PlattenkritikenPressfrisch

LORD RYÜR – Pact With The Sinner

~ 1985/2018 (Return To Analog) – Stil: US Metal ~


LORD RYÜR gehören zu jenen Bands, die längst im Meer des Vergessens untergegangen sind und es in einem normalen Universum auch bleiben würden. Nicht aber so in unserem, welches sich Ende des letzten Jahrtausends vom Original abspaltete, als einige Label (z.B. “O.P.M. Records” von den Herren Cranford und Haupt und “Doomed Planet Records” von Rob Preston) damit begannen, Demos von doch eher unbekannten Bands auf Vinyl zu pressen. Dieses Konzept haben seitdem viele Label aufgegriffen und auch “Return To Analog” aus Kanada führen zwanzig Jahre später diese Tradition fort. Nach D.D.T. und INSANE haben sie nun mit LORD RYÜR die dritte Band aus Montréal (dem Firmensitz des Labels) und Umgebung auf Vinyl gepresst.

Wie bereits auf der 2013 von Chris Papadatos, dem ´Hans Dampf´ in allen (Metal-)Gassen, via “No Remorse Records” veröffentlichten CD, haben es “Return To Analog” nicht bei den zwei Songs der Original-7″ belassen, sondern weitere drei Tracks spendiert. Neben ´Pact With The Sinner´ und ´Heroes After Heroes´ auf der A-Seite, haben es noch die beiden Stücke ´Restless´ und ´Fade Away´, sowie eine Live-Version von ´Pact With The Sinner´ (Live in Québec, 1987) auf die B-Seite des Vinyls geschafft.

Wie alle bisherigen Vinylrelease dieses Labels gibt es die Scheibe in einer 500er Auflage (gleiches gilt auch für die oben erwähnte CD). Damit gibt es von diesem Re-Release immerhin 300 mehr als von der Single, von der zwar ursprünglich 1.000 Exemplare gepresst, aber sogleich wieder 800 vernichtet wurden, was den derzeitigen Sammlerpreis von rund 150 Euro erklären dürfte. Anders als das Original, welches wohl ursprünglich als Demo gedacht war, um sich bei Labels zu bewerben und deshalb lediglich mit einer unbedruckten weißen Hülle aufwarten konnte (also de facto ohne Cover), prangt auf dem Cover des Re-Releases die Band in all ihrer farbenfrohen Pracht. Leider ist das auch schon alles, da der Platte nicht einmal ein Beileger spendiert worden ist.

Nun ja, mehr als auf der Rückseite des Covers vermerkt, hätte man wohl auch nicht schreiben können. Aber immerhin erfährt man dort, dass LORD RYÜR eigentlich ein Ein-Mann-Projekt von Bernard Michaud war, welches dieser 1985 in Montreal ins Leben gerufen hat. An der selbstproduzierten Single waren zusätzlich die Studiomusiker Alain Gagnon (Gitarre), Denis Sirois (Bass), Michel Sergi (Akustikgitarre) und Jean Francois Preiss (Schlagzeug) beteiligt. Für die sich hieran in den Jahren 1985 bis 1989 anschließenden Live-Auftritte, wechselte Bernard Michaud regelmäßig die Mitmusiker aus, bis er die Band auf Grund von Erfolglosigkeit, es wollte einfach kein Plattendeal zu Stande kommen, auflöste. Ganz hatte er die Hoffnung aber wohl nicht aufgegeben, denn 1989 reformierte er die Band und nahm ein Demo auf, von welchem die beiden Stücke der B-Seite stammen. Obwohl er auch weiterhin Songs schrieb, wurde aber nie wieder etwas davon aufgenommen und veröffentlicht. Bernard Michaud ist jetzt Pop-Musik-Manager in Thailand (!!!), sagt aber immerhin, dass der Heavy Metal immer einen Platz in seinem Herzen haben wird…das hat man von anderen Herren auch schon mal anders gehört.

Nun aber zu der Musik.

Zunächst fällt der, für ein Demo von 1985, erstaunlich gute Klang auf. Hier hat sich die für dieses Vinyl von James Plotkin durchgeführte Neuabmischung vermutlich gelohnt. Da ich das Original gerade nicht zur Hand habe, kann ich das leider nicht abschließend beurteilen. Musikalisch orientieren sich die Stücke der Single am klassischen US Metal der 80er und erinnern mich an Bands wie LEATHER NUNN, oder HEATHENS RAGE, allerdings spielen LORD RYÜR nicht ganz in ihrer Liga, aber dennoch sicherlich nicht die schlechteste Referenz. Außergewöhnlich ist der Gesang, nicht außergewöhnlich gut, aber auch nicht schlecht…eher sehr facettenreich, was gerne mal als kauzig umschrieben wird. Bei ´Pact With A Sinner´ wechselt er zwischen melodisch einschmeichelnd und aggressiv keifend (nein, nicht Black Metal keifend) hin und her. Zusammen mit einigen musikalischen Tempowechseln ergibt sich hierdurch ein sehr abwechslungsreiches Stück. ´Heroes After Heroes´ kann das Niveau nicht mehr ganz halten, ist aber immer noch ein gutes Stück.

´Restless´ vom 89er Demo ist ein getragenes Mid-Tempo-Stück und ´Fade Away´, welches Bernard einem an einer Überdosis verstorbenen Freund gewidmet hat, sogar eine Ballade. Nett, aber nicht essentiell. Dagegen vermittelt die Liveaufnahme sehr gut die Energie der Band bei ihren Auftritten, obwohl ich kaum glauben kann, dass die zu vernehmende Geräuschkulisse der Zuschauer echt ist. Klingt nämlich nach einem Auftritt vor tausenden von Zuschauern…nun ja. Der Klang ist natürlich nicht so gut wie der der Studioaufnahmen, aber noch ordentlich.

Alles in Allem eine Veröffentlichung, die nicht nur für Die-Hard-Sammler, sondern auch für Liebhaber des (kanadischen) US Metal interessant sein sollte.

Ein letztes Detail zum Schluss. Von LORD RYÜR gibt es auf Facebook sogar eine Fanpage (siehe hier), auf der man sich z.B. anschauen kann, wie Jean Francois Preiss heutzutage aussieht. Was es (auf Facebook) nicht alles gibt…

(7 Punkte)

Ähnliche Artikel

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"