T – “Curtain Call Tour 2019”
~ 22. März 2019, Oberhausen, Album Release Gig ~
20 Jahre hat es gedauert, bis Thomas Thielen / t endlich auf die Bühne kam, um seine berüchtigt phantasievollen Arrangements und Melodien live zu präsentieren. Und wenn man davon ausgehen will, dass er 20 Jahre lang gegrübelt haben könnte, wie das gehen soll, muss man sagen: Es hat sich gelohnt, ein bisschen darauf zu warten!
Ts erster Gig kann wohl nur als Triumph durchgehen: Das Zentrum Altenberg ist voll, der Sound ist allererster Güte, das Publikum überwältigt und von den Atmosphären des Künstlers geradezu entrückt, die Organisation und das Rahmenprogramm perfekt. Aber der Reihe nach…
Vor dem Auftritt werden wir eingestimmt: Eine Performance-Art-Truppe verstört die Menge auf das Beste. Weiße Zettel mit undurchsichtigen Botschaften werden verteilt, in roboterhaften Bewegungen von ganz in weiß verhüllten (Kittel, Maske, Schuhe, Handschuhe, Kaputze…) Gestalten unter dem grünen Bühnenlicht: Gruselig, rätselhaft, aber immer beeindruckend. Als die Gruppe von der Bühne weicht, dauert es nur noch kurze Zeit, bis eine Keyboardatmosphäre das Konzert eröffnet. Dominik Hüttermann schleicht auf die Bühne und fährt einen Wasserfall an Klängen und Melodien auf, der dann mit einem mächtigen ersten Schlag der gesamten Band zum Konzert erhoben wird. Der Gig hat begonnen, und wie.
Glasklar perlt ts erstes Gitarrensolo auf die Menge ein, die man am besten mit dem Wort ´baff´ charakterisieren könnte. Der Toningenieur hat ganze Arbeit geleistet, und wie t nachher erzählt, erweist sich auch seine Bitte, die Lautstärke etwas geringer als bei anderen Konzerten zu halten, als wichtiger Kunstgriff. Wo man sonst verkrampft und immer etwas in Abwehrhaltung dem Zischen der Becken und dem Angriff der Gitarren entgegensteht, kann man bei Thielens Darbietung entspannt zuhören: “Nach laut kommt eben zu laut”, sagt t nachher, “und das wollte ich unbedingt vermeiden.”
´The Aftermath Of Silence´ entführt uns volle 19 Minuten lang auf seine Achterbahnfahrt, und es ist beeindruckend zu erleben, wie selbst in den ruhigeren Passagen das Publikum am Ball bleibt. Die Unsitte, sich diese zu Nutze zu machen, um mal eben die neuesten Anekdoten auszutauschen? Nicht hier. Bier holen? Keine Lust. Ts Musik bzw. die Klasse der Band schafft es leicht, einen Sog zu erschaffen, der solche Ideen gar nicht erst aufkommen lässt. Die Intensität der Darbietung wird vom Publikum dankend zurückgegeben.
Thielen zeigt sich davon begeistert. Gut aufgelegt, aber nie aus der Rolle fallend, stellt er Band und Repertoire vor, singt durch alle Register und spielt seine eigenartigen Soli irgendwo zwischen Marillion und U2. Besonders bei ´Shades Of Silver´ fühlt man sich wie in einer schwermütigeren, sehnsuchtsvolleren Version von ´A Forest´, wenn Jan Steiger und t die Gitarren ineinander verweben.
Andere Höhepunkte folgen: Druckvoller Drumsound macht ´The Irrelevant Lovesong´ zum Live-Rocker; schüchterne Gitarrensounds helfen uns beim Träumen in ´About Us´, dem ältesten Song im Programm. Zum Durchatmen gibt es eine Coverversion, die nicht verraten werden soll – ansonsten kommt sich der Zuschauer ein bisschen wie auf einem Roadtrip durch eine dunkle Nacht vor. Alles ein bisschen dichter und klarer, alles ein bisschen eindringlicher und irgendwie larger und darker than life.
Unbedingte Empfehlung für alle, die sich gern entführen lassen und zuhören wollen. Ein Wahnsinnstrip ins Weltall und zurück ist garantiert.
Tourdaten 2019:
4.4. Rüsselsheim, Das Rind (Tickets hier)
20.7. Loreley, Night of the Prog (Tickets hier)
30.8. Gladbeck, Droehnschuppen (17 Uhr!)
26.9. Bremen, Meisenfrei
28.9. Reichenbach, Bergkeller (Tickets hier)
4.10. Berlin, Die Wabe 2 (Tickets hier)
9.11. Parkvilla, Alphen / NL (Tickets hier)
22.11. Hannover, Chez Heinz
23.11. Trier, Tuchfabrik (Tickets hier)