat jemand von Euch Fluchterfahrungen gemacht?
Die Wendezeit haben wir im Proberaum und im Studio verbracht und dort Brinkhoffs Nr. 1 getrunken. Unser zweiter Sänger Ralf Mikula, der Bassist Mike Kähler sowie Jens Koschig, der Manager, sind in den Westen gegangen.
Ihr habt Euch später recht schnell aufgelöst. Gibt es heute noch musikalische Aktivitäten?
Von meiner Seite leider nicht mehr.
Kannst Du Dir vorstellen, mit PANTHER noch einmal auf einer Bühne zu stehen?
Nein, das kann ich mir leider auch nicht mehr vorstellen.
Der Beweis ist erfolgt, aus Halle/Saale kam mehr als Georg Friedrich Händel und Halloren-Kugeln. Ob PANTHER auch für die Ewigkeit bleiben, muß sich noch zeigen. Musikalisch sind, außer Sänger Maik Schmidt bei BLOODLAND, alle nicht mehr aktiv. Aber möglicherweise wird der Ruf laut, der Ruf nach Reunion. Ich kann mir schon vorstellen, den PANTHER, vielleicht mit anderen Ost-Helden, auf der Bühne zu sehen. Aber dafür sind andere zuständig.
Die Fotos stammen aus der Sammlung von Steffen Klotz. Hiermit noch einmal Dankeschön.