THE NIGHT FLIGHT ORCHESTRA, BLACK MIRRORS
~ 9.12.2018 , MS Connexion Complex, Mannheim ~
Auf der Couch liegen und sich Tatort reinziehen ist nicht. Der Sonntagabend gehört THE NIGHT FLIGHT ORCHESTRA, die ein Jahr nach ihrem letzten Auftritt in Mannheim wieder am Start sind. Mit dabei BLACK MIRRORS. Die belgische Band um Frontdame Marcella Di Troia will musikalisch eigentlich gar nicht zu dem tanzbaren Rock von TNFO passen, zumindest ist das der Eindruck nach den ersten zwei Songs der Belgier.
Kraftvolles Riffing, treibender, harter Beat, ganz in der Nähe zum Desert Rock knallt einem an die Stirn. Dazu die eigenwillige, aber auch druckvolle Stimme von zuvor erwähnter Dame. Das groovt schwer einen weg und der Oberkörper geht von alleine mit. Zudem ist da auch mächtig Bewegung auf der Bühne. Frau Troia tanz, swingt, bangt und singt tadellos. Das macht Laune, da gibt es was auf die Ohren und die Augen werden ebenfalls verwöhnt.
Die Mucke ist simpel, aber absolut effizient, gerade was die fette Gitarrenwand angeht. Mit `Look Into The Black Mirror` hat das Quartett im Laufe des Jahres ein überzeugendes Album veröffentlicht, das aber irgendwie in der breiten Masse unterging. Schade, denn die Belgier haben Potential. Das sehen die Anwesenden ebenfalls und deutlich mehr als Höflichkeitsapplaus ist die Reaktion. Fanboy-mässig hat man sich das Vinyl dann bei der Band abgeholt. Support the Underground.
Derweil ist am Merch-Stand von TNFO nicht wirklich viel los. Das liegt allerdings an den schwer abgehobenen Preisen. Sorry, auf einer Clubtour die T-Shirts für 25 Euro zu verticken ist schon krass. Mit 20 Euro liegt man gut im Schnitt und annehmbaren Bereich. Das gilt auch für das Vinyl, das man für 25 Tacken loswerden möchte! Hallo – im Labelshop geht das deutlich günstiger – ein bisschen Fairplay bzw. Weitsicht sollte da schon vorhanden sein.
Kommen wir aber zu den positiven Dingen des Abends. Die Eule ist wieder dabei! Steht Mittig auf der Bühne und glotzt doof ins Publikum. Derweil dürfen die beiden NFO-Stewardessen in grell-pinkenen Outfits etwas oberhalb der Band stehen, während man das Schlagzeug (auf die Bühne blickend) an den linken Rand verbannt hat.
Knapp 80 Minuten lang fackelt die Truppe um SOILWORK-Sänger Björn „Speed“ Strid ein allmächtiges Hitfeuerwek ab. Swingen und Tanzen ist angesagt. TNFO liefern mit einer Lässigkeit ihre Hymnen ab und zaubern dabei fröhliches Grinsen in die Gesichter der Anwesenden.
Souveräner Start mit dem Triple `Sometimes The World Ain`t Enough`, `Living For The Night` sowie `Speedwagon`. Strid dominiert nicht nur mit seiner Grösse und dem pinkfarbenen Outfit die Bühne, nein, er dominiert sie aufgrund seines grandiosen Gesangs. Keine Frage, hier und da stößt der Herr an seine Grenzen, wenn die Töne ganz in die Höhe geschraubt werden, aber das fällt kaum auf, denn die Damen im Hintergrund merzen dieses Mini-Manko aus.
Zweiter Blickfang an diesem Abend, Basser Sharlee D’Angelo (u.a. ARCH ENEMY), der ganz in Weiß seinen Bass in bester Posermanier bearbeitet. Die Band ist perfekt aufeinander abgestimmt. Da passt alles. Die Hits fließen geradezu. `Midnight Flyer`, `Gemini`. `Turn To Miami`, das gigantische Disco-Metal-Pop Gesäusel `Josephine` oder `Something Mysterious`. Ah, wenn fluffige Seventies-/Eighties-Beats auf schön gepflegtes Riffing trifft, kommen solche Ohrwürmer raus.
Die Ansagen von Strid sind spärlich, dafür spricht die Musik Bände. Im Zugabenteil mit `This Time`, `Lovers In The Rain` und `West Ruth Ave.` wird das Volk vor der Bühne animiert, sich Karnevalsmäßig hintereinander aufzustellen und stramm zu den wunderbaren Melodien swingend durch die Halle zu traben. Fun night.
Die Zeit vergeht viel zu schnell und ehe man sich versieht, ist der Abend vorbei. Wenn das mal nicht grandioses Entertainment mit Herz, Groove und geilen Songs war, dann weiß ich auch nicht. An Abenden wie diesen kann man einfach nicht den Glauben an tolle Musik, die Szene und begeisterte Fans verlieren. THE NIGHT FLIGHT ORCHESTRA sind schlicht einmalig und ein Abend wie dieser untermauert diese These beeindruckend.
Fotos: Jürgen Tschamler