IMPERIA – Flames Of Eternity
~ 2019 (Massacre Records / Soulfood) – Stil: Female Fronted Symphonic Metal ~
Bäääh – ich verweigere als Genreafficionado mittlerweile den Begriff „Gothic Metal“. Die Heerscharen an NIGHTWISH-Epigonen mögen gerne in diese Schublade gesteckt werden, aber eigentlich hat’s PARADISE LOST damals für ‘unser’ Genre in Worte gefasst und das hatte nach dem Urknall genau wie THE GATHERING, THEATRE OF TRAGEDY oder 3RD AND THE MORTAL rein gar nichts mit den vielen Helene F.s und Andrea B.s des Metal zu tun. Glaubt mir, ich habe schon einiges in meine musikalische Steckenpferd-Recyclingtonne drücken müssen und den fairen Mantel des Schweigens darüber ausgebreitet.
Heute war dagegen seit langem mal wieder ein echter Tag der Freude, denn glücklicherweise stechen aus dieser blob-artigen Masse hin und wieder Acts raus wie TRILLIUM oder SCARDUST , die Gefühl und Ideen statt Kitsch auf wunderbare Weise auf Tonträger bannt. So auch IMPERIA, die mittlerweile fünfzehnjährige finnisch-norwegisch-belgisch-deutsche Verbrüder- und Schwesterung von Musikern in dieser Besetzung, die neben vier Vorgängeralben auch schon beachtliches in anderen Bandgefügen geleistet haben. Meine Favoriten hierbei besonders Helena Iren Michaelsen (Gesang) mit TRAIL OF TEARS, Jan Örkki Yrlund (Gitarre) mit SATYRIAN, Gerry Verstreken (Bass) mit OSTROGOTH und Steve Wolz (Schlagzeug) mit DEINONYCHUS.
Schon ‚The Scarred Soul‘ lässt jegliche Bedenken vergessen, denn kraftvolle Musik passt zu kraftvoller Stimme. Zarte Seelen, aufgepasst: Das arterforderliche Growling wird nur spärlich, aber wirkungsvoll eingesetzt (‚Fear Is An Illusion‘ – HIT!), dafür werdet ihr mit einem old-WITHIN TEMPTATION-artigen ‚Unspoken Words‘ belohnt. Zeit zum Kuscheln bleibt auch: Eine fetzige Ballade schlägt zunächst das ‚Book Of Love‘ auf. ‚Blinded‘ bringt die schnelleren NIGHTWISH Flitzer zum Entkleiden…mit einem unaufdringlichen Fitzelchen TARJA. In vielen Momenten kann es Helena gesanglich-markant mit meiner unbestrittenen Valkyrengöttin FLOOR JANSEN aufnehmen.
Wenn ich so weit gehe, ist das ein Ritterschlag aus dem Underground der Sirenenverehrung. Danach können ‚Invisible Tears‘ vor mächtigem Gefühls- und Landschaftspanorama geweint werden. Ein Teufelsgeiger von der ‚Otherside‘ veredelt das Album ebenso wie ein Flötenelf, der die ‚Beauty Within‘ zusammen mit Helena in den Gewändern Galadriels intoniert. Die Entspannungsphase ist rum. ‚My Guardian Angel’ wird mit fetten Gitarren in den epischen Krieg der Engel geschickt. Etwas orientalisch-irisch gemischte Folklore setzt bei ‚The Ocean‘ feine Akzente, der mit starker Dynamik im Refrain und variablem Gesang das Licht der Sonne auf den Wellen widerspiegelt. Pures Drama an der (positiven) Grenze zum Musical oder Theaterstück bietet die Klavierballade ‚A Crying Heart‘ und wer nochmal ran will, muss zur CD greifen für die berührende Pianoversion von ‚Mother‘ (nein, kein Cover von DANZIG!).
YES! Ich habe zum Glauben zurückgefunden. Helene F. und Andrea B. haben es sich nach Anhören dieses Werks auch nochmal überlegt und ihr geplantes „Gothic Album“ eingestampft, da sie gemerkt haben, dass man es für die schnelle Münze mit einer gewachsenen Band nicht einfach so aufnehmen kann. Und das wird bei mir belohnt:
Acht ewige Flammen für den Normalmetaller, essentiell für den Fan des Genres!
P.S.: Warum Helena beim Videodreh im Badezimmer eingesperrt wurde und kurzzeitig ihre Kleidung verliert, wird ein ewiges Rätsel der sinnfreien Promotionhistorie bleiben…