SHIREGREEN – References
~ 2019 (DMG Records Germany/Broken Silence) – Stil: Folk / Rock ~
In der Regel beginnen alle Künstler ihr musikalisches Leben mit der Darbietung von Coverversionen ehe sie sich an Eigenkompositionen wagen. Denn niemand ist frei von Einflüssen und Idolen. Bei der nordhessischen Formation SHIREGREEN ist alles anders. Der 61-jährige Liedermacher, Sänger und Gitarrist Klaus Adamaschek führt seine Formation auf ein anderes Terrain.
Nach drei Jahren Vorbereitung und zehn vorhergehenden Alben sprudeln seine gesammelten musikalischen Einflüsse der vergangenen 60 Jahre aus fünfzehn Kompositionen heraus. Dabei haben SHIREGREEN weder ein beliebtes und gern produziertes Album mit Coverversionen, noch ein Werk mit Eigenkompositionen auf den Weg gebracht, denen eine Referenz mehr als offensichtlich anzuhören ist. Klaus Adamaschek und SHIREGREEN haben sich den großen Songwritern der vergangenen Dekaden angenommen und ihnen mit ´References´ ein Denkmal gesetzt.
Auf dem aktuellen Konzept-Werk ist jedes Lied einem anderen Künstler gewidmet, es handelt von diesem oder lässt die Erinnerungen von Klaus Adamaschek selbst an diesen aufleben. SHIREGREEN erreichen mit dieser Songsammlung eine völlig neue Metaebene. Die Songs sind nicht nur von Idolen beeinflusst, sondern übernehmen von diesen obendrein äußerst erstklassig deren Spielweise, und lassen im letzten Schritt einen neuen Song entstehen, der tatsächlich von diesen Idole deren Geschichte erzählt. Im Titelsong gedenken sie all dieser Referenzen, Klaus Adamaschek erinnert sich an die schönen Momente und Begegnungen, an für ihn entscheidende Jahreszahlen, auch in Gedanken an Kris Kristofferson, dem er aber keines der Lieder gewidmet hat, da auf seinen bisherigen Alben einige offensichtliche Bezüge zu seiner ersten großen Songwriter-Liebe bereits vorhanden sind.
Ehrliche Musik von ehrlichen Menschen, die ehrlicherweise ihre Referenzen nicht unterschlagen. Zu jedem Lied, das einem Idol gewidmet ist, erläutert Klaus Adamaschek seine innige Beziehung, die deutsche Übersetzung des huldigenden Songtextes ist ebenfalls abgedruckt.
Verblüffend ist die Verinnerlichung der stilistischen Elemente aller verehrten Künstler. Angefangen bei CROSBY, STILLS, NASH & YOUNG, denen SHIREGREEN mit ´Between The River And The Railroad Tracks´, und dem Backgroundgesang von Paul Adamaschek (Bass, Piano), Morris Kleinert (Pedal Steel) und Sängerin Marisa Linss sowie der Pedal Steel und Akustikgitarre, ein Denkmal setzen. Den Verlust des CREEDENCE CLEARWATER REVIVALs und deren ´Stolen Songs´ widmen sie John Fogerty. Exemplarisch schildern SHIREGREEN den Werdegang einer Band oder eines Musikers, so auch in ´Every Town Is Worth A Song´ für Ralph McTell, den Songwriter aus den Sechzigerjahren, der bis heute auf sein Lied ´Streets Of London´ reduziert wird, oder gedenken mit ´Townes And Me´ dem Leben des 1997 verstorbenen Songwriters Townes van Zandt. ´In Barbara’s Room´ schildert dagegen einen Teil der eigenen Lebensgeschichte von Klaus Adamaschek, als er dem Nachbarsmädchen das Gitarrenspiel beibrachte und später deren Freundin heiratete. Musikalisch sorgen aber Streicher von Lukas Bergmann, Flöte von Kristin Alsbach und Akkordeon von Sascha Schmitt für eine überragende Komposition im Sinne von und für Leonard Cohen.
Die tragische Liebesgeschichte von Emmylou Harris und Gram Parsons schildert ´Under Joshuah Trees´, ein berührendes Duett von Klaus und Marisa. Ein echter Mark Knopfler im Country-Stil ist ´From That Day On´ geworden. Die Referenz von ´All Along The Atlas Mountains´ ist Mike Batts Klassiker ´The Ride To Agadir´. Ein Protestsong, ein Aufruf an alle Songwriter, gegen die politischen Zustände als auch den Klimawandel aufzustehen, ist ´One More Song´, aus Liebe zu Bob Dylan komponiert. Passend hierzu ´When The Last Buffalo Is Gone´, mit Paul Adamaschek im Backgroundgesang und getragener E-Gitarre von Klaus, die den Geist von Neil Young aufleben lassen, und dies in äußerster Brillanz. Der Songreigen reißt bei einer Stunde Spielzeit nicht ab. Marisa Linss singt noch ein fantastisches Tribut an Joan Baez namens ´Here´s To Joan´ und ´The Last Goodbye´ verabschiedet den von Drogen und Dämonen geplagten Tom Petty.
Der Sound unserer und der Legenden von SHIREGREEN überdauert in ´References´ Zeit und Raum. Es sind nagelneue Kompositionen, die SHIREGREEN zum Leben erwecken und deren Geschichten den Idolen neuerliches einhauchen. Jeder Song atmet, jeder Ton sitzt, in einem Himmel voller Erinnerungen, im Hier und Jetzt.
(8,5 Punkte)