THE CRANBERRIES – In The End
~ 2019 (BMG Rights/Warner) – Stil: Rock Pop ~
Das Ende kam plötzlich und überraschend. Doch es kam. Dolores O’Riordan wurde am 15. Januar 2018 im Londoner “Hilton on Park Lane”-Hotel in Mayfair bewusstlos aufgefunden, ihr Tod noch am selben Tag durch Ertrinken in der Badewanne festgestellt. Blutuntersuchungen ergaben eine Alkoholvergiftung von 3,3 Promille und den Rückstand von verordneten und verschreibungspflichtigen Medikamenten in ihrem Körper.
Nun ist ´In The End´ da, das achte Album der irischen Rockband THE CRANBERRIES, der Dolores O’Riordan seit 1990, ein Jahr nach Bandgründung, bis zu ihrem Tode vorstand. Die Hochzeiten der Gruppe dürften die Neunzigerjahre gewesen sein. 1994 bescherten der Single-Welthit ´Zombie´ und das Album ´No Need To Argue´, weltweit über 16 Millionen Mal verkauft, den CRANBERRIES den internationalen Durchbruch – und wir tanzten zu den Klängen der CRANBERRIES und immer noch zu HÉROES DEL SILENCIO im Scarabée durch die Stunden der Nacht. Niemand sang jemals schöner als Dolores O’Riordan solch langgezogene Endzeilenwörter, ein von Folk und keltischer Musik beeinflusstes Tirilieren.
Die elf Songs dieses finalen Werkes der CRANBERRIES entstanden 2017 während den Vorbereitungen zur ´Something Else´-Tour und reiften über die Monate hinweg, so dass Dolores O’Riordan ihren Gesangsbeitrag aller Demo-Aufnahmen Ende Dezember beenden konnte, denn 2018 gedachte die Band ins Studio zu gehen. Doch es kam alles anders, es kam der 15. Januar 2018. … Nach einer angemessenen Trauerzeit gab die Familie von Dolores ihr Einverständnis zum Beenden des Albums. Mit ihrem angestammten Produzenten Stephen Street schlossen die verbliebenen CRANBERRIES im April und Mai 2018 in London ab, was abgeschlossen werden musste: das Vermächtnis für Dolores O’Riordan. Die von ihr getexteten und gemeinsam mit Gitarrist Noel Hogan verfassten Kompositionen sollten der Öffentlichkeit nicht vorenthalten werden. Unterstützung holten sich Noel Hogan, Bassist Michael Hogan und Schlagzeuger Fergal Lawler von Johanna Cranitch für den Backgroundgesang, da diese mit der Band bereits 2012 auf Tour war.
Es wäre wahrhaftig eine Schande, hätte die Welt nicht die Songs von ´In The End´ hören dürfen. Die Eröffnungsnummer ´All Over Now´ besitzt sogleich diese Melodie, zu der es sich lohnt, Raum und Zeit zu vergessen. Melancholie in wahrer Schönheit. Kraftvoll in ihrer Ausdrucksweise. Und die erste Textzeile “Do you remember the night at a hotel in London” reicht bereits zum ersten Gänsehautmoment aus. ´Wake Me When It’s Over´ erinnert zwar womöglich zu sehr an ´Zombie´, derweil andere Lieder auch früheren Jahren der Band gedenken, ist aber der erste Ohrwurm. Und Dolores stiert dabei in den Regen und hofft, dass sie jemand aufweckt, wenn alles vorbei ist. ´A Place I Know´ ist hingegen schmiegsamer Folk-Pop in Singer-/Songwriter-Präzision, allein ´Illusion´ ist sentimentaler Pop. Sehr oft stellt sich in vielen Songs geschickter Weise und immer wieder erfolgsversprechend die Akustikgitarre neben der elektrischen in den Raum. Cello und Geige kreieren eine zum Zerreißen angespannte Atmosphäre im Ausnahmesong ´Lost´, die explodiert, sofern man die Nacht hereinbittet. Als Zungenbrecher dienen Wortfolgen in Wiederholung dem nächsten Ohrwurm ´Got It´, eine annähernd hysterische Gesangslage einem weiteren namens ´The Pressure´. Die Gefühle schwappen letztlich zu ´In The End´, die tatsächlich allerletzte, eingespielte CRANBERRIES-Komposition, über. Es bleibt ein unwiderrufliches Meisterwerk der CRANBERRIES zurück.
(8,5 Punkte)