ARCH / MATHEOS – Winter Ethereal
~ 2019 (Metal Blade/Sony Music) – Stil: Prog Metal ~
Selbstverständlich ist die heraufziehende Euphorie um das neue Werk der mit Seltenheitswert belegten Konstellation ARCH / MATHEOS hundertprozentig nachzuvollziehen. ´Winter Ethereal´ ist schließlich die Rückkehr von Sangeslegende John Arch, und der Vorgänger der beiden Künstler ´Sympathetic Resonance´ liegt bereits acht Jahre zurück. Allein diese Ausgangsposition und die unvergängliche Vergötterung von John Arch spricht für ein regelrechtes Ausrasten all seiner Jünger. Das Schicksal bietet schließlich nicht allzu oft diese einmalige Gelegenheit, den einmaligen Moment, der John Arch und Jim Matheos wieder im Studio vereint.
Geschichte schrieben John & Jim bekanntlich vor vielen Jahrzehnten, in den Jahren 1984 bis 1987, als sie gemeinsam mit FATES WARNING deren erste drei Alben veröffentlichten und von Jahr zu Jahr eine größere Göttergabe als die vorhergehende der Welt schenkten. Danach schlug der öffentlichkeitsscheue John Arch einen anderen Weg ein, Jim Matheos führte dagegen FATES WARNING bis in die Jetztzeit fort und konnte zuletzt mit ´Theories Of Flight´ einen neuen Klassiker präsentieren. An diese Qualität können ARCH / MATHEOS leider nicht ganz heranreichen. Überraschenderweise, denn John Arch ist selbstredend die Sangesikone des US Metal und nichts anderes als ein Meisterwerk erwartet die eingeschworene Fangemeinde. Der Götterbonus wird natürlich vielerorts subjektiven Überschwang hervorrufen, doch sofern nicht alle Kompositionen die Seele berühren und nicht zu jedem Song die Sonne aufgeht, können wir selbst bei John & Jim nur von einem hervorragenden Werk berichten, das seinen Vorgänger allerdings übertrifft. Insbesondere Anhänger, die mit der Produktion von ´Sympathetic Resonance´ nicht warm wurden, sollten mit ´Winter Ethereal´ weniger Schwierigkeiten haben. Ein Achtzigerjahre-Feeling und ein solcher Sound dürfen beileibe nicht erwartet werden.
Vielleicht ist es sogar ein Problem, dass der werte Hörer allein mit seinen Ohren an den Lippen von John Arch hängt. Somit sind selbst die Gitarrenfeinheiten eines Jim Matheos nur schnöde Beigaben. Hinter den Gesangsmelodien eines John Arch muss ohnehin ein Jim Matheos kapitulieren und der wahren Größe den Vortritt im Rampenlicht überlassen. Diese sind insbesondere in ´Wanderlust´, mit Joey Vera (FATES WARNING, ARMORED SAINT) am Bass und Mark Zonder (WARLORD, FATES WARNING) am Schlagzeug, teilweise nicht von dieser Welt, drängen sich hier Melodien hintereinander auf, die anderorts für diverse Lieder gereicht hätten. Auch jene im perfektesten Song des Albums, dem Eröffnungsstück ´Vermilion Moons´, am Bass Steve Di Giorgio (SADUS, DEATH) und an den Drums Thomas Lang, wecken Erinnerungen an alte FATES WARNING-Tage. Die Bridge besitzt diese einmalig hektisch-überschwängliche Gesangsdarbietung von John, derweil sich der Refrain zurückhaltender präsentiert. Und selbst Zwischenabschnitte nennen ausdrucksstarke Gesangsmelodien ihr Eigen. Götterfunken versprüht noch das finale, dreizehnminütige ´Kindred Spirits´, das im Gegensatz zu manch einem anderen Stück grundsätzlich nicht zu ausufernd gestaltet ist. Der ´Solitary Man´ weist hingegen zwar eine ellenlange, aber nicht wirklich überschwappende Chorus-Melodie auf. Im Stil des Power Metal zeigt ´Straight And Narrow´, dass im Universum von John ebenso einfache Melodie-Vorträge möglich sind. ´Wrath Of The Universe´, das erst im Anschluss an das schlichte Getriller im Sinne des Titels die ganze Schönheit aufdeckt, fällt unter dieselbe Kategorie, und bezieht Schläge auf das Zeug von Bobby Jarzombek (RIOT, HALFORD, FATES WARNING). Zwischendurch prasseln gleichwohl Emotionen wie Sicht nehmende Sonnenstrahlen am Morgen nieder. In der Albummitte trägt ´Tethered´ in liebevoller und nachdenklicher Art und Weise zur Besinnung bei.
In der Gesamtheit fehlt ARCH / MATHEOS zu einem Götterwerk das Dauerglühen von Sternschnuppen, und nebenbei natürlich die jugendliche Wildheit alter FATES WARNING-Zeiten, deren Verlust sie jedoch mit ihrem Erfahrungsschatz und einer gewissen Gelassenheit ausgleichen. Für die Glanzmomente zeichnet sich allein John Arch verantwortlich. Ergo gilt weiterhin: Es kann nur einen John Arch geben.
(8,8 Punkte)