PlattenkritikenPressfrisch

CLIFF STEVENS – Live In Germany

~ 2018 (Red Flagg) – Stil: Blues Rock ~


Wer Cliff Stevens nicht kennt, hat die Welt längst nicht verpennt. Aber damit man ihn kennenlernen kann, fühle ich mich zum Review verpflichtet. Wozu dies? Nun, ich habe Cliff Stevens als Solokünstler mit Looper und Akustikgitarre in einer kleinen Kaschemme im Westen Schleswig – Holsteins live erlebt. Zweieinhalb Stunden hat er für knapp über 20 begeisterte Zuschauer gespielt, die jetzt zu seinen treuen Fans gehören, deren Schar mit jeder Tour durch Europa wächst. Er liebt Europa und tourt hier mindestens einmal, 2019 sogar zweimal im Jahr. Und um den potentiellen Besuchern seiner Shows einen kleinen Einblick zu verschaffen, was sie denn geboten bekommen, habe ich mir einmal sein aktuellstes Werk, eine Live-CD, mitgeschnitten auf der Frühjahrstour 2017 im schönen Reichenbach an der Fils bei Stuttgart, vorgenommen. Die dortige Location “Die Halle” wurde an diesem winterlichen Abend zünftig gerockt.

Cliff Stevens sieht ein wenig aus wie Eric Clapton, hört sich im Grunde von der Stimme her genauso an, hat einen ähnlichen Stil auf Lager wie Clapton ab seinen Solozeiten in den 70ern und macht bei Bedarf eine reine ERIC CLAPTON TRIBUTE-Show, die immer sehr gut ankommt. Allerdings tut das seinen eigenen Stücken Unrecht, denn die sind ein Kaliber für sich. Blues ist die Basis, Boogie, etwas Rock’n’Roll und Country fließen mit ein. Auf den ersten Höreindruck sind dann die Songs nicht spektakulär, die Melodien erdig und irgendwie wohlvertraut, da im Genre solche Tonfolgen beliebt sind. Aber nach und nach schleichen sich die Stücke in die Gehirnwindungen des Hörers und verharren dort. Dann will man auf einmal ´Don’t You Say´ hören, einen im entspannten Blues-Shuffle um Dich herum tänzelnden Song, dessen cooler Refrain sich nicht mehr aus deinen Sinnen lösen will. Das nenne ich große Songwritingkunst. Die Stücke sind eingängig, fürwahr, sie sind so diszipliniert geradlinig gehalten, dass sie einen großen Kreis von Menschen ansprechen. Und doch haben sie Substanz und Seele, was bei der Masse an Musik da draußen zum Bestehen notwendig ist.

Cliff Stevens ist dabei auch ein fantastischer Gitarrist und übertrifft sein Vorbild Clapton schon fast. Sobald  das Album nach dem Einlegen in den Player mit dem funkigen Rocker ´I Know´ loslegt, wird sich keiner mehr auf seinem Stuhl halten können und zappelnd vor Freude durch die Bude hüpfen. Klar, das ist ein Funkrocker, wie er traditioneller, klassischer nicht sein kann. Aber gerade die Liveversion lebt von den eindringlich intensiven Soli des Meisters. STEVENS is go(o)d.

´Don’t You Say´, ich hab es schon angesprochen, hat einen ähnlichen Groove wie der berühmte Song ´Fever´ und ist so herrlich relaxt, dass ich ihn mir gut als Untermalung aus den Boxen eines 1967er Impala oder 64er Mustangs donnernd beim Cruisen über eine einsame norddeutsche Landstrasse oder einen staubigen Highway in Kalifornien vorstellen kann. Und er ist so schön einprägsam, er macht Lust, er ist ehrlich und direkt. Und was Cliff da an der Gitarre für herrliche Soli zaubert, wird jeden Bluesrockfan in schiere Verzückung versetzen. Amen!

Du willst tanzen, geile Gitarrenläufe hören, entspannt einen Drink genießen, Dich wohlfühlen? Voilà, Cliff Stevens ist Dein Mann! ´I Want You To Tell Me´, der dritte Song auf der CD, ein 70s Rocker vor dem Herrn mit wiederum cooler Gesangslinie, die nicht wirklich ausbricht, aber Dich gleich bei den Hörnern packt und umschmeichelt. Ohrenfang sind nach wie vor die Riffs und Soli, die Cliff hier vom Stapel lässt. Das ist Musik voller Leidenschaft. Die ROLLING STONES haben solche Songs auf ´Sticky Fingers´ 1971, ´Exile On Mainstreat´  1972 und ´Goat’s Head Soup´ 1973 gehabt. I know, it’s only Rock’n’Roll, but I like it. Und mehr will Cliff doch auch gar nicht als geilen Rock’n’Roll spielen, der dampft und groovt und dabei immer entspannt fließt.

Nächster im Bunde ist ´Finger Swinging´ vom 2017er ´Grass Won’t Grow´ Album, im Studio ein schöner instrumentaler Boogie mit feiner Gitarrenakrobatik, live noch eine Spur kantiger und feuriger, natürlich im Rahmen des Stils. Cliff Stevens ist Bluesrock und kein Heavy Metal (obschon ich das auch geil fände). ´Need You To Love Me´, ach Cliff, das tun wir doch. Blues’n’Roll wie bei ZZ TOP steht als nächstes auf dem Plan und das ´La Grange´-Riff am Anfang ist so absolut prägnant, aber gut, es ist ein beliebter Standardlick, der immer wieder eine geile Figur abgibt. Cliff ist insgesamt natürlich melodischer zugange als die kleine alte Band aus Texas, wobei das Trioformat bei beiden bestens funktioniert.

´Crying My Heart Out´ ist dann einer dieser Slow Blues-Songs, wie gemacht für den Engtanz beim High School Ball und ich sehe eine Horde pickeliger Teenies vor mir, die Hände der Boys am Hintern der in schicke Kleider gesteckten Girls, dazu Cliff und seine Jungs auf der Bühne. Aber irgendwie ist das Stück zuweilen schmutziger, kantiger als der reguläre Slow Blues-Schmalz. Kein Aufreger, keine Innovationen, aber großartige Soli von einer singenden Leadgitarre dargeboten. Und Cliff soliert hier wie besessen, denn genau dafür scheint der Unterbau des Stücks die perfekte Basis zu sein. Ein Livesong, absolut.

´Running´ ist im Studio so ein verträumter Middle Of The Road-Rocksong, bekommt live durch die E-Gitarre noch etwas mehr Druck. Die Gesangsmelodie ist erneut eher cool und geerdet, die Licks und Läufe der Gitarre sind dabei schön anzuhören. Durch Cliffs charismatische, leicht angeraute Stimme wird ´Running´ zu einem schönen Ohrwurm. Eine ruhige Passage lässt den Hörer davongleiten, die Gitarre spielt ein berührendes Solo und man schwebt durch seine Gedankenwelt, bis einen irgendwann der rockende Groove wieder zurückholt. Funkiger und grooviger wird es wieder bei ´Price You Pay´. Wie schon bei den Songs vorher sind tolle Soli, coole Vocals und ein angenehmer Zappelrhythmus die Einladung zum fröhlichen Tanz. Cliff orientiert sich von den Melodien gerne am Blues-/Funk-/Boogie-Standard, was ihm auch gegönnt sei. Er hat dabei aber dieses bestimmte Fingerspitzengefühl, alles sehr überzeugend und frisch rüberzubringen. Und wieder rockt die Solopassage des Songs alles in Grund und Boden. ´Don’t Walk Away´ braucht Cliff seinem Publikum nicht sagen, es klatscht den Beat mit und freut sich an den kräftigen Boogierockgitarren am Anfang. Wieder ein 70s Boogierocker mit einem entspannten Beat und cooler Atmosphäre, ehrlich bis auf die Knochen, sympathisch, hervorragend dargeboten und dadurch mitreißend. ´Finger Express´ ist dann der Brudersong zu ´Finger Swinging´ und wieder ein Instrumental mit sehr lustvoll gequälter Leadgitarre auf Boogierhythmus. Nice.

Jetzt ist das Konzert fast vorbei, als letztes Stück kommt ´Said The Wrong Thing´, ein für Cliff Stevens typischer Bluesrocker, der gleich all seinen eigenen Kompositionen den Traditionen des Genres verhaftet bleibt und dennoch hohen Wiedererkennungswert besitzt. Bluesrock ist ein ausgelutschtes Genre. Da hat es alles gegeben, da hat jeder alles gesagt, gespielt und gesungen. Aber wenn man sich nach dem sehnt, mit dem man vertraut ist und doch auf eine erfrischende Note hofft, dann ist man bei Cliff Stevens richtig. Und somit sollte man gerne das eine oder andere Konzert seiner Tour im Februar und März 2019 besuchen. Erst einmal 8,5 Punkte für ein feines Livealbum, bei dem die Performance sehr geil ist und die Atmosphäre grandios macht, auch wenn vom Publikum an sich wenig zu hören ist.

Und hier sind die Tourdaten:
Do. 31.01.2019 Hamburg – Cowboy und Indianer
Fr. 01.02.2019 Torgau – Kulturbastion
Sa. 02.02.2019 Haiming – Gewölbe
So. 03.02.2019 Görlitz – Theaterklause
Mo. 04.02.2019 Kadan (CZ) – Střelnice Kadaň
Di. 05.02.2019 Bilovec (CZ) – Dům kultury Bílovec
Mi 06.02.2019 Coburg – SonderBar
Do 07.02.2019 Straubing – The Raven
Fr 08.02.2019 Schwandorf – Felsenkeller
Sa 09.02.2019 Trogen – Landgasthof Kienberg
Di 12.02.2019 Suhl – Gambrinus
Mi 13.02.2019 Sömmerda – Piano
Do 14.02.2019 Eisenach – Kleinkunstkneipe Schorschl
Fr 15.02.2019 Ludwigsfelde – Klubhaus
Sa 16.02.2019 Singwitz – Kesselhauslager
Di 19.02.2019 Nakło nad Notecią (PL) – Café Emilia
Mi 20.02.2019 Hamburg – Ohlendorffsche Villa / Volksdorf
Do 21.02.2019 Hamburg – Cowboy und Indianer
Fr 22.02.2019 Oberhausen – Gdanska
Sa 23.02.2019 Berlin – Die Kiste
So 24.02.2019 Jena – Blueskaffee / Panoramagaststätte Schlegelsberg
Mo 25.02.2019 Zatec (CZ) – Town Theater Žatec
Mi 27.02.2019 Norderstedt – Music Star Harksheide
Do 28.02.2019 Gifhorn – Kulturbahnhof
Fr. 01.03.2019 Bad Bevensen – Vakuum e.V.
Sa 02.03.2019 Bordesholm – Savoy Kino
So 03.03.2019 Zehdenick – Klosterscheune
Mo 04.03.2019 Torun (PL) – Hardrock Pub Pamela
Di 05.03.2019 Zeitz – Green Island Pub
Do. 07.03.2019 Interlaken (CH) – Brasserie 17
Fr 08.03.2019 Habach – Village
Sa 09.03.2019 Fürth – Kofferfabrik
So 10.03.2019 Altdorf – Jimmy’s Café
Do 14.03.2019 Leverkusen – Topos
Fr. 15.03.2019 Dortmund – Blue Notez
Sa 16.03.2019 Oederan – Haus am Klein Erzgebirge
So 17.03.2019 Hamburg – Cowboy und Indianer

Ähnliche Artikel

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"