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Raben, Spray und andere Phänomene

~ THEM, KING CROWN, 7er Club Mannheim, 8. Mai 2019 ~

~ Interview mit Markus Ullrich ~


Es ist immer wieder ein Vergnügen, ein Konzerterlebnis mit dem ein oder anderen Gespräch abzurunden. Für heute bin ich vor Spielbeginn mit dem Gitarristen von THEM verabredet, um zu versuchen, ihm die ein oder andere Info zu entlocken. Wir sitzen Backstage im 7er, mitten im Trubel, am Nebentisch trommelt sich Angel Cotte warm, im Hintergrund französische Unterhaltungen des Openers KING CROWN, es ist schon sehr entspannt, obwohl kurz vor dem Auftritt.

Markus, fangen wir am Anfang mal mit Deinen Beschäftigungen an, denn neben THEM hast Du ja noch mehr Projekte. Ich habe letztens eine CD von LANFEAR im Second Hand gefunden. Was machst Du sonst noch?

Ja, da ist noch SEPTAGON, das ist eher thrashig. Das mache ich zusammen mit Alex Palma, der bei THEM live Mike LePond ersetzt, der für uns nur die Alben eingespielt hat, und dem Sänger von ATLANTEAN KODEX, Markus Becker. Den kannte ich von einem Forum her, wir haben uns auf dem KIT immer wieder gesehen. Da ich ein sehr thrashiger Mensch bin, und wusste, dass er früher in einer Thrash-Band gesungen hat, habe ich ihn einfach gefragt, ob er Bock hat. Ich habe ihm ein paar Songs geschickt, die hat er dann eingesungen. So kam es zu SEPTAGON. LANFEAR liegt gerade auf Eis, ich weiß nicht, ob es die noch gibt, so richtig. Wir haben sieben Platten gemacht in 25 Jahren, das ist auch nicht grad riesig.

Das ist eigentlich ganz ordentlich, andere brauchen 25 Jahre für die zweite… THEM ist ja nun eher international aufgestellt. Wo hast Du die Jungs eigentlich aufgegabelt?

Wir haben mit LANFEAR auf dem Prog Power in Atlanta gespielt. Danach sind wir einfach noch ein bisschen rumgefahren, zum Sightseeing nach New York. Mit uns unterwegs war ein Kumpel, Andy Preisig, der ein kleines Label hat, Iron Glory Records. Er hatte Troys alte Band COLDSTEEL gerade rereleased. Sie waren in Kontakt, und so haben wir uns getroffen. Beim Essen kam dann auf, dass er in einer Tribute-Band singt, die THEM heisst. Und er wollte gerne eigenes Material machen. Ich meinte dann, mach das, das funktioniert! Wenn das gut gemacht ist, und ich wußte, dass die Musiker gut sind, dann wird da was draus. Wir blieben über Facebook in Kontakt. Nach einem Jahr hat er geschrieben, seine Musiker kriegen das nicht geregelt. Ob ich das Album mit ihm schreiben will. Das Konzept hatte er. So kam das…

Ich habe ja früher auch ein bißchen Musik gemacht. Ich hatte viel Laune am Proben. Das habt Ihr ja jetzt eher nicht.

Nein, das haben wir eigentlich nicht. Ich muß sagen, ich probe schon gern, aber ich bin niemand, der im Proberaum Songs entwickelt. Da würd ich durchdrehen. Ich schreibe, wenn ich Zeit und Lust habe und nicht auf Drängen hin im Proberaum. Ich bin nicht dagegen, beim Proben den Songs den Feinschliff zu verpassen, was wir mit den anderen Bands auch machen. Ich will proben, um effektiv zu proben. Ich will in die Probe gehen und wissen, was heute stattfindet. Bier trinken kann ich auch daheim. Bei THEM reden wir von einem musikalisch anderen Level.

Ihr braucht nicht mehr proben. 

(Lacht) Das heißt, die Leute sind gut. Ich habe das Album geschrieben, ich habe grob arrangiert und mal Schlagzeug programmiert, dass jeder hört, um was es geht, und dann hat jeder gemacht. Wir haben das dann auf verschiedenen Kontinenten eingespielt. So haben wir es bei der zweiten auch gemacht. Und wenn wir jetzt eine Tour machen, kommen die Jungs zwei Tage vorher, wir trinken abends ein paar Bier, und am Tag vor der Tour hocken wir uns in den Proberaum und spielen das Set ein, zwei Mal durch. Das reicht.

Die Story zu ´The Manor Of The Seven Gables´, ist das eine Fortsetzung oder eine eigene Geschichte?

Es geht direkt weiter. Wenn man sich das Ende vom ersten Album anhört, und hört den Anfang vom zweiten, wird man feststellen, dass im Hintergrund parallel das Ende vom ersten Album passiert. Das heißt, es beginnt vielleicht 20 Sekunden vor dem Schluss. Das war eine ganz lustige Idee von Troy, dass man das Ende praktisch aus einer zweiten Perspektive miterlebt. Also, es geht direkt weiter.

Mit ´Ravna´ ist eine indische Gottheit gemeint?

Nein, das ist ein Wort für Rabe, in einer nordischen Sprache. (Er wendet sich an Troy, der gerade vorbei läuft: Ravna is Raven in what? – Danish. – Here is an interview, do you want to participate? – No, no!!! – Troy, I saved your life.)

Wie zufrieden seid Ihr mit der Tour bisher?

Heute könnte es natürlich recht leer werden. Wir haben das aber auch nicht anders erwartet. Bisher war es aber sehr gut. Schweden ist immer schwierig, es waren relativ gut Leute da, Du hast aber eine gewisse Anzahl an Zuhörern, die das Album kennen und der Rest knallt sich einfach nur die Birne dicht. Am Ende ist es aber besser, es sind 50 oder 100 Leute da, die sich die Birne zuknallen, als nur fünf, die die Songs kennen. Gestern hatten wir fast Heimspiel, da war volle Hütte.

 

 

Da habe ich Bilder gesehen, in unserer internen Nachrichtengruppe. Weil die gerade erwähnt wurde, wir haben da immer Spaß mit Stößchen, diese Sprühflaschen. Wie seid Ihr auf diese, sorry, dämliche Idee gekommen?

Es war ein Gag, halt. Es war jetzt auch in Schweden sehr beliebt… Richies Nachbar (gemeint ist Keyboarder Richard Seibel, Anm. d. Verf.) ist Chef von einer Brennerei, dort haben wir die Sprühflaschen gesehen. Wenn das funktioniert, warum nicht? Also haben wir Flaschen geordert und ein Tasting gemacht. Also das Zeug ist gut, das ist kein Scheiß. Es ist nichts irgendwie Abgefülltes. Jedes Fläschchen ist versiegelt. Das wird direkt von ihm abgefüllt. Wir haben das Tasting auch so lange gemacht, bis der Geschmack so war, wie wir den wollten. Ich habe noch das Logo entworfen vom Cover, wo KK halt zwei Kirschen hält.

Habt Ihr schon Pläne für ein nächstes Album?

Ich dachte für den nächsten Schnaps, haha. Jaja, ich habe bis jetzt einen Song fertig, aber versuche momentan noch ein bisschen die Richtung zu finden, weil ich auch nicht will, dass sich was wiederholt. Das dritte Album wird die Geschichte beenden und heißt ´Return To Hammersmoor´. Die Geschichte existiert in Troys Kopf. Ich muss halt einen Rutsch haben. Der erste Song ist immer der schwierigste, danach kann es sein, dass es rausrutscht wie nix. Ich habe jetzt einen Song gemacht, ich bin aber noch am überlegen, in welche Richtung es genau gehen soll.

Was mir beim letzten Album aufgefallen ist, weil er so ziemlich aus der Reihe schlägt ist halt ´Ravna´. 

Das eigentlich so unser Frauensong… Er war bewusst als Ballade geschrieben.

Aber so richtig Ballade ist es aber jetzt auch nicht…

Ich wollte halt was balladeskes haben, was irgendwie so creepy rüberkommt. So war das konzipiert.

Ja, so diese Gruseleffekte, creepy, wie Du sagst, da stehe ich total drauf. Deswegen habt Ihr auch mit der Single, die demnächst kommt, offene Türen eingerannt. Mit der B-Seite, einem Cover von GOBLINs ´Phenomena´…

… die meine A-Seite gewesen wäre.

Die zwei Stücke waren übrig irgendwo?

Laut Vertrag mussten wir zwei Bonustracks abliefern. Ich schreibe ungern Songs für einen Bonustrack, oder damit es in Japan rauskommt. Du willst ja keinen schlechteren Song schreiben. Das Album klingt jetzt so, wie es sein soll. Es ist von vorne bis hinten so geschrieben, dass es rund ist und dass es ineinander übergeht. Wir haben auch genau die Pausen abgestimmt. Und dann klatschst du hintendran noch zwei Songs. Das ´Phenomena´ haben wir schon mal live gespielt, als Intro. Also haben wir es aufgenommen. Richie hat dann noch den anderen Song gebastelt. Und dann habe ich SPV gesagt, das Album ist so richtig, wie es ist. Es hat 54 Minuten und es gibt keinen Grund irgendeinen Bonus zu machen. Eine Single wäre schon geil. Und dann hat der gleich gesagt, ja okay.

Nach kurzer Fachsimpelei über die optimale Länge einer Platte, und der Einigkeit, dass 45 Minuten optimal sind, also eine Seite einer 90er Kassette, wollte ich dann nicht weiter die Vorbereitung für den Abend stören. Zumindest meine Fragen waren schon beantwortet. Außer jene, was der Abend noch bringt. Also führte mein Weg danach am Merchstand vorbei in Richtung Bühne.

 


 

Verwirrend, als Opener angekündigt sind KING CROWN, am Merch werden CDs verkauft unter dem Namen OBLIVION. Aus rechtlichen Gründen mussten sie, und da sind sie nicht die ersten, ihren Namen ändern. Pünktlich betreten die Franzosen, die ihre Zentrale in der Gegend von Lyon haben, die Bühne. Was sie bieten, hat mit Lyoner Fleischwurst nix zu tun. Was sie bieten ist ausreichend gereifte Hartwurst. Die Truppe um Sänger Jo Amore, entstanden aus den Ruinen von NIGHTMARE, arbeitet gerade an einem neuen Album, hat sich aber dennoch die Zeit genommen, um in Deutschland in paar Fans zu gewinnen. Das tun sie mit Kraft und Vehemenz. Flotter, spritziger Power Metal, melodisch, episch, einfach stark. Passend zur stilistischen Ausrichtung auch ihre Songtitel.

Höhepunkte im Programm ´Cosmovision´ und das fantastische ´I Thought I Was A King´. Stellenweise erinnert das Ganze an eine Mischung aus JAG PANZER und VIRGIN STEELE. Das ist schon eine coole Mixtur. Einziger Kritikpunkt, am Anfang war der Sound ziemlich durchwachsen bis breiig, das besserte sich im Laufe des Sets. Bien fait, Messieurs!

 

 

Dass der Headliner das kleinere Schlagzeug benutzt als die Vorband, erlebt man nicht so häufig. Aber, auf die Größe kommt es nicht an. Wir wollen Musik, wollen Show. Das Licht geht aus, das Intro beginnt: “3, 2, 1… Ready or not… Here we come!” Der Einstieg ins aktuelle Album ist der Einstieg in diesen Abend. Verstärkt durch zwei Schauspieler machen sich THEM auf, uns die Highlights ihrer noch kurzen Diskographie um die Ohren zu hauen.

 

 

Natürlich beziehen sich Troy, nun aber in seinem Alias KK Fossor, und seine Begleiter auf die Storyline ihrer Alben. Aber das hier ist Konzert, nicht Theater. Im Vordergrund stehen die Songs. Das aktuelle Album ´Manor Of The Se7en Gables´ wird fast komplett zu Gehör gebracht, es fehlen nur ´Ravna´, was mir fast das Herz bricht, und ´Maleficium´. Aber auch ´Sweet Hollow´ ist mit vier Songs vertreten.

 

 

Musikalisch ist das Ganze meisterhaft. Alle Instrumentalisten sind wahre Virtuosen. Dabei strahlen sie eine Leichtigkeit aus, die schier beeindruckend ist. Der Oberhammer jedoch ist der Frontmann. Wenn jemals Ersatz gesucht wird für KING DIAMOND, hier ist er. Er schafft genau diesen Stimmumfang vom tiefsten Bass bis zu schrillen Schreien.

Dazu tut er das, was eine wahre Rampensau ausmacht. Er sucht den Kontakt mit seinem Publikum. Jeder der Anwesenden bekommt das Gefühl vermittelt, dass er hier im Mittelpunkt steht. Persönliche Begrüßungen, Hinweise auf Shirts oder Patches, wer Textsicherheit zeigt, hat auch schon mal ein Mikro vor der Nase. Das ist Fannähe!

 

 

Obwohl als Tribute-Band entstanden, sind THEM eigenständig genug, nicht als Kopisten bezeichnet zu werden. Die Songs sind zum einen teilweise härter, näher am Thrash, zum anderen dabei wesentlich zugänglicher. Die Schauspieleinlagen passen wunderbar auf die kleine Bühne. Aber, zumindest mein Wunsch wäre, das komplette Programm als richtiges Musiktheater, als Metal Opera.

Zum Ende des kurzweiligen und zu kurzen Programmes hin gibt es tatsächlich die B-Seite der Single, GOBLINs ´Phenomena´. Ein Instrumentalstück, doch jeder singt mit. Tatsächlich jeder. Mit ´Dead Of Night´ und ´Witchfinder´ schließt der Abend, endet der Siegeszug. Die Überzeugten, und das sind eine Menge, belagern den Merchstand.

Kleines Detail, die von Troy beim Auftritt benutzte Maske trocknet bei uns zu Hause, am Platz meines Sohnes… (In der Folterkammer? – Anm. d. Red.) (Am Küchentisch… Anm. d. Verf.)

 


Für die Bilder geht ein Danke an Anima Nigra Photography.

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