OVERKILL, DESTRUCTION, FLOTSAM & JETSAM, CHRONOSPHERE
~ 17.03.2019, Batschkapp, Frankfurt ~
„Killfest Tour 2019“ nennt sich aktuell das derzeit beste Thrash Metal-Package, das unterwegs ist und setzt somit einen hohen Standard für das restliche Jahr. Und dass hinter „Killfest“ keine geringeren als OVERKILL als Headliner stehen, hat sich über die Jahre hin schon herumgesprochen. Mit DESTRUCTION ist eine Band mit auf Tour, die schon auf der 2011er „Killfest-Tour“ dabei war. Überraschend sind die angekündigten Australier MESHIAAK nicht dabei. Jetzt schon das zweite Mal, dass die Band für eine Tour angekündigt ist und dann nicht antritt. Dafür hat man die griechischen CHRONOSPHERE kurzfristig mit auf Tour geschickt, zumindest für die europäischen Festland-Shows.
Die Griechen CHRONOSPHERE sind schon etwa zehn Minuten auf der Bühne bis ich endlich in der Batschkapp drin bin. Die Parkplatzsuche war doch intensiver und langwieriger als gedacht. Shit happens. CHRONOSPHERE lassen sich als Opener nicht lumpen und nutzen ihre Chancen auf dieser Tour.
Der Sound ist knallig, die Songs marschieren stramm nach vorne. Zackiger, thrashiger Metal mit ab und an einer schrägen Rock`n`Roll Note sind sehr gefällig. Die Athener Truppe ist optisch gut aufeinander abgestimmt. Man scheint auf sein Äußeres zu achten! Jeder trägt eine rote Hose. Und in der scheinen Hummeln zu sein, denn das Stageacting ist verdammt bewegungsreich. Die Ansagen eher Standard, schlagen die Riffs allerdings gepflegt ein.
Solide Mucke, solider Auftritt der mit einer MOTÖRHEAD-Coverversion von, wie könnte es anders sein, `Ace Of Spades` beendet wird. Natürlich gehen bei diesem Song die ersten Reihen steil. Für eine junge und unbekannte Band hat man sich gutgeschlagen und die Reaktionen sind deutlich mehr als Höflichkeitsapplaus.
FLOTSAM & JETSAM haben mit `The End Of Chaos` gerade ein verdammt starkes Album abgeliefert und so ist die Tour geradezu perfekt für die Amis. Mit `Prisoner Of Time` vom aktuellen Album steigt man ein und gibt gleich Vollgas. Vieleicht ein bisschen zu viel, denn ein paar Fuck ups sind im Song auszumachen. Aber von der ersten Minute an haben sie die Fans im Griff. Die feuern die Band lautstark und euphorisch an, während des kompletten Sets. Sänger Eric A.K. ist davon mehrfach angetan.
Die Zeit reicht für neun Songs und die werden in einem Mördertempo runtergerotzt. Bei Klassikern wie `Descreator`, `Hammerhead` oder dem unkaputtbaren `No Place For Disgrace`, das sie in einem unbeschreiblichen Tempo liefern, ist kollektives ausrasten angesagt. Überraschend taucht mit `Dreams Of Death` ein Song in der Setlist auf, der eher unerwartet kommt. Vom letzten Album liefern sie `Iron Maiden` was die Fans lautstark feiern. Die Gitarrenwand der Herren Gilbert und Conley ist geradezu messerscharf, während Basser Michael Spencer druckvoll und energisch seinen Basspart runterzockt.
Zu Ken Mary, muss man diese Schlagzeug-Legende überhaupt vorstellen, gibt es nur zu sagen: WOW. Der Mann ist eine Maschine und dementsprechend wird der ein oder andere Trick/Spielerei in das Drumspiel eingebaut! Monster! FLOTSAM & JETSAM haben perfekt geliefert, auch wenn die Spielzeit länger hätte sein können.
Die erste DESTRUCTION-Tour im neuen Line up als Quartett. Das klingt wie die Axt im Walde. Nein, das ist die Axt im Walde. Gegen DESTRUCTION klingen FLOTSAM & JETSAM wie eine progressive Offenbarung. Nicht dass Schmier plumpe Songs schreibt, aber bei diesem Auftritt wird man dem Bandnamen vollends gerecht.
Zwei Gitarren im DESTRUCTION-Sound verdoppeln die Sprengkraft der Thrash Metal-Granaten. Damir Eskic nennt sich der neue Mann, der zuvor bei GOMORRA die Gitarrensaiten vibrieren lies. Auf der Bühne, neben dem 2-Meter Hünen Schmier, ist es nicht leicht, zu bestehen. Aber es funktioniert. Mike und Damir ergänzen sich gut und es gibt nun im Hause DESTRUCTION sogar eine Axt- Choreografie! Sprich wenn sich Schmier, Mike und Damir fast schon LEATHERWOLF-verdächtig im Takt gleich bewegen, kann man sich ein Grinsen nicht verkneifen.
Aber sei es drum, DESTRUCTION liefern in Frankfurt ein Massaker. Die Setlist ist fast schon Best-of-Verdächtig und mit Bomben wie `Mad Butcher`, `Curse The Gods`, `Nailed To The Cross` haben sie die Fans im Griff und Schmiers Aufforderungen zu einem Circle Pit wird flugs gefolgt. Mit `The Butcher Strikes Back` und `Bestival Invasion` verabschieden sie sich und stellen klar, fetter haben DESTRUCTION bisher noch nicht geklungen.
Mit zwei solch hochkarätigen Bands im Vorprogramm wie DESTRUCTION und FLOTSAM & JETSAM legt man seine eigene Messlatte natürlich hoch. Aber OVERKILL wären nicht OVERKILL wenn sie ihrem Headliner-Status nicht gerecht werden würden. Von Beginn an liefern sie ein Bombardement an Songs, in deren Mittelpunkt Bobby Blitz mit seiner schrillen Stimme steht. Jason Bittner am Schlagzeug (bekannterweise ja Schlagwerker bei FLOTSAM bis vor einem Jahr) gibt OVERKILL einen enormen Frischeschub. D.D.Verni und sein brachiales Bassspiel ist ein Augen- wie Ohrenschmaus. Er ist neben Blitz der Aktivposten in der Band. Ein Lächeln kann er sich aber in keiner Sekunde des Auftritts auf sein Gesicht zaubern.
Das Riffgewitter der Herren Tailer und Linsk ist schlicht brutal. Allerdings muss ich anmerken, dass Linsk live ein absolut langweiliger Gitarrist. Während Tailer noch ein Quentchen Bewegung und Laune vermittelt, geht Linsk selten über seinen 1,50 Meter Radius raus und fast hat man das Gefühl, er ist geistig in einem Paralleluniversum unterwegs.
Die Songauswahl kann sich anno 2019 nicht nur auf die Klassiker berufen, nein, auch jüngeres Material findet sich in der Setlist. Und da sie mit `The Wings Of War` gerade ein oberfettes Album veröffentlicht haben, steigen Sie mit dem Opener des erwähnten Albums ein. `Last Man Standing` liefert man furios, gefolgt von `Electric Rattlesnake` und dem altbekannten `Hello From The Gutter`. OVERKILL zeigen ihre Wucht, ihre Klasse und donnern geradezu durch die Setlist, die mit weiteren Perlen wie `Elimination`, ‚Bastard Nation` oder dem selbstredenden Brecher, der das Gefühl der Band hervorragend in Worte manifestiert, `Mean, Green, Killing Machine` bestückt ist.
Thrash Kulturgut wie `Rotten To The Core` oder einer der OVERKILL-Hymnen überhaupt, `Feel The Fire`, werden vorm Zugabenblock abgefeuert. Im Zugabenblock selbst wird dann eine sensationelle Version von `Ironbound` geliefert und das unverwüstliche `Fuck You` in die verschwitze Hallenatmosphäre gejagt. Unglaublich wie eine Band nach fast 40 Jahren Szenenzugehörigkeit solch eine Wucht entfesseln kann.
Ein Sonntagabend voller Schweiß, brutaler Mucke, geiler Stimmung und der Gewissheit, Thrash Metal lebt. Ein hochwertiges Package, das die unterschiedlichen Varianten des Thrash Metal perfekt abgedeckt hat. Was will man mehr? Der Tatort war angeblich eh Mist. Also alles richtig gemacht. Raise Hell.
Fotos: Jürgen Tschamler