OUR SURVIVAL DEPENDS ON US – Melting The Ice In The Hearts Of Men
~ 2019 (Ván Records) – Stil: Intense Spiritual Metallycism ~
Sie sind wild und frei. Sie gehen unbeirrbar ihren ureigenen Weg, sie schauen hinter den Vorhang der sichtbaren Welt. Sie sind ein weitverzweigtes Künstlerkollektiv, das Kreativität als jedermanns Lebensaufgabe ansieht. Sie sind konsequenterweise auch nicht festzulegen auf eine Stilrichtung, sie übersetzen jeweils das in Musik, was sie mit offenem, bewusstem Geist einsaugen und tief in ihrem Inneren sorgfältig und bedächtig zu ’Gold And Silver’ verwandeln. Aber dann sprudeln die Quellen vor Leben und urwüchsiger Kraft nur so über! Und für den bisher Uneingeweihten: ja, es ist Metal – und wie!
Wer die grandiose Bergkulisse ihrer Salzburger Heimat vom famosen „Funkenflug“ oder seinen Nachfolgern kennt, bekommt eine Idee von den Inspirationen des Quintetts. Hier ist nichts künstlich oder aufgesetzt, hier wird in sich gegangen, hart gearbeitet, Tradition bewahrt und neu interpretiert, und vor allem in und mit einer urwüchsig-mystischen, alles beherrschenden Natur gelebt, die das Rad des Lebens immer wieder von neuem vor den Augen der Menschen abrollen lässt.
Paradox, aber gerade ihre Eigenständigkeit und Einzigartigkeit haben OUR SURVIVAL DEPENDS ON US lange in einem Untergrundstatus verharren lassen; dies hat sich den letzten Jahren geändert, vielleicht weil die Hörer generell immer mehr ihre Scheuklappen ablegen, aber sicherlich vor allem weil sie eine überragende, hochintensive Liveband sind. Und vielleicht auch endlich in unsere Zeit des Wandels passen? Mit ihrem vorliegenden, vierten Album haben sie sich jedenfalls ganz nach vorne katapultiert, wo sie keinesfalls mehr überhört werden können.
Was erwartet uns nun beim Eintritt in ihre Welt? Vier Über-Zehnminüter voller beschwörender, hypnotischer Naturmystik; dreistimmige Chöre, progressive Gitarrenleads im Wechsel mit vielschichtigen Keyboardimprovisationen und Muchos rufender, knabenhafter Stimme über sägenden, treibenden Riffs und pulsierendem Bass, bis wir Alan Averills (PRIMORDIAL, DREAD SOVEREIGN, APRILMEN) Stimme erkennen (’Galahad’ – “Dissolving The Illusion Of All Worldly Things”); das zwischen Post-Rock und Wave changierende ’Gold And Silver’ – “Which God, Which King, Which Law Condemns Us To Everlasting Slavery?“ mit seinen prominenten, mantraartig wiederholten und abgewandelten Melodien. Gerade hier wird deutlich, was die Band zusammen mit Victor Santura (TRITPYKON) und Michael Zech (THE RUINS OF BEVERAST) in den Landshuter Woodshed Studios im Prozess der Post-Production geleistet hat.
Ihre überragende und tief berührende Version des Protest-’Songs of the Lower Classes’ aus der Zeit der 1848/1849 Revolutionen bekommt mit seinem Vers „We’re not too low to build the wall” aktuell eine ganz neue Bedeutung, und das schamanisch-rituelle, stark reduziert beginnende ’Sky Burial’ – “Survival Depends On The Mercy Of The Elements” beschliesst den bisherigen Höhepunkt im Schaffen der Österreicher und öffnet schliesslich den Blick wieder ins Außen – der Frühling kommt, er ist nicht nur im aktuellen Jahreslauf auf dem Weg, er bringt eine neue Zeit. Und lässt es endlich und endgültig schmelzen, das Eis in den Herzen der Menschen.
(8,5 karmische Punkte)