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WALTER TROUT – Survivor Blues

~ 2019 (Provogue Records) – Stil: Blues ~


Walter Trout ist ein alter Sack. Und eigentlich sind alte Säcke echt cool. Da ich in einer Bookingagentur im Bereich Bluesrock arbeite, kenne ich den Bereich inzwischen ganz gut. Aber ich kenne auch das Dilemma der Szene, egal aus welchem Land. Bluesrock ist altsäckische Musik, inzwischen. Gerade wenn einer wie Trout daherkommt, auf seinem gefühlt zigmillionsten Album den Fans zum gefühlt zigmillionsten Mal zeigt, warum CANNED HEAT, JOHN MAYALL’S BLUESBREAKERS, die BLACK CAT BONES, TEN YEARS AFTER, FLEETWOOD MAC feat. Peter Green, die BUTTERFIELD BLUES BAND oder SAVOY BROWN 1966 bis 1970 so geil waren. Mr. Trout spielt hier großartig Gitarre, singt toll mit sehr emotionaler Stimme, voller Leidenschaft und auch der Sound ist schön organisch und steckt voller Magie. Aber bei aller Liebe zur Darbietung und zum Klang, wo bleiben die herausragenden Songs?

Walter Trout und seine Band haben wieder das gleiche Album aufgenommen, das oben genannte Legenden vor 50 Jahren aufgenommen haben. Schon damals gab es eine kleine Schwemme an solchen Platten, aber die waren irgendwie noch frisch und cool. Viele kleine versteckte Hymnen haben sich mir in den letzten Jahren des Entdeckens alter Musik erschlossen und ich habe persönlich nicht die Zeit, die Lust und das Geld, mich solchen Werken wie ´Survivor Blues´ zu widmen, weil mir frischere, wenngleich ältere Alben mehr am Herzen liegen.

Eigentlich ist das hier eine geile Platte, die 1969 zu den Top Alben gezählt hätte. Ihr versteht das Dilemma, oder? Walter Trout ist ein Überlebender, fürwahr, weil er noch viele Fans hat, die ihn schon lange begleiten. Weil er sich seinen Erfolg lang und hart erarbeitet hat. Und weil er im Mittelpunkt eines gewissen Personenkults steht. Denn der Name ist Programm, die Fans sind inzwischen reifer, aber auch gemütlicher geworden. Neue Musik, die wirklich frisch und mitreißend ist, möchten sie gar nicht mehr entdecken, weil sie das vollkommen aus ihrem bequemen Trott reißen könnte. Also lieber nochmal eine neue Trout-Platte. Sei es ihnen gegönnt. Mir hat die CD beim ersten Anhören Spaß gemacht, dann kam der zweite Lauf, bei dem mir auffiel, wie weit sich das Album am Standard bewegt. An einen Standard angelehnt, der kein Standard mehr sein darf. ´Survivor Blues´ wird mit den Altfans sterben, das ist leider so.

7 Punkte für die positiven Aspekte.

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